Für Julian Kochs erstes Mal hatte Jürgen Klopp Cristiano Ronaldo ausgesucht. Der Superstar von Real Madrid war im August 2009 zusammen mit seinen Kollegen nach Dortmund gekommen, um anlässlich des 100-jährigen Bestehens des BVB zum Jubiläumsspiel gegen die Borussia anzutreten.
Und mittendrin: Julian Koch, ein 18-jähriges Dortmunder Eigengewächs, das vorher noch nie ein Bundesliga-Spiel bestritten, geschweige denn vor 80.000 Zuschauern gespielt hatte.
Gegen Real durfte Koch allerdings gleich in der Startelf ran - im direkten Duell mit Cristiano Ronaldo. Und obwohl der BVB am Ende deutlich mit 0:5 unterlag, war Koch aus Dortmunder Sicht so etwas wie die Entdeckung des Spiels. "Er ist laufstark und aggressiv in den Zweikämpfen. Gegen so was spielt man bei Real Madrid nicht so gerne", sagte der damalige Real-Verteidiger Christoph Metzelder nach der Partie.
Alle Spiele mitgemacht
Koch hatte Eindruck hinterlassen und bewiesen, welches Potenzial in ihm steckt. Bei Klopp allerdings war er dennoch außen vor. Nur zweimal setzte der BVB-Coach Koch in der vergangenen Spielzeit ein, vertraute stattdessen lieber auf Felipe Santana und Patrick Owomoyela und verpflichtete mit Lukasz Piszczekvor dieser Spielzeit einen weiteren Mann für die rechte Abwehrseite.
Aus Kochs Sicht musste sich also etwas ändern. Der Blondschopf verlängerte seinen Vertrag bei der Borussia zwar bis 2012, ließ sich postwendend allerdings zum MSV Duisburg ausleihen. Das Ziel: In der Zweiten Liga Spielpraxis sammeln, um sich so für eine Zukunft beim BVB zu empfehlen.
Momentan scheint dieser Plan aufzugehen. Koch schaffte beim MSV sofort den Sprung in die Stammelf, stand bislang in allen Partien 90 Minuten auf dem Platz, erzielte bereits zwei Tore und bereitete drei Treffer vor. "Ich hatte mir zwar erhofft, dass es gut läuft, aber nicht unbedingt damit gerechnet. Beim BVB bin ich zwischen Reserveteam und Profimannschaft hin- und hergependelt, habe dabei stagniert. Deswegen war es mein Wunsch, zu einem Zweitligisten ausgeliehen zu werden. Bisher habe ich die richtige Entscheidung getroffen", sagt Koch.
Sasic: "Er kann Nationalspieler werden"
Auf dem Platz überzeugt der Youngster bislang alle Beobachter, abseits des Feldes ist er in Duisburg schon zu einem echten Leader geworden. Von den Teamkameraden wurde Koch nach wenigen Wochen bereits in den Mannschaftsrat gewählt, von Trainer Milan Sasic kurz darauf sogar zum Vizekapitän ernannt. "Die Teamkollegen haben Julian mit 19 Jahren in den Spielerrat gewählt. Von mir ist er zum Vizekapitän ernannt worden. Das sagt doch schon alles", sagt der MSV-Coach.
Sasic, eigentlich eher als Grantler bekannt, ist von seinem Schützling begeistert. "Normalerweise lobe ich nicht so gerne, aber Julian ist sich und seinen Visionen treu. Er tut alles, um sie wahr zu machen. Koch ist das beste Beispiel für den Einbau junger Spieler, bei denen alles richtig läuft. Er ist ein stabiler Junge und sachlicher Fußballer, der weiß, was er will."
Und Sasic weiß, was Koch erreichen kann: "Ich bin zu 100 Prozent überzeugt davon, dass es Julian schaffen kann, A-Nationalspieler zu werden. Er wird seinen Weg machen. Wie er seinen Beruf lebt und liebt, wie abgeklärt er für sein Alter ist, das alles deutet darauf hin, was er in seiner Laufbahn noch erreichen kann."
Koch selbst gibt sich ob der lobenden Worte zurückhaltend: "Ich versuche, immer auf dem Boden zu bleiben. Dafür habe ich Freunde und Familie, dazu meine Mannschaftskollegen. Ich werde den richtigen Weg antreten."
Interesse vom VfB
Wohin dieser Weg ihn führt, scheint offen. Duisburg würde ihn gerne eine weiteres Jahr ausleihen, beim BVB beobachtet man seine Entwicklung ganz genau und mittlerweile sind auch andere Klubs auf den U-21-Nationalspieler aufmerksam geworden. So soll unter anderem der VfB Stuttgart an einer Verpflichtung interessiert sein.
Erster Ansprechpartner bleibt allerdings der BVB. Im Winter sollen erste Gespräche stattfinden. Die große Frage lautet dann: Traut Klopp Koch zu, eine ernsthafte Alternative zu Owomoyela und Piszczek zu werden und einen ähnlichen Weg zu gehen wie zuletzt Marcel Schmelzer und Mario Götze, die beide aus dem eigenen Nachwuchs stammen und mittlerweile ein wichtiger Baustein im Erfolgskonzept des BVB sind.
Nur 17 Minuten Spielzeit
In der vergangenen Saison durfte Koch häufig bei der ersten Mannschaft hineinschnuppern. Wie auch Götze, Marc Hornschuh und Marco Stiepermann trainierte er mehrfach mit den Profis und stand regelmäßig im Kader. Letztlich reichte es aber nur zum 17 Bundesliga-Minuten Spielzeit.
Zu wenig für Koch, der seit seiner Kindheit großer Fan der Borussia ist, mit der er in der B-Jugend 2007 nach einer 0:1-Niederlage gegen den FC Bayern die Vizemeisterschaft holte.
Zusammen mit Götze ging es gegen Spieler wie Mats Hummels, Diego Contento und Mehmet Ekici, die sich allesamt mittlerweile in der Bundesliga etabliert haben. Koch selbst ist derzeit zumindest auf einem guten Weg dorthin.