Saisonstart gelungen! Und jetzt?

Von Max Schöngen
Die Ingolstädter gehören zu den positiven Überraschungen der laufenden Saison
© getty

Der FC Ingolstadt ist eine der positiven Überraschungen der laufenden Zweitligasaison. Zu einem Zeitpunkt, zu dem in den vergangenen Jahren die Trainerdiskussion bereits in vollem Gange war, spielen die Schanzer in diesem Jahr ganz oben mit. Zehn Jahre nach der Vereinsgründung stellt sich in der Audi-Stadt die Frage, ob man bereit ist für den nächsten Schritt.

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Es dürfte ein seufzendes "Ja, geht das denn schon wieder los?" gewesen sein, das nach der ersten Runde des DFB-Pokals durch Ingolstadt ging.

Im Elfmeterschießen war die Mannschaft von Ralph Hasenhüttl gegen den Regionalligisten Kickers Offenbach rausgeflogen, auch im Ligabetrieb war es bis dato noch nicht allzu rund gelaufen. Zwei Punkte aus zwei Spielen war nicht die Ausbeute, die sich die Schanzer vor der Saison erhofft hatten.

Immerhin hatten sie in der Rückrundentabelle der Vorsaison den 6. Platz belegt, entsprechend hoch also waren wieder einmal die Erwartungen. Dass dies in Ingolstadt längst nichts zu bedeuten hat, lehrt die Vergangenheit.

Blickt man auf die zurückliegenden Jahre beim FCI, dann lassen sich gewisse Muster nicht leugnen, Muster auf die man in keinem Fall stolz sein dürfte.

Der FCI und die Startlöcher

In den Vorjahren schrillten schon oft bereits nach wenigen Spielen die Alarmglocken. Seitdem man zur Saison 2009/2010 erstmals in die 2. Liga aufgestiegen war, wurden insgesamt sechs Trainer geschasst, mit Horst Köppel, Michael Wiesinger, Benno Möhlmann und Marco Kurz wurden vier davon Opfer eines miserablen Starts.

Kein Wunder also, wenn sich so manch leiderprobter Anhänger der Ingolstädter nach dem Ausscheiden in Offenbach an die unerfreuliche Historie erinnerte und nichts Gutes ahnte, dieses Mal aber kam es anders. Fast schien es, als sei das Ausscheiden im Pokal eine Initialzündung gewesen.

Drei Siege aus den folgenden drei Partien bedeuteten zwischenzeitlich die Tabellenführung und den mit Abstand besten Saisonstart in der noch jungen Zweitligageschichte des Klubs.

"Attraktivster Fußball in der Liga"

Tabellenplatz hin oder her, für Trainer Ralph Hasenhüttl ist vor allem die Art und Weise, wie sich die Mannschaft gegenwärtig präsentiert sehr wichtig, wie er stets betont. "Im Moment spielen wir vielleicht sogar den attraktivsten Fußball in der Liga", freute sich der Österreicher jüngst gegenüber "Sport1".

So konnte er auch die beiden Remis gegen 1860 München und Aue zuletzt verschmerzen, Auftreten und Einstellung stimmten ihn zufrieden.

Aggressives Pressing, schnelles Umschalten, schnörkellos nach vorne spielen - alles Ansätze, die sich der 47-Jährige auf die Fahnen geschrieben hat und die in der laufenden Saison noch mehr fruchten als in der vergangenen.

"Besser als im Vorjahr"

Vor einem Jahr hatte er den Klub übernommen, damals standen die Schanzer nach einem desaströsen Auftakt auf dem letzten Tabellenplatz. Zu Beginn seiner Amtszeit bei den Oberbayern galt es zunächst, die völlig verunsicherte Defensive zu stabilisieren - mit Erfolg.

Am Ende der Vorsaison stand mit dem zehnten Tabellenplatz die bislang beste Platzierung der Vereinsgeschichte und wieder einmal eine hohe Erwartungshaltung zur neuen Runde, auch wenn diese mit der offiziellen Zielsetzung des Klubs - besser abzuschneiden als im Vorjahr - schnell gedeckelt wurde.

Hinzu kam, dass mit Caiuby einer der wichtigsten Spieler den Verein gen Augsburg verließ. Nach dem Weggang des Brasilianers, bisher zentrale Figur in der Ingolstädter Offensive, rücken nun andere Spieler in den Mittelpunkt.

Die neuen Gesichter

Neuzugänge wie Lukas Hinterseer oder Matthew Leckie etwa prägen das Spiel der Ingolstädter, auch Stefan Lex hat sich inzwischen in der Startelf festgebissen.

Vor allem aber Pascal Groß, der unter Marco Kurz kaum zum Zuge kam, nimmt in den Überlegungen Hasenhüttls eine zentrale Rolle ein, ist der verlängerte Arm des Trainers.

Zusammen mit Roger und Alfredo Morales sorgt der 23-Jährige für die nötige Balance zwischen Offensive und Defensive, bei der riskanten Spielweise der Schanzer oft ein sehr schmaler Grat.

Vor allem bei gegnerischem Ballbesitz gehen die Oberbayern inzwischen wesentlich mutiger als noch in der Vergangenheit zu Werke. Das bewährte Gegenpressing wurde beibehalten, beginnt nun jedoch weiter vorne, oft schon in der gegnerischen Hälfte.

Faktor Hasenhüttl

Obwohl Groß dem Vernehmen nach auch Angebote aus der Bundesliga hatte, unterschrieb er vor der Saison einen neuen Vertrag an der Donau bis 2016 - der Vertrag von Hasenhüttl endet dann ebenfalls.

Wohl kein Zufall, immerhin war der Österreicher der entscheidende Faktor der Verlängerung, wie der Mittelfeldakteur bestätigte. Nicht nur das in ihn gesetzte Vertrauen, sondern auch die Spielweise überzeugten Groß von einem Verbleib.

Geht es nach seinem Trainer, dann soll die Spielweise der Schanzer zukünftig vor allem auch mehr Zuschauer in den Audi-Sportpark locken. Obwohl der Verein derzeit so gut dasteht wie nie zuvor, kamen auch im Heimspiel gegen Aue zuletzt nicht mal 5000 Zuschauer.

Akzeptiert aber nicht geliebt

Eine Situation, die Hasenhüttl bereits aus seiner Zeit in Aalen kennt. "Wichtig ist, dass die Fans, die kommen, mit einem Lächeln nach Hause gehen, weil sie was erlebt haben. Eine Mannschaft, die sich zerreißt, Torchancen en masse herausspielt. Der Rest kommt von alleine - wenn die Leute allmählich merken, dass man beim FC Ingolstadt was versäumt, wenn man zu Hause bleibt", ist er sich sicher.

Ein beschwerlicher Weg in der oberbayerischen Stadt, wo der FCI auch zehn Jahre nach seiner Gründung noch nicht richtig Fuß gefasst hat und umringt von Traditionsvereinen wie dem FC Bayern, dem TSV 1860 München, den fränkischen Klubs Nürnberg und Fürth oder auch dem FC Augsburg, auf der Suche nach einer eigenen Identität ist.

Der Markt an großen Fußballvereinen ist gesättigt, das Fanpotenzial für einen Klub mit wenig Tradition eher gering, die Vorbehalte nach wie vor groß. Auch die Tatsache, dass der Klub aus einer Fusion des ESV und des MTV Ingolstadt entstand - zwei ehemals große Rivalen - ist nicht gerade zuträglich für die Akzeptanz in der Stadt und der Region.

Mitunter auch deshalb herrscht bisweilen die Meinung vor, dass der Schritt in Richtung Bundesliga derzeit noch zu früh käme.

Geldgeber Audi

Offiziell vom Aufstieg sprechen will beim FCI noch niemand, auch nach dem verheißungsvollen Saisonstart wurde an der ursprünglichen Zielsetzung nichts geändert. Ohnehin wäre es im Moment noch zu früh, voreilig neue Maßgaben kundzutun, die Voraussetzungen für das Oberhaus aber wurden bereits geschaffen, Audi sei Dank.

Keine Frage, der Autobauer hat in den vergangenen Jahren viel Geld in den Verein investiert, dabei stand mit dem Bau des Stadions und des Trainingsplatzes aber vor allem die Infrastruktur im Mittelpunkt.

In Sachen Kaderinvestitionen hat sich die VW-Tochter bislang verhältnismäßig zurückgehalten, der Etat der Schanzer war in den vergangenen Jahren allenfalls Mittelmaß in der 2. Liga.

Als Marke aufwerten

Eine Herzensangelegenheit sei der Klub, hieß es einst von Seiten des Konzerns, der den Verein wohl gerne so schnell wie möglich in der Bundesliga sehen würde, jedoch nicht unter dem Motto "Koste es, was es wolle", wie manch andernorts in der Liga.

Das passt zur Philosophie des Trainers. Er will sich mit seiner Mannschaft in der Liga etablieren, den FC Ingolstadt als Marke aufwerten, nachhaltiges Wachstum schaffen, Talente fördern, wie er zuletzt nicht müde wurde zu betonen.

Sollte es am Ende zu mehr reichen, würde sich wohl auch er nicht wehren. Planbar ist der Aufstieg in die Bundesliga ohnehin nicht, auch das weiß man inzwischen in Ingolstadt.

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