Für den Karlsruher SC waren die letzten Jahre eine Achterbahnfahrt, doch Markus Kauczinski hat sich über 13 Jahre konstant beim Verein aus Baden gehalten und sich nach oben gearbeitet. Im Interview spricht der Trainer des KSC über die Stärken seiner Mannschaft, den Rückhalt der Verantwortlichen und seine Zeit als Interims- und Jugendtrainer.
SPOX: Herr Kauczinski, der KSC ist gut in die Saison gestartet, gegen Kaiserslautern, Leipzig und Ingolstadt gab es aber drei Niederlagen in Folge. Nach der Pleite in Kaiserslautern kündigten Sie Veränderungen an. Wie mussten diese aussehen?
Kauczinski: Es waren die kleinen Sachen, die uns auch stark gemacht haben. Wir sind ein gut eingespieltes Team, das von seinen Automatismen lebt: Dem gemeinsamen Angreifen, dem gemeinsamen Verteidigen. Da hatten wir in den den Niederlagen zu viele Nachlässigkeiten.
SPOX: Bei den Gegnern handelte es sich allerdings um drei Aufstiegsaspiranten. Spielte die Stärke der Gegner auch eine Rolle?
Kauczinski: Nein, zumindest nicht ausschließlich. Natürlich ist es gegen Mannschaften, die individuell stärker sind, noch einmal etwas anderes. Wir haben es aber auch schon umgekehrt bewiesen. Gegen Düsseldorf haben wir gewonnen, gegen Bochum haben wir Unentschieden gespielt - hatten aber auch da das Gefühl, gewinnen zu können. An den Tagen lag es an uns.
SPOX: In der letzten Saison wurden sie starker Fünfter. Was fehlt momentan für die Aufstiegsplätze?
Kauczinski: Uns fehlt die Konstanz. Wenn wir unseren besten Fußball spielen, dann sind wir in der Lage, jeden zu schlagen. Das haben wir bewiesen. Wir haben aber noch nicht bewiesen, dass wir das konstant können. Wir brauchen im Spiel die Konsequenz in beide Richtungen. Konsequentes Verteidigen hinten und konsequente Chancenverwertung vorne. Die letzte Bissigkeit und die letzte Giftigkeit fehlen uns noch.
SPOX: Eine große Stärke Ihres Teams ist das Umschaltspiel. Wie setzt die Mannschaft das am besten um?
Kauczinski: Wir müssen kompakt agieren. Das sind zwar im ersten Moment Schlagwörter, die alle benutzen, aber da stecken viele kleine Details dahinter. Individuelles Anlaufen, Zweikampfverhalten, Bälle fordern, Wege in die tiefen Räume gehen, Nachschieben bei Ballgewinn. Dahinter verstecken sich nochmal sieben, acht, neun Unterbegriffe. Das müssen wir analysieren und vor allen Dingen in Übungsformen trainieren. Es dürfen nicht nur Schlagwörter bleiben, sondern diese sollen zum Verhalten auf dem Platz werden und die Trainer müssen dabei unnachgiebig bleiben.
SPOX: Wie impfen Sie das Ihrem Team ein? Nehmen sie uns doch einmal mit in eine Woche der 2. Liga.
Kauczinski: Einen Tag nach dem Spiel steht die Erholung an, zusätzlich die erste, oberflächliche Einschätzung des Spiels. Am zweiten Tag ist dann frei, außer wir haben eine englische Woche. Am dritten Tag kommt dann der Ball ins Spiel, wir machen allgemeines Training, um wieder reinzukommen und um uns wieder zu aktivieren. Dann folgen Zweikampfeinheiten, die Physis wird angezogen. Und dann die letzten zwei bis drei Tage vor dem Spiel folgt die Ausrichtung auf den Gegner mit taktischen Überlegungen: Was zeichnet den Gegner aus? Was sind die Schwächen? Wie müssen wir angreifen? In verschiedenen Spielformen oder in gestellten Situationen werden diese Dinge dann umgesetzt.
SPOX: Sie sind schon seit 2001 beim KSC, haben die A- und B-Jugend trainiert und waren mehrmals Interimstrainier. Wie stark ist ihre emotionale Bindung zum Klub?
Kauczinski: Es ist natürlich eine hohe Bindung da. Während meiner Anfangszeit war das ein Kommen und Gehen an Managern, Präsidenten und Cheftrainern. Da haben wir einiges erlebt in fast 14 Jahren. Der Verein hat immer ein wechselndes Gesicht gehabt, für mich war es aber irgendwie konstant. Mein Sohn war zweieinhalb Jahre alt, als wir aus Gelsenkirchen gekommen sind. Für ihn ist das hier die Heimat. Die Verwurzelung mit dem Verein und der Stadt Karlsruhe ist schon tief. Das ist etwas Besonderes.
SPOX: Ist es ein komisches Gefühl als Interimstrainer aktiv zu sein, wenn man quasi nur eine Übergangslösung ist?
Kauczinski: Überhaupt nicht! Das war eine geile Erfahrung und ein großes Abenteuer. Klar fällt es einem schwer loszulassen, wenn man kommt, etwas verändert und damit auch noch erfolgreich ist. Es ist ein tolles Gefühl, in einer Krisensituation zu kommen, das zu meistern und die richtigen Entscheidungen zu treffen.
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SPOX: Wie war es dann 2012, von Oliver Kreuzer zum Cheftrainer befördert zu werden? Der KSC lag damals auf Platz 17 in Liga zwei.
Kauczinski: Die Wertschätzung habe ich schon immer gespürt, egal ob von Oliver Kreuzer oder vom Präsidium - ich hatte davor schlichtweg keine Lizenz, um Cheftrainer zu werden. Als ich die Prüfung gemacht habe, war ich vier Tage später plötzlich Coach. In so einer Krisensituation diese Aufgabe übergeben zu bekommen, ist eine hohe Bürde - aber eben auch eine Herausforderung.
SPOX: Und diesen Rückhalt vom Präsidium spüren sie noch heute?
Kauczinski: Ja, ich habe absolute Rückendeckung. Wir sind uns absolut einig über den Weg des Klubs, dass es mit kleinen Schritten vorangeht. Uns ist allen noch im Gedächtnis, wie es die Jahre vorher war, eine Achterbahnfahrt, in der wir ums Überleben gekämpft haben. Nach dem Aufstieg haben wir eine gute Zweitligasaison gespielt, jetzt sind wir Siebter. Wir haben natürlich Erwartungen geweckt, aber wir wissen auch, wo wir herkommen. Es gibt in einigen Dingen noch Luft nach oben, wie bei der Infrastruktur und der Entwicklung der Spieler.
SPOX: In Sachen Rückendeckung dürfen Sie sich dann ja glücklich schätzen, wenn man sich Kollegen wie Jens Keller anschaut.
Kauczinski: Ich glaube, jeder weiß, wie dieses schnelllebige Geschäft ist und wie es sein kann. Es geht um den Verein und um Existenzen. Wenn die Zukunft in Gefahr ist, ist der Trainer als sportlich Verantwortlicher der Erste, der infrage gestellt wird. Dafür wird man auch gut bezahlt, damit kann man leben. Ich habe aber nicht das Gefühl, hier jahrelang über meinem Limit gearbeitet zu haben. Deshalb ist es immer gut, wenn die Verantwortlichen eine gesunde Einschätzung haben. Aber auch ich muss mich hinterfragen lassen und mich für die Ergebnisse verantworten. In einem normalen Job wird man in hohen Positionen auch zur Verantwortung für Handlungen gezogen. Prinzipiell finde ich es immer gut, wenn man Geduld hat. Aber ich als Trainer muss auch mal einem Spieler sagen: 'Jetzt geht es nicht anders, jetzt habe ich dir genug Chancen gegeben.'
SPOX: Kommen wir auf die Infrastruktur zurück. Ein neues Stadion ist gerade in der Planung. Verspüren Sie Vorfreude auf die neue Spielstätte?
Kauczinski: Vorfreude ist gut, scherzhaft könnte man sagen: mal sehen ob ich das noch erlebe (lacht). Aber wir freuen uns natürlich, für den Klub ist es überlebenswichtig, um die nächsten Schritte zu gehen und finanziell noch stabiler zu werden. Aber sollte die Entscheidung, mit dem Bau zu beginnen, jetzt fallen, ist es vielleicht 2019 fertig. Ich würde mich jetzt nicht trauen zu sagen: "In fünf Jahren bin ich noch hier". Ich unterstütze das Projekt natürlich, man wird sehen, wo ich dann bin.(lacht)
SPOX: Könnten Sie sich nach so langer Zeit beim KSC einen Wechsel zu einem anderen Verein überhaupt noch vorstellen?
Kauczinski: Das kann ich mir absolut vorstellen. Ich bin 44, meine Trainer-Karriere hat gerade erst angefangen. Der Wechsel damals von Schalke zu Karlsruhe war ein Abenteuer, der Schritt ins Ungewisse hat mich aber dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Ich stehe Veränderungen offen gegenüber. Wenn ich eine Entwicklung sehe und es eine Perspektive gibt, gehe ich natürlich den Weg beim KSC weiter.
SPOX: Sie haben ihre Vergangenheit auf Schalke schon angesprochen. Wie sind ihre Erinnerungen an diese Zeit?
Kauczinski: Das war noch etwas Unberührtes, Jungfräuliches als Trainer in der Jugend. Man hatte einfach Spaß an der Arbeit und Spaß am Fußball. Man bekommt unheimlich viel zurück von den Spielern, wenn die Karriere und das Geld noch nicht so im Vordergrund stehen. Das war irgendwie reiner.
SPOX: Was sind die großen Unterschiede gerade im Training zwischen Profis und Jugendspielern?
Kauczinski: Die Jungs sind im Wachstum und müssen natürlich ganz anders belastet werden. Und als Jugendkoordinator war das natürlich eine viel umfassendere Arbeit. Man muss sich um das Training kümmern, Spieler sichten und verpflichten, mit den Mannschaften zum Bahnhof fahren. Man muss schauen, wie die Jungs zum Training kommen, es gibt Schulprobleme, bei den Eltern muss man Rede und Antwort stehen. Das ist etwas ganz anderes als im Profibereich. Dort hält das Team einem den Rücken frei und man kann sich viel mehr auf den Fußball konzentrieren.
SPOX: Ein schwieriges Thema sind die immer wieder aufkommenden Ausschreitungen der Fans. Beim Spiel gegen Kaiserslautern gab es wieder erhebliche Probleme. Wie sehr belastet das einen Trainer?
Kauczinski: Im ersten Moment ist es nicht wirklich belastend, denn direkt nach dem Spiel steckst du als Trainer im Alltag, in festgelegten Abläufen. Das ist natürlich nie schön, aber man muss die Nerven bewahren. Es schadet auch dem Verein, wenn er in solche Schlagzeilen gerät. Wir hatten in der dritten Liga schon ein Geisterspiel gegen Osnabrück, das nicht schön war. Es ist ärgerlich, wenn sich die Dinge wiederholen.
SPOX: Die Diskussion, die sich daraus auch entwickelt hat, ist die Entscheidung über ein Montagsspiel für den KSC. Sie spielen meist Samstag oder Sonntag. Hätten Sie mal wieder Lust auf ein Abendspiel?
Kauczinski: Das ist für uns im Sport kein großes Thema. Wir wurden letztes Jahr nicht berücksichtigt, aber ich sehe keine böse Absicht dahinter. Wir jammern nicht, vielleicht klappt es ja im neuen Jahr.
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