Im Finale der WM 2018 treffen am Sonntag Frankreich und Kroatien aufeinander (ab 17 Uhr im LIVETICKER). Favorit Frankreich könnte den zweiten WM-Titel seiner Geschichte holen, die Kroatien ihrem sensationellen Turnier die Krone aufsetzen. Wie schneiden die einzelnen Mannschaftsteile im Vergleich ab? SPOX macht den Head-to-Head-Vergleich.
Frankreich - Kroatien, Torhüter: Lloris vs. Subasic
Hugo Llroris wurde nach einer Saison bei den Tottenham Hotspur, die nicht ohne den einen oder anderen Fehler ablief, durchaus argwöhnisch beäugt. Bisher jedoch fehlerfrei, wenn die starke Defensive vor ihm doch etwas durchlässt. Wie er Martin Caceres' Kopfball und Toby Alderweirelds Schuss aus dem Winkel kratzte, war weltklasse.
Wie schlägt er sich gegen Strafstöße? Mile Jedinak verwandelte gegen ihn in der Gruppenphase, danach wurde Lloris nicht mehr gefordert. In der abgelaufenen Saison waren vier von sechs Versuchen gegen ihn drin. Mit dem Ball am Fuß ist er nicht ganz sicher.
Danijel Subasic steht seit Jahren bei der AS Monaco zwischen den Pfosten, doch erst durch die WM wurde er so richtig bekannt. Vor allem als Elfmetertöter: Hielt gegen Dänemark gleich dreimal, auch gegen Russland erfolgreich. Mehr als vier Elfmeter bei einer WM hat noch kein Torhüter pariert, Subasic könnte es im Finale glücken.
Auch im laufenden Spiel stark, verhinderte er den Rückstand im Halbfinale durch Harry Kane. Die Verletzung, die er in der Endphase gegen Russland erlitt, scheint kuriert. Der 33-Jährige ist nicht dafür bekannt, die Unhaltbaren rauszufischen, dennoch ist er ein sicherer Rückhalt. 2014 saß er in Brasilien nur auf der Bank, im Finale könnte er zum Helden werden - gerade in einem möglichen Elfmeterschießen.
SPOX-Urteil: Unentschieden
Frankreich - Kroatien, Innenverteidiger: Varane/Umtiti vs. Lovren/Vida
Barca und Real nebeneinander funktioniert bei den Les Bleus wunderbar. Gerade Raphael Varane spielt eine sehr gute WM, mit teilweise überragenden Passquoten und gutem Stellungsspiel. Umtiti verursachte den unnötigen Elfmeter gegen Australien, konnte sich in der K.o.-Phase aber steigern.
Beide erinnern vom Alter (Varane 25, Umtiti 24) an das Duo Hummels/Boateng vor vier Jahren. Außerdem sind beide bei Standards sehr gefährlich: Varane erzielte das Führungstor gegen Uruguay, Umtiti schlug trotz seiner nur 1,81 Meter ebenfalls per Kopf gegen Belgien zu. Im Endspiel werden sie bei ruhenden Bällen fast noch gefährlicher sein als die Offensivabteilung.
Beim FC Liverpool treibt Dejan Lovren den Fans ob seiner regelmäßigen Patzer oftmals den Schweiß auf die Stirn. Bei diesem Turnier verbessert, aber trotzdem immer wieder für einen Fehlpass oder ungeschickten Zweikampf gut.
Er täte gut daran, Freistöße irgendwie zu vermeiden - doch wie er im Sprint gegen einen Mbappe mithalten soll, ist eine andere Frage. Gegen Giroud ist einer der besten Verteidiger der Welt - so bezeichnete er sich nach dem England-Spiel - eindeutig besser aufgehoben.
Domagoj Vida machte vor allem Schlagzeilen durch ein Pro-Ukraine-Video nach dem Viertelfinale gegen Russland, was ihm eine Warnung der FIFA und Buhrufe der russischen Zuschauer einbrachte. Der frühere Spieler von Dynamo Kiew entschuldigte sich, dennoch dürften am Sonntag eine ganze Menge Russen im Stadion sein, die nicht unbedingt für Frankreich, dafür aber gegen Kroatien sein werden. Auf dem Platz vor allem im Luftkampf eine Hausnummer. Auch ihm fehlt die ganz große Endgeschwindigkeit.
SPOX-Urteil: Vorteil Frankreich
Fankreich - Kroatien, Außenverteidiger: Pavard/Hernandez vs. Vrsaljko/Strinic
Die französische Paarung hätte man auf den Außen nicht wirklich erwartet, zumal mit Benjamin Mendy und Dribril Sidibe zwei hochkarätige Alternativen bereit stehen. Beide absolvierten zwei der drei abschließenden Testspiele von Beginn an, doch seit Beginn der WM vertraut Deschamps auf den jungen Stuttgarter und Hernandez - beide gerade mal 22 Jahre alt.
Dabei konnte Pavard vor allem mit seinen Ausflügen nach vorn glänzen, etwa mit dem Traumtor gegen Argentinien. Er ist ins Offensivspiel der Franzosen sehr gut integriert und marschiert oft mit nach vorn, defensiv stand er allerdings längst nicht immer sicher. Hernandez interpretiert seinen Part über links etwas defensiver, auch ihm fehlt jedoch die Erfahrung. Insgesamt sollte der französischen Defensive eher über die Außen beizukommen sein, als durch die Mitte.
Der 26 Jahre alte Sime Vrsaljko ist das kroatische Pendant zu Pavard. Schob in den letzten Wochen auf seiner Seite sehr weit nach vorn, was ihm einen Assist gegen England, aber den Kroaten auch Lücken in der Defensive einbrachte.
Im Vergleich zu ihm ist Ivan Strinic fast unsichtbar, quasi der Jonas Hector der Kroaten. Hatte ein paar Unsicherheiten gegen England drin, jetzt kommt Mbappe über seine Seite. Wird wohl noch mehr auf Sicherheit bedacht sein als ohnehin schon.
SPOX-Urteil: Knapper Vorteil Frankreich
Frankreich - Koratien, Zentrales Mittelfeld: Pogba/Kante/Matuidi vs. Rakitic/Modric/Brozovic
Safety first! Mit Paul Pogba, N'Golo Kante und Blaise Matuidi baut Deschamps auf gleich drei gelernte defensive Mittelfeldspieler. Matuidi wird dabei nominell auf der linken Flanke aufgestellt, ist aber die defensive Variante im Vergleich zu echten Angreifern wie etwa Ousmane Dembele. Wie wichtig er ist, zeigte er, als er nach Abwesenheit gegen Belgien zurück ins Team kam. Offensive Akzente setzt er dabei nicht allzu häufig, vielmehr ist der Veteran ein zweiter Staubsauger neben Kante.
Und was das für ein Staubsauger ist. Der Mann vom FC Chelsea ist ein echter Abfangjäger vor der Viererkette, der für zwei oder drei Spieler läuft, Gegner zustellt und Pässe ansaugt. Unermüdlich ackert er und hält Pogba damit den Rücken frei - mit Erfolg. An ihm wird es sein, die Kreise von Modric oder Rakitic einzuschränken, wenn sie vor Lloris' Sechzehner auftauchen.
Pogba spielt für die Equipe Tricolore eine Art physischen Kroos. Er soll das Spiel ordnen und dirigieren, die Bälle auf die Offensiven spielen. Daneben ist er aber auch im Zweikampf eine Macht und kaum vom Ball zu trennen, wenn er mit Ball am Fuß doch losstürmt. Der schillernde Superstar von Manchester United hat sich obendrein wunderbar ins Team integriert und agiert für seine Verhältnisse ungewohnt zurückhaltend.
Wenn die Kroaten eine Chance haben wollen, dann müssen sie mit ihren beiden Regisseuren das Duell im Mittelfeld gewinnen. Auch bei ihnen gesellt sich Real (Luka Modric) und Barca (Ivan Rakitic) gern. Modric ist das Herz der Kroaten, er macht die meisten Tore, spielt die wichtigsten Pässe. Aber damit nicht genug: Modric frisst in diesem Turnier auch defensiv Kilometer und ackert defensiv, sein Arbeitseifer ist nicht von dieser Welt. Wenn er nach der Champions League auch die WM gewinnt, ist er ein Kandidat für den Ballon d'Or.
Rakitic steht etwas im Schatten seines Nebenmannes, ein bisschen defensiver und nicht ganz so konstant. Aber auch er kann das Spiel dirigieren, sollte sich die Equipe vollständig auf Modric konzentrieren.
Dazu dürfte Marcelo Brozovic nach seiner guten Leistung gegen England wieder in der Startelf stehen. Er gibt den rein defensiven Part hinter den zwei Achtern, wenn man so will. Er hat nicht ganz die Klasse eines Kante, ist aber ein ähnlicher Spielertyp. Und er hat ein paar Minuten weniger in den Beinen als seine Vorderleute.
SPOX-Urteil: Unentschieden
Frankreich - Kroatien, Angriff: Griezmann/Mbappe/Giroud vs. Perisic/Rebic/Mandzukic
Es ist ein verlockendes Gedankenspiel, sich dieses französische Team unter einem Trainer wie Jürgen Klopp vorzustellen - dieses unglaubliche Talent gepaart mit einem offensiven, kreativen, vielleicht sogar etwas anarchischen System.
Aber die Defensive gewinnt nun mal Titel. Und Didier Deschamps war früher nicht umsonst defensiver Mittelfeldspieler. Also stellen sich auch die französischen Offensiven in den Dienst der Mannschaft. Olivier Giroud zum Beispiel, der als Stürmer der erste Verteidiger ist und sich weit zurückzieht. Antoine Griezmann spielt nominell dahinter, ist für die Standards zuständig und zieht die Fäden, wenn es mal nicht um einen Tempogegenstoß nach Ballgewinn geht.
Verteidigung und Umschaltspiel ist bei den Franzosen jedoch Trumpf. Deshalb ist es auch nicht Girouds Turnier (noch kein Turnier), sondern die große Bühne für Mbappe. Der hat zwar in sechs Einsätzen erst sechs Torschüsse abgefeuert, aber wenn er den Turbo anwirft, dann sehen Gegenspieler nur noch die Hacken. Unglaublicher Speed, kaltschnäuzig im Abschluss, sogar Hackentricks werden geboten.
Frankreich spielt so, wie es spielt. Das mag Gegner wie Belgien frustrieren, aber es ist effizient. Und es ist im Sturm perfekt abgestimmt: Der Arbeiter Giroud, der Tausendsassa Griezmann mit den perfekten Flanken, der Flitzer Mbappe. Das muss man erst einmal schlagen.
Zumindest in vorderster Front hat Kroatien einen Vorteil: Mario Mandzukic macht defensiv genauso viele Meter wie Giroud, hat aber im Gegensatz zum Franzosen auch schon getroffen. So wichtig ist der 32-Jährige für sein Team, dass ihn Arjen Robben öffentlich adelte und der BVB trotz des hohen Alters interessiert sein soll. Er hat die Spielweise, um sich gegen die beinharte französische Innenverteidigung durchzusetzen.
Ivan Perisic und Ante Rebic gehören zu den Durchstartern des Turniers. Während Rebic die Topform des Pokalfinals gegen Bayern München gehalten hat und sich vor der WM in die erste Elf gespielt hat, lieferte Perisic mit einem Tor und einer Vorlage gegen England sein bestes Spiel des Turniers ab.
Mit ihnen hat Kroatien auf beiden Flügeln Akteure, die sich entweder in Duelle mit den Außenverteidigern stürzen, oder aber nach innen ziehen und den Abschluss suchen können - bei den Franzosen ist es nur Mbappe, der natürlich noch mehr Klasse besitzt. Matuidi stellt auf dem linken Flügel dafür keine vergleichbare Gefahr da.
Perisic und Rebic waren über das Turnier gesehen nicht so konstant wie Mbappe oder Griezmann. Aber sie bringen ein Überraschungsmoment mit und könnten in Topform die entscheidende Aktion setzen. Nicht umsonst wird Perisic von Manchester United umworben, und auch Rebic dürfte von der Eintracht nicht mehr lange zu halten sein.
SPOX-Urteil: Unentschieden