Walisische Nachwuchshoffnungen
Gelebt wird diese spezielle Mentalität auch weiterhin, denn das erfolgreiche EM-Team ist zusammen geblieben, kein Schlüsselspieler zurückgetreten. Angeführt wird die Mannschaft weiterhin von Kapitän Ashley Williams (32) sowie den beiden Stars Aaron Ramsey (26) und Gareth Bale (27). "Die Mannschaft ist zwar bereits erfahren aber trotzdem noch sehr jung", sagt Wathan.
Für das anstehende Qualifikationsspiel gegen Irland hat Trainer Chris Coleman neben dem EM-Stamm zwei Nachwuchshoffnungen nominiert: Die Offensivspieler Harry Wilson und Ben Woodburn, beide vom FC Liverpool. Speziell die Einberufung des erst 17-jährigen Woodburn, dessen "technische Fähigkeiten" Coleman explizit lobte, sorgte laut Wathan für Begeisterung bei den Fans, hätte sich der gebürtige Engländer doch auch für die Three Lions entscheiden können.
Woodburn wird stattdessen Nationalspieler einer Fußball-Nation, die mehr respektiert wird als je zuvor. "Seit der erfolgreichen EM sind Wales' Gegner defensiver eingestellt", sagt Wathan, das Team müsse deshalb "Glauben und Geduld" entwickeln. Eigenschaften, die von den Fans nach drei Remis hintereinander nur teilweise gelebt werden. "Die Hardcore-Fans, die das Team schon seit Jahren unterstützen und all die Enttäuschungen ertragen mussten, können die aktuelle Situation richtig einschätzen", sagt Wathan, "bei den Anhängern, die erst seit der EM dazu gestoßen sind und die nur den Erfolg kennen, herrscht dagegen etwas Frustration."
Vergrößert hat sich jedenfalls das allgemeine Interesse am Nationalteam. Die Zahl der Fans, die zu den Auswärtsspielen reisen, steigt stetig und die Spiele im heimischen Cardiff City Stadium sind reihenweise ausverkauft.
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Isländische Ruhepol-Verabschiedungen
Im Reykjaviker Nationalstadion Laugardalsvöllur, das mit 15.000 Plätzen ein knappes Zwanzigstel der Bevölkerung fasst, herrschte bei den Heimspielen seit der EM laut Journalist Sigurdsson eine "großartige Atmosphäre". Die Partie gegen den aktuellen Tabellenführer Kroatien im Juni wird "Monate vorher ausverkauft sein", sagt Sigurdsson.
Auflaufen werden dann wohl seine Namensvetter und EM-Helden Gylfi (Kapitän/Mittelfeldspieler) und Ragnar (Innenverteidiger). Ähnlich wie die walisische Nationalmannschaft blieb auch die isländische nach der erfolgreichen EM zusammen. Verlassen haben das Team lediglich zwei erfahrene Ruhepole: Stürmer-Routinier Eidur Gudjohnsen und Lars Lagerbäck, einer der beiden gleichberechtigten Trainer.
Seit der EM hat also sein Ex-Kollege Heimir Hallgrimsson das alleinige Sagen. Während einige der EM-Helden zuletzt mit Verletzungen zu kämpfen hatten, führte der gelernte Zahnarzt Hallgrimsson im Team-Verbund keinerlei Operationen durch, nicht einmal die eine oder andere Krone hat er geschliffen. "Hallgrimsson lässt mit der identischen taktischen Ausrichtung wie bei der EM spielen", sagt Journalist Sigurdsson, "an der Philosophie hat sich nichts geändert."
Wohl aber am Selbstverständnis der Mannschaft. "Das Ziel des Teams ist es, die Gruppe zu gewinnen", weiß Journalist Sigurdsson und Tormann Hannes Halldorsson sagt: "Die Ansprüche im Team sind gestiegen. Wir sind keine Underdogs mehr und werden von außen auch anders wahrgenommen."
Wie im Sommer damals
Mit ihren EM-Auftritten haben sich Wales und Island europaweiten Respekt verschafft - und müssen deshalb auch lernen, mit Schikanen umzugehen, die ihnen deshalb eben gestellt werden. Mit defensiv orientierten Gegnern etwa oder auch Musizier-Verboten.
"Sie versuchen alles, um uns Fans so leise wie möglich zu halten und unsere Stimmung zu zerstören", klagte der Trompetenspieler der walisischen Supporters Band The Barry Horns entrüstet gegenüber lokalen Medien, nachdem der Band vor dem anstehenden Auswärtsspiel in Dublin von den Gastgebern verboten wurde, Instrumente ins Stadion zu bringen: "Wir gehen aber trotzdem hin und genießen die Zeit." Genau wie im Sommer damals, damals in Frankreich.
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