Er schoss die deutsche U17-Nationalmannschaft 2009 mit seinem Freistoß zum EM-Titel. Früh galt er als großes Talent im deutschen Fußball. Nun spielt er bei der SpVgg Greuther Fürth, den ganz großen Durchbruch hat er bisher nicht geschafft. Florian Trinks spricht im Interview über Fehler der Vergangenheit, Charakterzüge, die er nicht ablegen kann, emotionale Trainer und den Hype im Fußball.
SPOX: Herr Trinks, Ihr Coach Stefan Ruthenbeck bemängelte zuletzt, dass es für die SpVgg Greuther Fürth schwer wäre, in dieser "Scheißliga" erfolgreich zu sein. Wie sehen Sie das?
Florian Trinks: Ich finde die 2. Liga durchaus interessant und spannend, alleine weil sie so ausgeglichen ist. Allerdings sehe ich jetzt nicht, dass wir mit der SpVgg Greuther Fürth nicht erfolgreich sein können. Wir haben schon bewiesen, dass wir mit unserer Art Fußball zu spielen, Punkte holen können. Aber uns fehlt eben noch die Konstanz, die in der 2. Liga entscheidend ist. Nicht umsonst ist mit dem SV Darmstadt 98 ein Team im letzten Jahr aufgestiegen, das nicht unbedingt den schönsten Fußball gespielt hat, sondern konstant gepunktet hat.
SPOX: Würden Sie sagen, dass sich das Team nach neun Spielen an den neuen Trainer und seine Vorstellung von Fußball gewöhnt hat?
Trinks: Wenn man einen neuen Weg mit einem Trainer einschlägt, ist die Entwicklung der Mannschaft nie wirklich abgeschlossen. Man versucht sich als Mannschaft immer weiter zu entwickeln. Unser Ziel muss es einfach sein, kontinuierlich Punkte zu holen und nicht einem überragenden Spiel drei schwache Partien folgen zu lassen.
SPOX: Ruthenbeck war in Aalen für seine emotionale Art bekannt und gilt als besonderer Coach mit einem interessanten Werdegang. Was zeichnet ihn aus?
Trinks: Er macht sich viele Gedanken über den kommenden Gegner, bereitet uns in der Woche perfekt auf die anstehenden Aufgaben vor. Seine emotionale Art kann ich absolut bestätigen, wobei er an der Seitenlinie nicht ganz so laut ist wie vorher zum Beispiel Mike Büskens. (lacht)
SPOX: Sie hatten durchaus schon interessante Trainer-Typen in Ihrer Laufbahn. In Bremen arbeiteten Sie mit Thomas Schaaf zusammen und galten Sie früh als großes Talent, haben dort den Durchbruch aber nicht geschafft. Was lief damals verkehrt?
Trinks: Zunächst einmal muss man festhalten, dass ich mich damals entschied, einen neuen Weg einzuschlagen. Ich war mir nicht sicher, ob ich dauerhaft bei Werder im Profiteam zum Einsatz kommen würde. Ich pendelte bei Werder zwischen der 1. und der 2. Mannschaft.
SPOX: Woran lag es, dass Sie sich nicht dauerhaft etablieren konnten?
Trinks: Ich hätte vielleicht ein paar mehr Tore schießen müssen oder die eine oder andere Vorlage mehr geben müssen, ganz einfach. Das ist mir inzwischen auch bewusst. Es ist aber schwer, wenn man in ganz jungen Jahren so früh hochkommt, das alles im Kopf richtig zu verarbeiten. Ich habe in der einen oder anderen Situation falsch reagiert und die handelnden Personen spüren lassen, dass ich mit deren Entscheidung unzufrieden war. Damit habe ich mir natürlich viel kaputt gemacht.
SPOX: Waren Sie mit der Entscheidung der Trainer nicht einverstanden oder war es mehr der Ärger über die eigens gezeigte Leistung?
Trinks: Als junger Spieler ist man einfach zu ungeduldig. Ich hatte die ersten Bundesligaspiele absolviert und wollte dann den dritten vor dem zweiten Schritt machen - das funktioniert so aber nicht. Thomas Schaaf hat mich auch mal in die 2. Mannschaft geschickt, damit ich dort Spielpraxis sammele. Das habe ich nicht verstanden und habe es nach außen offen gezeigt. Jetzt sehe ich das natürlich anders und weiß, dass mein Verhalten damals schwachsinnig war. Ich kann mir vorstellen, dass es damals nicht gerade einfach war, mit mir zu arbeiten, wenn ich nicht jede Entscheidung, die der Trainer gefällt hatte, akzeptieren konnte. Aber hinterher ist man immer schlauer. (lacht)
SPOX: Sie sagten einmal, dass Sie früher wesentlich impulsiver waren und das Leben so viel schöner sei, wenn es nicht ausschließlich aus Fußball bestehe. Kann man sagen, dass Sie inzwischen erwachsen geworden sind?
Trinks: Ich hoffe doch! (lacht) Natürlich habe ich mich entwickelt. Wenn ich jetzt schlecht trainiere oder wir verlieren, dann lasse ich das meine Mitmenschen nicht mehr so sehr spüren. Mittlerweile habe ich auch gelernt, dass es noch ein Leben außerhalb des Fußballs gibt und dass es auch nichts bringt, sich den ganzen Tag damit zu beschäftigen - im Gegenteil, so etwas hemmt einen mehr. Der Fußball ist zwar immer noch mein Lebensmittelpunkt, aber er ist nicht mehr alles im Leben. Ich habe gelernt, dass man nach einer schlechten Einheit am Morgen trotzdem noch einen schönen Nachmittag haben kann. Das war ein wichtiger Schritt für mich. Im Fußball läuft nicht immer alles so, wie man sich das vorstellt. Wie im echten Leben eben auch.
SPOX: Haben Sie sich früher selbst zu viel Druck gemacht?
Trinks: Das kann schon gut sein. Ich bin ein Mensch, der von Natur aus selbstkritisch ist. Das ist zwar noch nicht ganz abgelegt, aber schon viel besser geworden als früher. Ein Stück weit wird man immer der sein, der man ist. Manche Charakterzüge kann man eben nicht ändern. Ich arbeite weiter an mir, aber so ganz werde ich das nicht wegkriegen. (lacht)
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SPOX: Nach Ihrem Wechsel zu Fürth sagten Sie, dass es Ihnen wichtig sei, dass Sie auch Freunde außerhalb des Fußballs hätten. Sie hätten dadurch inzwischen gelernt abzuschalten und wären daher ein besserer Profi. Wie wichtig ist Ihnen Ihr soziales Umfeld?
Trinks: Das ist doch etwas ganz Banales. Mir war es immer wichtig, Leute aus der Stadt kennenzulernen, um sich hier auch heimisch zu fühlen. Dadurch hat man auch die Möglichkeit, außerhalb des Platzes tolle Dinge zu erleben und kann so besser abschalten. Ob ich dadurch jetzt wirklich ein so viel besserer Profi bin, kann ich nicht beurteilen. Das habe ich damals vielleicht zu schnell daher gesagt. Ich habe schon immer sehr professionell gelebt, auf meine Ernährung geachtet, geschaut, dass ich ausreichend schlafe und meinen Körper gepflegt.
SPOX: Sie sind inzwischen 23. Wir leben in einem Zeitalter der sozialen Medien. Sie scheinen sich dafür hingegen nicht begeistern zu können. Man findet Sie nicht bei Facebook. Sie haben keinen Instagram-Account und sind nicht bei Twitter aktiv...
Trinks: Ich bin einfach kein großer Fan davon. Das kann jeder selbst handhaben, wie er möchte, aber wofür soll ich denn als Zweitliga-Profi eine Fanpage auf Facebook haben? Ich muss nicht jeden an meinem Leben teilhaben lassen, so spannend ist es nun auch wieder nicht. (lacht) Wenn ich jetzt Nationalspieler wäre, würden sich vielleicht auch mehr Leute für mich interessieren, dann könnte man darüber vielleicht nachdenken. Aber so muss ich nicht zu allem ein Foto hochladen.
SPOX: Es wirkt fast so, als könnten Sie dem Fußball-Zirkus mit all seinen ganzen Facetten nichts abgewinnen. Sie wirken nicht wie ein typischer 23-jähriger Fußballer in der heutigen Zeit. Oder trügt der Schein?
Trinks: Nicht falsch verstehen, ich genieße es sehr, dass ich Profi bin. Ich liebe es, wenn die Zuschauer mir zujubeln und wir für Spektakel sorgen können. Aber nach dem Schlusspfiff ist es dann auch mal gut und ich bin froh, wenn ich dann in meine Home Base zurückkehren kann. Das ist mir lieber, als mich ständig in der Öffentlichkeit zu zeigen - das war noch nie mein Fall. Vielleicht bin ich auch einfach uncool? (lacht)
SPOX: Das würden wir nach dem jetzigen Gespräch so nicht unterschreiben. Aber tatsächlich ist es auffällig, dass es ganz wenige Interviews von Ihnen zu lesen gibt...
Trinks: Ich hatte jetzt auch nicht mein bestes Jahr, von daher gab es halt auch nicht so viel zu berichten. Hätte ich in der vergangenen Saison 15 Tore geschossen, hätte das wohl anders ausgesehen.
SPOX: Kommen wir doch einmal zu Ihren Anfängen. Sie sind im thüringischen Gera geboren und wechselten mit 14 von Carl-Zeiss Jena zu Werder Bremen ins Internat. Wieso verschlug es Sie damals ausgerechnet nach Bremen?
Trinks: Ich wurde auf einem Stützpunkturnier gesichtet, Werder lud mich daraufhin nach Bremen ein und zeigte mir das Nachwuchsleitungszentrum. Ich habe mich dort direkt wohl gefühlt. Bis heute sage ich, dass der Wechsel nach Bremen die beste Entscheidung meines Lebens war. Auch wenn er etwas seltsam zustande kam...
Trinks: Zwischen Werder und Jena gab es damals einen Kooperationsvertrag, der allerdings auslief. Daher wollte mich Jena möglichst an Werder verkaufen, damit der Vertrag anschließend wieder verlängert werden konnte. Ich wurde quasi zu meinem Glück gezwungen - aber der Kooperationsvertrag wurde anschließend trotzdem nicht verlängert.
SPOX: Wie haben Sie die Zeit im Werder-Internat damals erlebt? Immerhin waren Sie viele Kilometer von Zuhause und den Eltern weg...
Trinks: Ich hatte überhaupt keine Probleme damit, ich habe sofort Freunde gefunden. So hatte ich auch kein Heimweh, es lief eigentlich alles rundherum perfekt.
SPOX: Viele Spieler, die einen ähnlichen Weg gingen, sagen, dass Sie nur das Ziel Profi-Fußball im Kopf hatten und sich über sonst nichts Gedanken gemacht haben. War das bei Ihnen ähnlich?
Trinks: Das ist eine schwierige Frage. Natürlich gibt es für einen 14-Jährigen im ersten Moment nur den Traum vom Profi-Fußball. In dem Alter ist man doch noch gar nicht in der Lage, über den Tellerrand hinaus zuschauen. Auch für mich gab es nichts anderes. Wobei ich dazu sagen muss, dass bei mir alles relativ schnell ging. Ich übersprang die eine oder andere Jugendmannschaft, wurde dann für die U-Nationalmannschaften nominiert - und dann hast du nur noch das eine Ziel. Und diesem wurde alles andere untergeordnet.
SPOX: Wenn Sie jetzt einmal zurückblicken, würden Sie alles noch einmal genauso machen? Oder gibt's irgendeinen Punkt, an dem Sie sagen: "Nein, das würde ich so nicht mehr machen..."
Trinks: Als Fußballer kann man immer sagen, dass man etwas anders hätte machen können. Aber ich bin inzwischen so gefestigt, dass ich zufrieden damit bin, wie es ist. Natürlich möchte ich mehr spielen oder vielleicht auch bei einem Erstligisten unter Vertrag stehen, aber das ist ja ganz normal. Ich habe schon viel erlebt und viele schöne Momente gehabt, von daher darf und will ich mich nicht beklagen. Aber in der einen oder anderen Situation hätte ich mich anders verhalten müssen, das muss ich eingestehen.
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Florian Trinks im Steckbrief