"Nuri war mein bester Freund"

Von Interview: Jörn Duddeck
Sebastian Tyrala kämpft derzeit mit dem VfL Osnabrück um den Klassenerhalt in Liga 2
© Getty

Sebastian Tyrala kämpft mit dem VfL Osnabrück um den Klassenerhalt in der 2. Liga. Im Interview spricht der 23-Jährige über die suspendierten Spieler beim VfL, eine überraschende Nationalmannschaftsnominierung und erklärt, warum er es bei Borussia Dortmund nicht gepackt hat.

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SPOX: Herr Tyrala, Elfmeter verschossen und in letzter Minute das Bochum-Spiel verloren. Die Euphorie, die im Stadion herrschte, müsste aber Mut für die möglichen Relegationsspiele machen?

Sebastian Tyrala: Die Stimmung nach dem 1:1 war wirklich atemberaubend. Man hat gesehen, dass wir die Hilfe gebraucht und gut gespielt haben. Wir benötigen die Zuschauer. Der Elfmeter war natürlich meine Schuld, es tut mir für Mannschaft leid.

SPOX: Es passiert in dieser Saison nicht zum ersten Mal, dass der VfL in letzter Minute verliert. Ist das nur Pech oder schon eher Unvermögen?

Tyrala: Es ist oft so, dass wir gut mitspielen. Wir bräuchten vielleicht einen, der zehn bis 15 Tore macht. Dann würden wir eventuell woanders stehen. Bei Standards verhalten wir uns auch nicht optimal. Vorne haben wir in dieser Saison vielleicht drei oder vier Standardtore gemacht und hinten bekommen wir 35 rein. Vielleicht fehlt bei einigen Spielern auch ein wenig die Erfahrung.

SPOX: Auch wenn der Klassenerhalt weiterhin am seidenen Faden hängt, tritt die Mannschaft unter dem neuen Trainer Heiko Flottmann disziplinierter und geschlossener auf. Wieso erst jetzt?

Tyrala: In der Endphase einer Saison rückt man immer näher zusammen. Unser Kader ist nun auch kleiner, einige Spieler sind ja nicht mehr dabei.

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SPOX: Mit Flottmann wurde ein Trainer eingestellt, der aufgrund seiner langjährigen Arbeit im Nachwuchsbereich den Verein und die Stadt wie seine Westentasche kennt. Ist das nicht ein Vorteil?

Tyrala: Der Verein hat offen kommuniziert, dass man eine interne Lösung haben wollte. Da sind die Abläufe dann einfach klarer. Joe Enochs und Heiko Flottmann sind mit Herzblut dabei und reden sehr viel mit uns. Auf der anderen Seite bedauere ich die Trennung von Karsten Baumann immer noch ein wenig, da ich ihm viel zu verdanken habe.

SPOX: Kevin Schöneberg und Björn Lindemann wurden suspendiert, weil sie angetrunken zum Training kamen. Tobias Nickenig wurde begnadigt. Wie nimmt man als Mitspieler die Vorkommnisse auf?

Tyrala: An den Vorfällen ist jeder Spieler selbst schuld. Es war ja auch nicht das erste Mal. Deswegen wird viel toleriert, auch von der Mannschaft. Irgendwann geht es aber nicht mehr.

SPOX: War die Reaktion des Vereins für Sie richtig?

Tyrala: Ich finde es gut, dass der Verein das so durchgezogen hat. Natürlich ist uns auch etwas Qualität verloren gegangen. Dass Björn Lindemann ein guter Fußballer ist, wird niemand abstreiten. Wenn man aber die nötige Einstellung nicht mitbringt, dann kann man so gut sein wie man will.

SPOX: Wie zufrieden sind Sie persönlich mit Ihrer ersten Zweitligasaison?

Tyrala: Ich bin zufrieden, weiß aber, dass ich keine überragende Saison spiele. In Dortmund war ich zwar früher auch bei den Profis dabei, aber da war ich halt "nur" Jugendspieler. In Osnabrück bin ich hingegen voll angesehen. Ich weiß auch, was ich in der kommenden Saison besser machen kann. Ich muss vor allem torgefährlicher werden und präzisere Pässe spielen.

SPOX: Sie sprechen Dortmund an. Damals war der Hype um Sie recht groß. Dann zogen Sie sich einen Kreuzbandriss zu und fielen lange aus. War der Druck zu groß?

Tyrala: Als Druck habe ich das gar nicht wahrgenommen. Eher habe ich mich geehrt gefühlt. Damals durfte ich sicherlich zu Recht am Training der Profis teilnehmen. Es war ein tolles Erlebnis. Dass ich jetzt aber 30 Spiele für Osnabrück gemacht habe, war sicher mehr als ich mir erhofft hatte.

SPOX: Ärgert es Sie dennoch, den Durchbruch in Dortmund nicht geschafft zu haben?

Tyrala: Wenn man sich im dritten Training bei den Profis verletzt, dann ist das natürlich ärgerlich. Es ist aber hypothetisch, darüber nachzudenken. Schließlich war ich 17 und ein Jahr lang verletzt. Die Zeit war natürlich sehr schwer. Ich bin jetzt aber seit vier Jahren verletzungsfrei und habe noch viel vor.

SPOX: Warum war es vor ein paar Jahren in Dortmund für Talente so schwer, den Sprung zu den Profis zu schaffen?

Tyrala: Mir wird oft die Frage gestellt, warum meine Freunde deutscher Meister geworden sind und ich nicht. Da lache ich aber eher drüber und mache mir überhaupt keinen Kopf. Sonst würde ich ja jeden Tag in irgendeiner Ecke sitzen. Es ist aber auch schwierig, eine Antwort darauf zu finden.

SPOX: Haben Sie zu Ihren früheren Dortmund-Kollegen noch Kontakt?

Tyrala: Ja, nur ist der Kontakt selbstverständlich nicht mehr so eng. Ich habe Nuri Sahin zur Meisterschaft gratuliert und er hat sich sehr darüber gefreut. Er verfolgt unsere Spiele auch und wünscht mir viel Glück für den Nichtabstieg. Er war mein bester Freund in der Jugendzeit und wechselt nun zu einem der besten Klubs der Welt. Da kann man nur den Hut ziehen.

SPOX: Sie wurden Ende 2008 als BVB-Nachwuchsspieler für die Nationalelf Polens nominiert. Wie überraschend kam das für Sie?

Tyrala: Das war auf jeden Fall sehr überraschend. Mein Länderspiel steht in der Vita - das kann mir keiner mehr nehmen. Im Moment interessiert mich die Nationalelf aber gar nicht, denn ich muss erst einmal in der 2. Liga Fuß fassen. Da bin ich Realist.

SPOX: Ihr Vertrag gilt nur für die 2. Liga. Wie sehen die Planungen aus?

Tyrala: Wenn wir die Klasse halten sollten, dann werde ich auf jeden Fall weiter in Osnabrück bleiben. Das ist ein toller Verein mit tollen Zuschauern. Meine Wohnung habe ich auch nicht gekündigt. Meine Frau zieht hier hin.

SPOX: Bei Energie Cottbus spielen mit Markus Brzenska, Uwe Hünemeier und Marc-Andre Kruska einige Spieler, mit denen Sie auch in Dortmund schon zusammen gespielt haben. Wäre das eine mögliche Option im Falle des Abstiegs?

Tyrala: Natürlich. Es ist wichtig, dass man Kontakte pflegt. Ich verstehe mich mit vielen Spielern in Cottbus sehr gut. Wenn wir absteigen sollten, würde ich schon gerne in Liga 2 weiterspielen. Wenn ich aber keinen Verein finden sollte, könnte ich mir auch im Abstiegsfall vorstellen, weiter beim VfL zu bleiben.

Sebastian Tyrala im Steckbrief

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