"We want beer! We want beer! We want beer!": Gegen 18.45 Uhr werden die hunderten Fans vor den geschlossenen Bierständen auf dem Fan Festival im Herzen von Doha langsam ungehalten.
"Wir haben uns um 18.15 Uhr angestellt, weil online kommuniziert wurde, dass es um 18.30 Uhr losgeht", klagt eine Engländerin. "Jetzt heißt es auf einmal 19 Uhr. Das ist frustrierend."
Bereits zwei Stunden vor der angekündigten Öffnungszeit trudeln die ersten durstigen Fans bei den noch abgeriegelten Bierständen ein - und werden von den zahlreichen bereits anwesenden Ordnern abgewiesen. Später, später, später. Die Anlage wird bewacht, als befänden sich hier die katarischen Kronjuwelen.
Alkohol ist im Emirat bis auf wenige Ausnahmen verboten. Als Zugeständnis an die FIFA und all die internationalen Gäste hat Katar immerhin zugestimmt, beim Fan Festival zumindest abends Bier zu verkaufen. Der Bierverkauf in den Stadien wurde dagegen zwei Tage vor Turnierbeginn spontan doch noch widerrufen.
WM 2022: Vor den Bierständen wird Englisch gesprochen
Gegen 18 Uhr wird es beim Fan Festival vor der Verkaufsanlage immer voller. Hunderte Fans wollen sich die besten Plätze für den Sturm auf die Bierstände sichern. Eine geordnete Schlange bildet sich keine. Der Grund: Die Ordner verraten nicht, wo genau die Absperrung letztlich geöffnet wird. Stattdessen herrscht wildes Gedränge vor dem Absperrgitter.
Während beim Fan Festival generell katarische und lateinamerikanische Fans dominieren, wird hier vorwiegend Englisch gesprochen. Und gesungen. "Engeland, Engeland, Engeland", schallt es. Dann: "Southgate, you're the one, you still turn me on, football's coming home again." Erstmal soll aber das Bier heimkommen in die durstigen Kehlen.
Endlich tut sich was in den Verkaufsständen: Mitarbeiter beginnen Dosenbier in Plastikbecher zu schütten, was den Matchplan einer Engländerin durchkreuzt: "Ich wollte eigentlich so viel Dosen kaufen, wie ich tragen kann. Dass sie das Bier direkt in Becher schenken, macht es schwieriger." Ein US-Amerikaner bleibt dennoch zuversichtlich: "Ich hole mir so viel Bier, dass ich mich eine Woche lang nicht mehr anstellen muss."
Bier beim Fan Festival: Budweiser für 13,50 Euro
Auf der großen Leinwand laufen mittlerweile die Nationalmannschaften von Katar und Ecuador ein. Eröffnungsspiel ist ja auch noch, aber das interessiert hier niemanden. Während über die Lautsprecheranlage die beiden Nationalhymnen dröhnen, zählen die Fans vor den Bierständen lautstark den Countdown: "Ten, nine, eight, seven, ... one!" Und dann? Gar nichts. Die Ordner lassen sich um 18.58 Uhr nicht austricksen.
Erst als der Ball um 19 Uhr tatsächlich rollt, öffnet sich das Absperrgitter an drei Stellen. Jubel brandet auf, als wäre das erste Tor gefallen. Das fällt tatsächlich gleich, aber davon bekommt hier niemand etwas mit. Eh egal, der Treffer von Enner Valencia in der dritten Minute zählt nach VAR-Eingriff nicht. Immer mehr Fans drängen nach vorne, die Ordner lehnen sich verzweifelt gegen die zu kippen drohenden Absperrgitter, es kommt zu kleineren Rangeleien.
Auf der anderen Seite der Anlage tragen unterdessen die ersten Glücklichen ihre größtenteils mit vier Bier maximalbelegte Papptrage so stolz vor sich her, als wäre es ihr Neugeborenes. Was sie tatsächlich tragen: Biere für den Preis von je 50 Katar-Riyal, umgerechnet also knapp 13,50 Euro. Biere des offiziellen FIFA-Sponsor Budweiser. Nein, nicht das hervorragende tschechische. Das wässrige US-amerikanische. "Nicht ideal", gibt ein Fan zu. "Aber wenn es das einzige Bier ist, das es gibt, dann ist es das beste der Welt."