Auf dem Weg bis ins Halbfinale schaltete Marokko Spanien und Portugal aus, kein anderes afrikanisches Team erreichte zuvor jemals die Runde der letzten Vier.
Gegen Frankreich war dann Endstation für Achraf Hakimi, Noussair Mazraoui und Co., doch auch gegen den Titelverteidiger zeigten die Löwen von eine mehr als achtbare Leistung. Übrigens: Bei Frankreich steht ein Spieler mit marokkanischen Wurzeln im Aufgebot. Er ist einer von vielen, die wohl einen sicheren Stammplatz in Marokkos Team hätten.
Drei hingegen haben noch kein Spiel für eine A-Nationalmannschaft absolviert und hätten somit noch die Möglichkeit, doch noch Marokko zu vertreten. Genügend Werbung wurde jedenfalls betrieben.
Merke: Eine Aufzählung von allen Spielern, die über die marokkanische und eine andere Nationalität verfügen, würde den Rahmen sprengen. Deshalb hat sich SPOX auf die bekanntesten Spieler beschränkt.
Mounir Chouiar (noch kein Nationalspieler)
- 23 Jahre alt, Basaksehir FK, Angriff
Der gebürtige Franzose kann sowohl auf beiden Außenpositionen als auch auf der Zehn spielen. Im Sommer wechselte er für 1,5 Millionen Euro von Dijon in die Türkei.
Zuletzt lief er für den Nachwuchs Frankreichs auf. Nach seinem Debüt für die U21 anno 2019 absolvierte er allerdings kein Spiel mehr. Aufgrund seiner zuletzt eher durchwachsenen Leistungen war er wohl kein Thema für Marokko.
Ilias Akhomach (noch kein Nationalspieler)
- 18 Jahre alt, FC Barcelona, Angriff
Der Rechtsaußen feierte sein Debüt für den FC Barcelona ausgerechnet bei dem von Trainer Xavi. Den Durchbruch schaffte das Juwel jedoch nicht. In dieser Spielzeit ist Akhomach beim Nachwuchsteam in der dritten Liga eine feste Größe.
Für Spaniens U19 trug er zuletzt sogar die Kapitänsbinde. Angesichts der großen Konkurrenz in der Offensive wäre aber auch ein Verbandwechsel zu Marokko keine schlechte Option für ihn.
Amine Adli (noch kein Nationalspieler)
- 22 Jahre alt, Bayer Leverkusen, Angriff
Der nächste Flügelspieler. Der gebürtige Franzose ist jedoch schon ein deutlich gestandenerer Spieler als seine beiden Vorgänger in dieser Auflistung. Für die Werkself kommt er trotz zweier Verletzungen seit dem Sommer regelmäßig zum Einsatz.
Eine Vorlage in zwölf Spielen in dieser Spielzeit reicht aber bei weitem nicht, um es in Frankreichs A-Nationalmannschaft zu schaffen. Schon gar nicht bei dieser Konkurrenz in der Offensive. Für die U21 spielte er zuletzt noch im November und erzielte prompt ein Tor. Womöglich ist Marokko sein Ticket zu einem großen Turnier.
Adam Maher (Niederlande)
- 29 Jahre alt, Damas FC, Mittelfeld
Nach erfolgreichen Jahren bei AZ Alkmaar und der PSV Eindhoven debütierte der Sechser 2012 für die niederländische Nationalmannschaft. Der letzte seiner insgesamt fünf Einsätze liegt bereits neun Jahre zurück.
In den vergangenen Jahren geriet seine Karriere ordentlich ins Stocken, ehe er bei nach einer Rückkehr zu Alkmaar und in Utrecht wieder zu alter Stärke fand. Im Sommer folgte der gebürtige Marokkaner dem Ruf des Geldes und wechselte nach Saudi-Arabien.
Anwar El Ghazi (Niederlande)
- 27 Jahre alt, PSV Eindhoven, Angriff
Der Rechtsaußen spielt seit seinem kurzen Intermezzo (zwei Einsätze) im Jahre 2015 keine Rolle mehr bei der niederländischen Nationalmannschaft. Da er keine Chance hatte, mit der Elftal nach Katar zu fahren, unternahm er angeblich alles, um den Verbandswechsel zu vollziehen.
Ein nicht unmögliches Unterfangen, da er die nötigen Kriterien seit der Reform der FIFA 2020 erfüllt. Seine Einsätze liegen unter anderem weit genug zurück, er war bei seinem Debüt jünger als 21 Jahre alt und nahm auch noch bei keiner EM oder WM teil. Warum es letztlich trotzdem nicht zu einer Nominierung kam, ist nicht bekannt.
Mohamed Ihattaren (Niederlande)
- 20 Jahre alt, Ajax Amsterdam (Juventus Turin), Angriff
Noch bis zum Ende dieses Jahres ist das einstige Toptalent von Juventus Turin an Ajax Amsterdam ausgeliehen. Die Kaufoption wird nicht gezogen, da die Versuche, den Offensivspieler zu rehabilitieren, offenbar nicht fruchteten.
Das einstige PSV-Juwel schrieb zuletzt vor allem abseits des Platzes Schlagzeilen, weil sein Auto in Utrecht in Flammen aufging. Zuvor sorgten Mafia-Gerüchte für Wirbel um seine Person.
Loís Openda (Belgien)
- 22 Jahre alt, RC Lens, Angriff
Im Sommer schloss sich der Mittelstürmer, der auch auf den Flügeln einsetzbar ist, dem französischen Erstligisten für knapp zehn Millionen Euro an. Zuvor hatte er sich bei Vitesse Arnheim einen Namen gemacht und debütierte im Juni 2022 für Belgiens Nationalmannschaft.
Seine Torjägerqualitäten führten auch zu einem Einsatz bei der Weltmeisterschaft in Katar (gegen Kanada). Insgesamt kommt Openda auf zwei Tore in sechs Länderspielen.
Marouane Fellaini (Belgien)
- 35 Jahre alt, SD Luneng, Mittelfeld
Der Defensivspieler mit der zeitweise legendären Wuschelfrisur absolvierte insgesamt 87 Länderspiele für die belgische Nationalmannschaft. Allerdings hätte er auch beinahe für Marokko gespielt.
Kurz bevor ihn Belgien von der Teilnahme an der U21-Europameisterschaft 2006 überzeugt hatte, lief er in einem Spiel für die marokkanische U20 auf. Bereits im Februar 2007 debütierte er für die A-Nationalmannschaft der Roten Teufel.
Fellaini gehörte der viel zitierten "Goldenen Generation" Belgiens an, für den großen Titel reichte es aber bekanntlich nie. Seit seinem Abschied aus Europa (2019) weilt er in China.
Nacer Chadli (Belgien)
- 33 Jahre alt, KVC Westerlo (Basaksehir FK), Angriff
2010 absolvierte der Flügelspieler sogar ein Freundschaftsspiel für Marokko. Trotz großen Lobes entschied er sich jedoch für Belgien und debütierte 2011.
Wenn sein Name fällt, denken einige belgische Fans wohl noch heute an seinen Siegtreffer im WM-Achtelfinale 2018 gegen Japan in der Nachspielzeit. Am Ende wurde er mit seinem Team Dritter. Auch bei der um ein Jahr verschobenen Europameisterschaft 2020 wirkte er noch mit.
Aktuell lässt der einstige Spieler von Tottenham Hotspur seine Karriere in seinem Heimatland ausklingen. Im Sommer wird er Stand jetzt zu seinem Stammverein Basaksehir zurückkehren.
Karim Bellarabi (Deutschland)
- 32 Jahre alt, Bayer Leverkusen, Angriff
Da sein Vater Marokkaner ist, besitzt Bellarabi auch die marokkanische Staatsangehörigkeit. Für die Afrikaner spielte er aber zu keinem Zeitpunkt. 2010 startete er in der U20 Deutschlands, ehe er zwei Jahre später zur U21 kam und 2014 schließlich Teil der A-Nationalmannschaft war.
Ein Jahr später gelang ihm im EM-Qualifikationsspiel gegen Gibraltar sein erstes Länderspieltor. Obwohl er für die Europameisterschaft 2016 in den erweiterten Kader berufen wurde, reichte es am Ende nicht für die Teilnahme.
Für Leverkusen spielt er schon bald neun Jahre lang. Im Sommer 2023 endet sein Vertrag allerdings.
Brahim Díaz (Spanien)
- 23 Jahre alt, AC Milan (Real Madrid), Angriff
Dem vielseitigen Offensivspieler wurde bereits in jungen Jahren eine große Zukunft vorausgesagt. 2019 folgte der Wechsel von Manchester City zu Real Madrid für die Summe von 17 Millionen Euro.
Der erhoffte Durchbruch blieb allerdings aus, weshalb er nun schon zum zweiten Mal an Milan verliehen ist. Ähnlich stockend läuft es auch in seiner Nationalmannschaftskarriere. Seit der U17 ist er Stammgast bei Spanien, 2021 debütierte er aufgrund vieler Corona-Fälle in der A-Nationalmannschaft und erzielte direkt sein erstes Tor.
Seither wurde Diaz allerdings nie mehr für die spanische Auswahl nominiert. Auch für die U21 nicht.
Mattéo Guendouzi (Frankreich)
- 23 Jahre alt, Olympique Marseille, Mittelfeld
Der ehemalige Spieler des FC Arsenal und von Hertha BSC spielt seit seiner Leihe zu Marseille (2021) wieder groß auf und verdiente sich somit sein Ticket für Katar.
Im dritten Gruppenspiel kam der defensive Mittelfeldspieler zum Einsatz, als Frankreichs Coach Didier Deschamps einem Großteil der Stammkräfte eine Pause gönnte. Für das Land seines marokkanischen Vaters zu spielen, war ob seines großen Talents nie eine Option.
Munir El Haddadi (Marokko)
- 27 Jahre, FC Getafe, Angriff
Abschließend noch ein Beispiel für einen (mehr oder weniger) erfolgreichen Verbandswechsel. Der Stürmer debütierte 2014 für Spaniens Nationalmannschaft. Da er kaum berücksichtigt wurde, erkundigte er sich bei der FIFA noch vor der Weltmeisterschaft 2018 in Russland, ob er nicht doch für das Heimatlandes seines Vaters spielen könne.
Der Weltverband lehnte ab, auch sein Einspruch vor dem Sportgerichtshof CAS brachte nichts. Durch die bereits angesprochene Reform 2020 machte sich Munir neue Hoffnungen. Allerdings kassierte er erneut eine Absage, weil er nach seinem 21. Geburtstag für Spaniens U21-Nationalmannschaft gespielt hatte.
Nach langem Hin und Her erlaubte ihm die FIFA im Januar 2021 doch noch den Verbandswechsel. Sein Debüt für Marokko gab er zwei Monate später. Die Ironie der Geschichte: Für die WM in Katar wurde Munir dennoch nicht nominiert.