WM

Endlich ohne Zlatan

SID
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© getty

Am Freitag (16 Uhr im LIVETICKER) werden die Gruppen der WM 2018 in Russland ausgelost. Zeit, die Teilnehmer genauer unter die Lupe zu nehmen. Schweden bestreitet erstmals ein großes Turnier ohne Zlatan Ibrahimovic. Außerdem in Teil 2: Messi und Ronaldo, Politik vs Fußball, ein ungeschlagener Qualifikant und erlöste Ägypter.

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Islands Fußball-Helden: Moskau hört ein "Huh!"

Das kehlige "Huh!" der wilden Männer donnerte durch die zugigen Straßen Reykjaviks, als die isländischen Nationalhelden auch den Sprung nach Russland vollbracht hatten. An der mächtigen Hallgrimskirche, die über der Hauptstadt wacht wie eine sagenhafte Festung, wehte die blaue Landesflagge vor der Statue des Welten-Entdeckers Leif Eriksson. Die Lieblinge der EM - sie ziehen wieder los.

"Enorme Freude und Stolz erfüllen mich, dass ich Zeuge dieser wunderbaren Feier werden durfte", sagte Staatspräsident Gudni Johannesson, der das entscheidende 2:0 (1:0) gegen den Kosovo im berstenden Nationalstadion Laugardalsvöllur bejubelt hatte. "Das macht unser Land so stark! Wir sind hier häufig gegensätzlicher Meinung - deshalb ist es fantastisch, dass dieses Team uns eint."

Dass ein Pädophilie-Skandal erst im September die Regierung gestürzt hat, Probleme mit Jugend-Abwanderung und den überbordenden Preisen, das alles war für einen Moment vergessen. Nach Frankreich 2016 hört auch Russland ein "Huh!", nie hat sich ein Land mit weniger Einwohnern (330.000) für die Endrunde einer WM qualifiziert.

"Unglaublich", sagt Nationaltrainer Heimir Hallgrimsson. Der 50-Jährige war nach dem Spiel derart tief bewegt, dass er einen Teil der Pressefragen von seinen Assistenten beantworten ließ. "Maradona, Pele", stammelte Hallgrimsson, "und Aron Einar Gunnarsson..."

Der Kapitän von Cardiff City wird die wilden Männer auch bei der WM anführen. "Das Wikingerschiff nimmt Kurs auf Russland", schrieb die Washington Post.

In Island beginnt der Fußball, dem Handball Konkurrenz zu machen. Wer durch das Land von Lava und Eis reist, sieht in jedem Fischerdorf einen fein gepflegten Rasen und daneben einen hölzern umzäunten Mini-Bolzplatz.

Die Weite des Landes, die raue See, sie lassen die Isländer zusammenstehen. Ein Journalist berechnete, dass 0,1 Prozent der isländischen Männer zwischen 22 und 34 im Sommer nach Russland fahren werden - als Spieler, wohlgemerkt. Tausende werden sie begleiten.

Besser ohne Zlatan: Schweden trumpft als Team auf

Alles drehte sich wieder einmal um Zlatan Ibrahimovic, doch Schweden will von seinem Gott offenbar nichts mehr wissen. Anders sind die Reaktionen auf den nächsten Egotrip des Stürmerstars von Manchester United nicht zu verstehen.

"Das ist doch unglaublich. Dieser Spieler hat vor eineinhalb Jahren aufgehört, für Schweden zu spielen, und wir reden immer noch über ihn", sagte Trainer Janne Andersson, nachdem sich die Blagult - die Blaugoldenen - erstmals nach zwölf Jahren wieder für eine WM qualifiziert hatten: "Wir müssen endlich anfangen, über die großartigen Spieler zu reden, die wir in dieser Mannschaft haben."

Diese Spieler haben das Ticket für Russland gebucht, Ibrahimovic spielte in der Quali nicht eine Minute. Dennoch deutete er seine Absicht an, in die Nationalmannschaft, die er nach dem trostlosen Aus bei der EM 2016 verlassen hatte, zurückkehren zu wollen. "Wir sind Schweden", schrieb Ibrahimovic nach dem entscheidenden Playoff-Spiel gegen Italien in den sozialen Netzwerken. Schweden schrieb er dabei mit "Z", "Zweden", wie Zlatan.

Doch viele Fans und Experten sind längst der Meinung, Schweden sei besser ohne Ibrahimovic dran. Andersson hat als Nachfolger von Erik Hamren die Art, Fußball spielen zu lassen, ohne den Exzentriker grundlegend anders ausgerichtet.

Mit Ibrahimovic wirkten die Skandinavier stets eindimensional, jetzt sind sie weniger ausrechenbar, der Leipziger Emil Forsberg treibt das schnelle Umschaltspiel an, auf einmal verteidigen alle zehn Feldspieler. Neben Forsberg gelten auch Kapitän und Fußballer des Jahres Andreas Granqvist, Albin Ekdal vom HSV, Victor Lindelöf und Marcus Berg als Säulen des Teams.

"Ich denke, es ist fast besser, wenn Schweden ohne Ibrahimovic spielt, weil er auf dem Platz eine Qual war", sagte zuletzt Kurt Hamrin: "Er ist der beste Spieler der letzten 20 Jahre in Schweden, aber die Tatsache, dass er nicht hier ist, ermöglicht es jedem, zu wachsen und mehr Verantwortung zu übernehmen."

Wie 2002 und 2006 soll der Weg der Schweden auch im nächsten Sommer zumindest ins Achtelfinale führen. Wer die ausgebufften Italiener ausschaltet, kann mit Selbstvertrauen nach Russland reisen.