Das erste WM-Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft war noch nicht einmal angepfiffen, da thematisierte der DJ in der Party-Zone vor dem Khalifa International Stadium bereits einen vorzeitigen Abschied. "Nein, Mann. Ich will noch nicht geh'n. Ich will noch 'n bisschen tanzen", dröhnte es etwa vier Stunden vor Anpfiff in ohrenbetäubender Lautstärke aus den Boxen.
Als hätte der DJ eine Vorahnung gehabt, verlor Deutschland im Anschluss mit 1:2 gegen Japan. Am zweiten Spieltag braucht es gegen den Gruppenfavoriten Spanien ziemlich sicher einen Sieg, um das Aus in der Gruppenphase doch noch abzuwenden. Ansonsten muss Deutschland tatsächlich schon geh'n, ansonsten ist der Fußball-Tanz des DFB-Teams in Katar vorbei.
Als neutraler Beobachter blieb man unschlüssig zurück, was denn nun absurder war: Wie Deutschland in der Schlussphase eine souveräne 1:0-Führung gegen Japan herschenkte? Oder doch die Szenerie davor in der Party-Zone?
Playlist vor dem Stadion: Ballermann und Schlagernacht
"Nein, Mann" war nämlich nur eines von zahlreichen Highlights einer rundum kuriosen Playlist, die Elemente von Ballermann und RTL-"Schlagernacht des Jahres" raffiniert kombinierte. Unklar ist, wie die Liedauswahl des DJs zustande kam. Wurde sie ihm von deutscher Seite offiziell empfohlen? Hat er einfach mal "party hits germany" gegoogelt?
Die wenigen anwesenden Deutschen schauten sich das Treiben größtenteils belustigt an. Alle anderen feierten Lieder, die sie vermutlich eher nicht verstanden. Japaner tanzten zu "Ohne Dich schlaf' ich heut Nacht nicht ein", Inder in Deutschland-Trikots zu "Abenteuerland". Highlight war aber ein Kolumbianer mit gelbem Anzug, gelben Schuhen, gelbem Hut und gelber Sonnenbrille, der seine Hüften zu "Layla" kreisen ließ.
Zur Erinnerung: Vor den Kontroversen um die Weltmeisterschaft in Katar bestimmte die Frage nach der Daseinsberechtigung dieses Liedes von DJ Robin & Schürze tagelang die nationalen Schlagzeilen.
Japan-Fans waren klar in der Überzahl
Was die deutschen Lieder schafften, das blieben die deutschen Fans übrigens weitestgehend schuldig: für Stimmung zu sorgen. Sie waren den Japanern nicht nur numerisch, sondern auch akustisch klar unterlegen. Aufgrund der Menschenrechtslage in Katar, den Umständen der Vergabe und den hohen Reisekosten werden für das ganze Turnier nur etwa 7.000 bis 9.000 Deutsche in Katar erwartet - mindestens so viele Japaner waren allein am Mittwoch im Stadion.
Der harte japanische Kern formierte sich als blauer Block hinter einem Tor und überzeugte mit Dauergesang. Von schwarz-rot-goldener Seite kamen nach kollektivem Fahnenschwenken zum Anpfiff nur mehr vereinzelte "Deutschlaaand, Deutschlaaand"-Rufe sowie einige Laola-Versuche. Trotz lautstarken Countdowns plätscherten die Wellen aber eher, statt zu schwappen.
WM 2022: Der Spielplan der Gruppe E
Datum | Begegnung | Anpfiff |
23. November | Deutschland vs. Japan | 1:2 |
23. November | Spanien vs. Costa Rica | 7:0 |
27. November | Japan vs. Costa Rica | 11 Uhr |
27. November | Spanien vs. Deutschland | 20 Uhr |
01. Dezember | Costa Rica vs. Deutschland | 20 Uhr |
01. Dezember | Japan vs. Spanien | 20 Uhr |