1. FC Köln - Johannes Geis im Interview: "Schalke? Nach zwei schlechten Spielen war man der Buhmann"

Von Robin Haack
Johannes Geis kam beim FC Schalke 04 nie richtig in die Spur.
© getty

Im Interview spricht Johannes Geis über seinen Wechsel nach Köln, die Krise bei Schalke 04, Rückschläge und die Ehrfurcht, gegen Messi zu spielen. Nach "der härtesten Zeit" seiner Karriere beim FC Schalke 04 kann Johannes Geis beim 1. FC Köln endlich wieder lachen. Seit Januar schnürt der 25-Jährige die Schuhe für die Domstädter, wo er unter Trainer Markus Anfang in der 2. Bundesliga sofort eine Schlüsselrolle einnimmt.

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SPOX und Goal haben den zentralen Mittelfeldspieler zum Interview getroffen und mit ihm unter anderem über den Kölner Karneval, Anerkennung, seinen Wechsel zum Effzeh und seine Zeit in Gelsenkirchen gesprochen.

Außerdem erzählt Geis von seiner Zeit beim FC Sevilla und verrät, warum er vor seiner ersten Begegnung im Camp Nou gegen den FC Barcelona besonders aufgeregt war.

Johannes, Karneval steht vor der Tür und in Köln wird auch in diesem Jahr wieder die Hölle los sein. Welchen Bezug haben Sie zur fünften Jahreszeit?

Johannes Geis: Ich bin mit Karneval aufgewachsen, denn auch bei uns in Franken gibt es viele Umzüge, die ich als Kind immer gern besucht habe. Obwohl ich nie der allergrößte Jeck war, freue ich mich, dass ich in diesem Jahr auf dem FC-Wagen mitfahren darf.

Beim Effzeh wird man sicher zwangsläufig zum Jecken.

Geis: Ich bin offen für alles und habe nur gute Erinnerungen an die Karnevalszeit. Auch bei meinem ehemaligen Klub in Mainz war Karneval jedes Jahr ein Highlight. Besonders gern erinnere ich mich an ein Spiel in Leverkusen, das wir mit dem FSV damals 1:0 gewonnen haben. Schon auf der Rückfahrt haben wir gefeiert, bevor in Mainz noch eine Karnevalsparty stieg.

Sind Sie der Typ, der sich zu solchen Anlässen gern mal einen Drink gönnt?

Geis: Als Profi muss man immer schauen, wie es passt. Wenn wir gut dastehen, ist uns sicher niemand böse, wenn auch wir an Karneval das ein oder andere Kölsch trinken.

Schon nach Ihrem Heimdebüt gegen den FC St. Pauli haben Sie verraten, dass Sie die Kölner Torhymne "Wenn et Trömmelche jeht" schon immer gut fanden. War also klar, dass Sie eines Tages beim FC landen werden?

Geis: Im Fußball kann man nie voraussagen, wohin es geht, aber Köln hatte ich natürlich immer auf meiner Liste. Der Effzeh ist ohne Wenn und Aber ein Erstligaverein, der polarisiert. Mit meinen Ex-Klubs war es immer eklig, hier zu spielen und ich musste leider häufig die Torhymne hören. Hat man als Spieler die Chance, zu einem solchen Klub zu wechseln, spricht vieles dafür, diesen Schritt auch zu gehen. Deshalb bin ich sehr froh, dass der Transfer geklappt hat.

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© goal

Warum haben Sie sich für den Effzeh entschieden?

Geis: Die Verantwortlichen haben sich in den Verhandlungen von Anfang an sehr viel Mühe gegeben, mich von einem Wechsel zu überzeugen. Ich hatte sehr gute Gespräche mit dem Trainer, deshalb ist mir die Entscheidung letztlich leichtgefallen. Mir ist es wichtig, bei einem Verein mit guten Fans, einem spannenden Umfeld und in einem tollen Stadion zu spielen. All das trifft auf den Effzeh zu.

Gab es für Sie im Winter noch andere Optionen?

Geis: Es gab Interesse von Vereinen aus dem In- und Ausland, aber für mich stand fest, dass ich in Deutschland bleibe. Als die Kölner Anfang Januar die Gespräche mit mir aufgenommen haben, ging alles sehr schnell, weil wirklich alles gepasst hat.

Ihr Einstand in Köln lief gut. Sie standen in allen Partien über die volle Distanz auf dem Platz und der Express titelte bereits "Geis ist geil". Was bedeutet Ihnen diese Anerkennung?

Geis: Es ist einfach schön, wieder auf dem Platz zu stehen und das zu tun, was ich liebe. Ich genieße es, dem Team wieder aktiv helfen zu können. Es macht mich stolz, hier schon nach kurzer Zeit einen Beitrag leisten zu können.

Von Tag eins an hat Markus Anfang Ihnen die zentrale Rolle im Mittelfeld anvertraut. Hätten Sie damit gerechnet, so schnell zum Stammspieler zu werden?

Geis: Bei meiner Verpflichtung war klar, dass wir einige verletzte Spieler haben. Ich habe mich in jedem Training voll reingehauen und versucht, zu zeigen, dass ich bereit bin. Aber mir ist bewusst, dass man nicht von heute auf morgen Schlüsselspieler in einem neuen Verein sein kann. Um wirklich eine tragende Säule zu werden, brauche ich noch einige Spiele. In diese Rolle muss ich erst hineinwachsen und ich weiß, dass es nicht immer nur aufwärts gehen kann. Es werden auch mal schlechtere Phasen kommen.

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© getty

Anthony Modeste war lange eine tragende Säule in Köln und soll im Idealfall auch schnellstmöglich wieder eine werden. Wie ist Ihr erster Eindruck von ihm?

Geis: Er ist unglaublich fleißig und hat eine schwierige Zeit hinter sich, weshalb ich mich in seine Situation hineinversetzen kann. Auch er durfte eine lange Zeit nicht spielen. Für einen Fußballer ist es blöd, immer nur zu trainieren, ohne am Wochenende auf dem Platz stehen zu dürfen. Tony hat eine enorme Qualität, was er gegen Paderborn und Sandhausen eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat.

Ist er zu gut für die 2. Bundesliga?

Geis: Wir haben viele Spieler im Kader, die Erstliganiveau haben. Einige von uns haben in der Vergangenheit schon in der Bundesliga gespielt. Mit Jhon Cordoba, Tony Modeste und Simon Terodde sind wir in der Offensive stark aufgestellt. Fakt ist trotzdem, dass es sehr schwer ist, in der 2. Liga zu bestehen. Der Fokus dieser Liga liegt sehr stark auf Köln und jede Mannschaft gibt 110 Prozent, wenn sie gegen uns ran muss.

Ist der Aufstieg Pflicht?

Geis: Mit Blick auf das Umfeld und die harte Arbeit, die wir investieren, ist der Aufstieg für den Verein enorm wichtig. Trotzdem ist es nicht vermessen, zu sagen, dass wir den besten Kader der 2. Bundesliga haben. In Spielen wie gegen St. Pauli hat man gesehen, dass es unglaublich schwer ist, uns zu schlagen. Wir haben brutale Qualität, wenn wir unser Potenzial auf den Platz bringen. Wenn wir regelmäßig diese Leistungen abrufen, haben wir sehr gute Chancen, den Aufstieg zu packen.

Was unterscheidet den Effzeh von Ihrem Ex-Klub FC Schalke?

Geis: Sowohl Schalke als auch Köln sind riesige Vereine mit tollen Fans. Bei beiden Klubs herrscht hoher Druck, in beiden Vereinen wird sehr akribisch gearbeitet. Auch hier in Köln merkt man, dass es unruhig wird, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Das gehört bei solchen Klubs auch dazu. Zu jedem Spiel begleiten uns tausende Fans, die zu Recht erwarten, dass wir als Mannschaft ordentliche Leistungen auf dem Platz zeigen.

Wie geht man als Profi mit dieser Unruhe um?

Geis: Daran gewöhnt man sich. (lacht) Sowohl in Sevilla als auch auf Schalke war es ähnlich und ich versuche, diese Nebengeräusche so gut es geht auszublenden. Innerhalb des Vereins ist der Zusammenhalt sehr groß, wir reden intern offen miteinander und sprechen auch negative Dinge an. Und man sollte nicht alles lesen. Gerade in den sozialen Medien wird schnell mal unter der Gürtellinie geschrieben. Heute ist man der König und morgen der Depp. Damit muss man umgehen können.

Dass Anerkennung vergänglich ist, mussten Sie schon auf Schalke feststellen. In der Hinrunde gehörten Sie plötzlich nicht mehr zum Profikader. Wie geht man mit solchen Enttäuschungen um?

Geis: Auch wenn die Situation für mich nicht leicht war, habe ich versucht, mich in jedem Training voll reinzuhängen. Alles andere konnte ich nicht beeinflussen. Mir war enorm wichtig, dass ich mir persönlich nichts vorwerfen kann. Gerade meine Freundin und meine Kumpels haben mir in dieser schwierigen Phase sehr geholfen, neben dem Platz auf andere Gedanken zu kommen. Rückblickend war es die schwierigste Zeit meiner Karriere und obwohl man als Profi natürlich spielen will, hat mir mein Umfeld immer wieder klargemacht, dass es wichtigere Dinge gibt als Fußball.

Wie schwer ist es, sich in einer solchen Phase täglich zu motivieren?

Geis: Es gab natürlich auch Phasen, in denen mir das schwerer gefallen ist. An manchen Tagen bin ich zum Training gefahren und habe mich gefragt, wo eigentlich der Sinn darin liegt. Trotzdem war die Mannschaft immer super zu mir. Ich hatte auch einige gute Freunde im Team, was das Ganze für mich deutlich einfacher gemacht hat. Im Training oder in der Kabine mit Leuten wie Cali (Daniel Caligiuri) oder Burgi (Guido Burgstaller) Spaß zu haben, hat mir ein gutes Gefühl gegeben. In solchen Momenten war es für mich zweitrangig, ob ich gespielt habe oder nicht. Es bringt nichts, immer nur mit hängendem Kopf und schlechter Laune durchs Leben zu gehen.

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