SPOX: Präsident weg, Sportvorstand weg, Trainer weg - der VfB war nach dem Abstieg komplett kopflos. Hatten Sie ein ungutes Gefühl, dass Männer aus der Wirtschaft die Zukunft des Vereins planen?
Gentner: Die Phase nach der Saison war sicherlich schwierig. Durch die zahlreichen Abgänge ist ein Vakuum entstanden. Da bis zum Saisonstart wenig Zeit war, mussten recht schnell Entscheidungen getroffen werden. Höchste Priorität hatte deshalb die Verpflichtung eines Trainers.
SPOX: Sollte nicht zunächst ein Sportdirektor geholt werden?
Gentner: Der Verein war in einer schwierigen Situation und hatte wenig Zeit zu handeln. Am Ende hat es nicht wie gewünscht funktioniert. Vielleicht war die Reihenfolge nicht optimal. Aber am Ende ist man bekanntlich immer schlauer.
SPOX: Hat denn Aufsichtsratchef Martin Schäfer im Sommer nicht bei Ihnen angeklopft und nach Ihrer Meinung gefragt?
Gentner: Wir tauschen uns regelmäßig aus.
SPOX: Kam der Rücktritt von Jos Luhukay auch für die Spieler aus heiterem Himmel oder zeichnete sich das bereits ab?
Gentner: Das war für uns schon überraschend. Wir hatten keinen optimalen Start in die Saison, aber es sah dennoch nicht nach einem Trainerwechsel aus. Abseits des Platzes hat es eben nicht gepasst. Deshalb war es im Nachhinein auch der einzig logische Schritt. Das ist allerdings alles Schnee von gestern. Ich bin davon überzeugt, dass jetzt in eine Richtung gedacht und gehandelt wird.
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SPOX: Sie sprechen den Umbruch an. Auf den eher altmodisch wirkenden Luhukay kam mit Hannes Wolf ein erfrischender Trainer. Was hat sich in der täglichen Arbeit verändert?
Gentner: Obwohl ich inzwischen schon viele Trainer erlebt habe, vergleiche ich einzelne ungern miteinander. Denn jeder hat seinen eigenen Stil. Hannes Wolf ist ein junger Coach, der in seiner Art sehr motivierend ist. Er geht häufig ins Detail. Das tut dem Team sehr gut.
SPOX: Wie sieht das aus?
Gentner: Er legt großen Wert auf ein sehr sauberes Passspiel. Die Fortschritte merken wir bereits. Wir machen zudem sehr viele detaillierte Videoanalysen von unserem Training, dem Gegner und von anderen Mannschaften. Die angesprochenen Themen werden dann im nächsten Training umgesetzt.
SPOX: Der VfB befindet sich medial in einer schweren Situation. Fast alle rechnen mit einem Durchmarsch. Kämpft Stuttgart überhaupt noch gegen den Gegner oder nur gegen sich selbst?
Gentner: Der Gegner sollte und muss immer das größte Problem sein. Das ist aber auch jedem einzelnen von uns klar. Wir haben schon einige Male festgestellt, dass wir auch in der 2. Liga gegen sehr gute Mannschaften spielen müssen. Viele wollen nach oben, wir gehören zu dieser Gruppe. Wir sind momentan nicht so weit, dass wir uns da absetzen oder abheben können. Es wird bis zum Ende der Saison eine enge Geschichte.
SPOX: Ist es nicht nervig, immer auf diesen Favoritenstatus angesprochen zu werden? Das nimmt ja schon Züge wie beim FC Bayern an.
Gentner: Ich weiß nicht, wo die Leute, die den VfB schon jetzt in die Bundesliga reden, die Überzeugung hernehmen. Wir waren letzte Woche noch Tabellenzweiter und nur wenige Punkte vom Dritten entfernt. Es gibt viele andere Mannschaften mit hoher Qualität, die auch das Ziel haben, oben mitzuspielen. Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen. Bis Weihnachten haben wir ein schweres Programm vor der Brust. Erst nach der Vorrunde können wir ein Zwischenfazit ziehen.
SPOX: Die 2. Liga ist für den VfB auch die Möglichkeit, sportlich eine solide Basis zu schaffen. Könnte dieses Ziel mit dem Aufstieg kollidieren?
Gentner: Das primäre Ziel ist es, in die Bundesliga aufzusteigen. Daran muss wirklich alles gesetzt werden. Sollte das klappen, hätte der Verein in der kommenden Sommerpause immer noch die Möglichkeit, auf verschiedenen Positionen nachzurüsten. Wenn wir es schaffen, Stabilität ins Team zu bekommen und gleichzeitig Spieler mit großer Perspektive einzubauen, dann wäre das der Optimalfall.
SPOX: Was würde passieren, wenn der VfB in der 2. Liga bleibt?
Gentner: Das wäre sicherlich schlecht für den Verein. Über diese Szenarien denke ich allerdings nicht wirklich nach. Jetzt haben wir die große Chance und die müssen wir nutzen.