Mittlerweile habe er die Entlassung bei den Ostwestfalen verarbeitet, allerdings habe dies seine Zeit gebraucht: "Nach so einer Geschichte ist es wichtig, erst mal den Kopf frei zu kriegen, zu reflektieren, sich Gedanken zu machen und zu analysieren, was in diesen sechs Monaten Paderborn gut und weniger gut gelaufen ist. Dafür braucht man Zeit. Deswegen war es ein bewusster Schritt, nicht in der Öffentlichkeit präsent zu sein und Abstand zu gewinnen", sagte der 48-Jährige im Interview mit der Bild.
Erlebe die Highlights der 2. Bundesliga auf DAZN. Hol Dir Deinen Gratismonat
Beim Blick zurück auf seine Zeit bereut Effenberg vor allem die Suspendierung von Mahir Saglik, Srdjan Lakic und Daniel Brückner - vor allem, weil er sie selbst nicht entschieden habe: "Wir hatten Mitte Dezember gegen Bochum 0:4 verloren. Ich wusste, dass diese Niederlage in irgendeiner Form Konsequenzen haben wird. Die Konsequenz war, dass Präsident Wilfried Finke am nächsten Morgen mit mehreren Vertrauten in meiner Kabine saß und sagte: Lakic, Saglik und Brückner werden jetzt suspendiert. Ich fragte: Mit welcher Berechtigung? Sportlich und menschlich gab es überhaupt keinen Grund für mich. Dann wurde gesagt: Deren Verträge laufen ohnehin aus, wir müssen jetzt ein Zeichen setzen - und Sie werden das gleich verkünden!"
Überbringer der Entscheidung
Gegen diese Ansage habe er sich nicht wehren können: "Ich war der Überbringer der Entscheidung, konnte sie aber nicht verstehen. Ich habe dann anschließend in der Trainerkabine gesessen und geweint, weil ich es sportlich und auch menschlich absolut nicht nachvollziehen konnte."
Für die Struktur des Teams sei die Aktion "ein Genickbruch" gewesen: "Du hast ja eine Struktur in dem Team, eine Hierarchie. Und die ist dadurch teilweise weggebrochen."
Dass er die Mannschaft "nicht im Griff" gehabt habe, bestreitet Effenberg inständig: "Wer so etwas behauptet, an dessen sportlicher Kompetenz muss ich doch sehr zweifeln. Im Allgemeinen gilt für mich: Der Präsident, der Manager und der Trainer müssen eine intensive Zusammenarbeit pflegen und mit einer Stimme in der Öffentlichkeit sprechen. Das war hier leider nicht der Fall. Eine gute Zusammenarbeit sieht definitiv anders aus."
Schwierigkeiten mit Finke
Die Zusammenarbeit mit Klub-Boss Wilfried Finke sei schwierig gewesen: "Ich wusste nie, woran ich bei Herrn Finke bin. Mal hieß es, ich hätte nur noch vier Spiele. Mal hieß es, ich würde auch bei Abstieg bleiben. Echte Rückendeckung sieht anders aus."
Dass Finke nach Effenbergs Entlassung nachtrat, war für Effenberg "die größte Enttäuschung meines Lebens. Ich war sprachlos. Er hat ja kaum ein sportliches Argument angeführt! Ich habe Fehler gemacht, zu denen ich auch stehe. Aber mir alles vorzuwerfen - nein, definitiv nicht."
Ambitionen als Trainer
An seiner eigenen Ambition, weiter Trainer zu bleiben, hat das Erlebnis Paderborn jedoch nichts geändert: "Auch wenn die sportlichen Ergebnisse nicht zufriedenstellend waren, diese Zeit hat mir verdeutlicht, wie sehr ich den Job als Trainer liebe und wie viel Spaß er mir bringt."
Verbrannt sieht er sich als Trainer nicht - wenngleich er um die Schwierigkeit der Situation weiß: "Es sieht natürlich nicht gut aus. Aber nicht jede Trainerkarriere geht mit einem Erfolg los. Es ist wichtig, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Wenn man aus den Fehlern lernt, dann wird der Weg weitergehen. Und der muss auch weitergehen. Meine Motivation ist groß, das zu schaffen."
Stefan Effenberg im Steckbrief