Am Mittwochabend aber saß er in Ingolstadt nun leibhaftig auf der Bank des FC St. Pauli: Ewald Lienen. Und was seine neue Mannschaft zeigte, gab trotz des 1:2 (0:1) beim souveränen Tabellenführer und Herbstmeister FCI Anlass zur Hoffnung. "Es war völlig klar, dass wir der Underdog sein würden und Ingolstadt der Topfavorit", sagte Lienen. "Was wir uns aber vorgenommen haben, war, einen Schritt in die richtige Richtung zu machen. Das ist uns gelungen."
In der Tat spielte St. Pauli, nun seit neun Spielen sieglos und Schlusslicht der Tabelle, zumindest defensiv etwas besser organisiert, auch wenn nach vorne lange nicht viel ging. Er sei mit der Abwehrarbeit "sehr zufrieden", sagte Lienen, der zuletzt am 15. Mai 2011 in Deutschland auf einer Trainerbank gesessen hatte - während eines 1:1 von Arminia Bielefeld bei Alemannia Aachen.
Groß zerstört die Hoffnung
Dreieinhalb Jahre später bekam er die Stärken, aber auch die Defizite seiner neuen Mannschaft zu sehen und zu spüren. St. Pauli ließ recht wenig zu, leitete aber das Ingolstädter 1:0 durch Mathew Leckie (22.) mit einem Fehlpass (von Bernd Nehrig) selbst ein.
Und nach einer spielerischen und kämpferischen Steigerung, die im 1:1-Ausgleich durch Sebastian Schachten (78.) resultierte, währte die Freude nur zwei Minuten. Dann traf Pascal Groß und zerstörte die Hoffnung, Ewald Lienens Einstand könne sogar mit einem überraschenden Punkt enden.
Sieben Punkte Rückstand
In den kommenden Tagen wird er wenig Zeit haben, seine neue Mannschaft grundlegend zu analysieren und umzugestalten. Diese Chance erhält er erst in der Winterpause, nach dem enorm wichtigen Duell mit dem ebenfalls abstiegsbedrohten VfR Aalen am Samstagnachmittag (13 Uhr im LIVE-TICKER).
Verliert St. Pauli am Millerntor, beträgt der Rückstand auf Platz 15 bereits sieben Punkte - viel Holz, selbst für einen wie Lienen, dessen Amtsantritt auch angesichts der kuriosen Umstände nicht gerade Euphorie ausgelöst hat.
Viele Baustellen
Eher war es Verwunderung. Mit Lienen, der sich dem Regen im Trainingsanzug und mit Vereinsmütze aussetzte, hatte nun wirklich so gut wie niemand gerechnet. Ebenso überraschend war die Berufung des erfolglosen Trainers Thomas Meggle zum Sportdirektor anstelle des entlassenen Rachid Azzouzi.
Baustellen gibt es viele. Der Kader erscheint wenig umsichtig zusammengestellt, die Mannschaftsteile harmonieren selten, individuelle Fehler ruinieren die "guten Ansätze", die auch Lienen ausgemacht hatte.
"Am Ende stehen wir, was die Schlüsse aus dem Spiel angeht, nicht mit leeren Händen da", betonte er. Was die Punkte angeht, gleichwohl schon. Lienen muss das ändern. Schnell. Zweifler gibt es genug - und Friedhelm Funkel? Der ist seit Anfang April ohne Job.
Ewald Lienen im Steckbrief