Dennis Diekmeier im Interview: "Was Ribery mit einem gemacht hat, war schon hart"

Von Michael Reis
Dennis Diekmeier bejubelt seinen erste Treffer als Fußball-Profi.
© imago images / Rene Weiss/Eibner/Pool

Seit Januar 2019 spielt Dennis Diekmeier beim SV Sandhausen. Zuvor war er acht Jahre lang beim HSV und sechs Monate vereinslos. Im Interview mit SPOX und Goal spricht der 30-Jährige über seine ersten Tore als Fußballprofi, zerstochene Autoreifen in Hamburg und Sandhausen, das eigentlich als Sprungbrett gedacht war.

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Außerdem verrät Diekmeier, gegen welchen Gegenspieler er die meisten Probleme hatte und welche Mitspieler ihn besonders beeindruckten.

Herr Diekmeier, Sie haben mit Sandhausen 5:1 beim HSV gewonnen und Ihren Ex-Teamkollegen damit die Relegation vermasselt. Waren die Hamburger da ein wenig sauer auf Sie?

Dennis Diekmeier: Nein, denn es lag ja nicht an diesem einen Spiel. Der HSV hatte davor schon vier, fünf Mal die Chance, den entscheidenden Schritt zu machen und hat es nicht geschafft. Gegen uns mussten sie auch noch auf einen Ausrutscher von Heidenheim hoffen. Und wir hatten zuletzt auch einen guten Lauf und waren nicht chancenlos.

Dennoch: Hat Sie die Situation rund um den HSV, bei dem sie acht Jahre gespielt haben, in irgendeiner Form beeinflusst?

Diekmeier: Ich habe in meiner Zeit in Hamburg so viel erlebt, dass mich das überhaupt nicht beeinflusst hat. Da bin ich mit all meiner Erfahrung komplett immun. Ich hatte auch sehr viele Interviewanfragen zu dem Thema, aber damit hatte ich gar keine Probleme.

Woran hat es gelegen, dass es zum zweiten Mal in Folge nicht für den HSV mit einer Rückkehr in die Bundesliga gereicht hat?

Diekmeier: Das ist für mich schwierig zu sagen, weil ich nur wenige Spiele des HSV in dieser Saison gesehen habe. Gegen uns hat man aber deutlich gemerkt, dass die Spieler sehr, sehr nervös waren.

Dennis Diekmeier: "Eine Stadt wie Hamburg hat Bundesliga-Fußball verdient"

Glauben Sie, dass der HSV in der kommenden Saison den Aufstieg schafft?

Diekmeier: Das hoffe ich. Eine Stadt wie Hamburg hat Bundesliga-Fußball verdient. Dafür ist es aber wichtig, dass man die Ruhe bewahrt und einmal langfristig und konstant mit einem Trainer zusammenarbeitet.

Bekommen Sie noch alle Trainer aus der Zeit beim HSV zusammen?

Diekmeier: (lacht) Nein, das schaffe ich nicht. Das waren aber glaube ich 16 Stück. Und das in acht Jahren. Das ist schon eine krasse Zahl.

Was vermissen Sie am meisten an Hamburg?

Diekmeier: Aus privater Sicht war es die Nähe zu meiner Heimat und meiner Familie. Aus sportlicher Sicht die Heimspiele. Das war immer geil, in diesem schönen Stadion zu spielen, wenn einen die vielen Fans nach vorne gepeitscht haben.

Und was weniger?

Diekmeier: Dieser Druck, der permanent auf einem lastet. Das habe ich nach dem Spiel beim HSV wieder gemerkt, wie viel am sportlichen Erfolg oder Misserfolg dranhängt. Das ist Stress pur, mit einem riesigen Mediendruck. Das ist bei uns in Sandhausen zum Glück komplett anders.

Dennis Diekmeier im Steckbrief

geboren20. Oktober 1989 in Thedinghausen
Größe1,88 m
Gewicht79 kg
Positionrechtes Mittelfeld, rechter Verteidiger
starker Fußrechts
StationenTSV Verden Jugend, Werder Bremen Jugend, 1. FC Nürnberg, Hamburger SV, SV Sandhausen
Bundesligaspiele/-tore203/0

Dennis Diekmeier: "Ich habe mich nicht arbeitslos gemeldet"

Apropos Sandhausen: Mit Ihrer Vertragsverlängerung bis 2022 haben Sie ein deutliches Zeichen gesetzt, dass Sie sich eine Zukunft dort aufbauen wollen.

Diekmeier: Absolut. Ich habe es schon bei der Unterschrift gesagt und bin ehrlich: Sandhausen sollte eigentlich ein Sprungbrett sein, um mich für andere Vereine zu empfehlen. Aber ich bin so herzlich aufgenommen worden und meine Familie fühlt sich hier so unglaublich wohl, dass ich mich in den Klub richtig verliebt habe. Sportlich läuft es für mich überragend und ich habe richtig Lust, hier etwas aufzubauen. Zumal wir immer belächelt werden. Aber genau dann macht es doppelt Spaß, die Großen zu ärgern.

Sie waren vor dem Wechsel sechs Monate arbeitslos. Hat Sie das sehr belastet?

Diekmeier: Zu Beginn nicht. Ich hatte Erfahrung, war vertragslos, da sollte schon was kommen. Dachte ich. Aber mit der Zeit wurde ich schon ein wenig nervös. Dann war ich eigentlich schon mit Leganes aus der spanischen La Liga einig. Da hatte ich richtig Bock drauf. Aber die bekamen einen neuen Trainer. Und der wollte mich nicht auf der angedachten Position, weil ich kein Spanisch spreche. Das war schon ein Schock.

Sind Sie in der Zeit zum Arbeitsamt gegangen?

Diekmeier: Nein, ich habe mich nicht arbeitslos gemeldet, weil ich ja davon ausging, dass ich auf jeden Fall was Neues bekomme. Ich habe dann zweimal die Woche mit einem Individualtrainer in Norderstedt auf dem Platz trainiert und war jeden Tag im Fitnessstudio. Ich war die ganze Zeit über fit.

Und dann kam Sandhausen?

Diekmeier: Ja, als ich mein erstes Gespräch mit Trainer Uwe Koschinat hatte, habe ich meinem Berater gleich gesagt, dass ich nichts anderes mehr hören will, weil ich überzeugt war und mich endlich wieder auf Fußball konzentrieren wollte. Koschinat hat mir zu verstehen gegeben, dass er mich genauso Fußball spielen lassen will, wie ich es mag: intensiv und immer die Linie hoch und runter.

Sie sind auch gleich durchgestartet, sind mittlerweile Kapitän, Leader, Identifikationsfigur.

Diekmeier: Das ging wirklich alles schnell, aber das war auch mein Anspruch. Insgesamt habe ich bislang in jedem Spiel über 90 Minuten auf dem Platz gestanden. Nur nach der Roten Karte in Aue musste ich vorzeitig runter.

Dennis Diekmeier spielte acht Jahre lang für den HSV.
© imago images / Team 2
Dennis Diekmeier spielte acht Jahre lang für den HSV.

Dennis Diekmeier: 293 Spiele ohne Tor? "Das nimmt mir so schnell keiner"

Und jetzt avancieren Sie ­auch noch zum Torjäger.

Diekmeier: Ja, ich wusste, dass ich in Fahrt komme, wenn der Knoten erst einmal platzt. (lacht)

Wie war das Gefühl nach Ihrem ersten Tor im Profi-Bereich nach zuvor 293 Spielen ohne Treffer?

Diekmeier: Auf dem Rasen habe ich das gar nicht so richtig realisiert. In der Halbzeit des Spiels in Wiesbaden wurde mir das dann bewusst. Und natürlich danach, da ist mein Handy fast explodiert mit all den Nachrichten und Glückwünschen.

Und dann haben Sie nur sechs Spiele später gegen den HSV nachgelegt. Hätten Sie dieses erste Tor gern im Volksparkstadion mit der Raute auf der Brust geschossen?

Diekmeier: Das wäre natürlich auch toll gewesen. Aber mit diesen 293 Spielen habe ich meinen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde erst einmal sicher. Das nimmt mir so schnell keiner.

Sie sind zu Beginn der Zeit in Sandhausen immer zwischen Hamburg und Ihrer neuen Heimat gependelt. War das nicht anstrengend?

Diekmeier: Das schlimmste war die Trennung von der Familie. Die Kinder haben jede Woche aufs Neue geheult und immer gefragt, wann ich wiederkomme. Das war wirklich hart. Aber ich habe mir mit den Besuchen in Hamburg auch die Kraft für die nächste Aufgabe geholt. Als meine Frau mit den Kindern nachgezogen ist, war ich überglücklich.

Gab es etwas, dass Ihnen in Sandhausen im Vergleich zu Hamburg komisch oder ungewöhnlich vorkam?

Diekmeier: Nein, da gab es nichts. Denn ich habe mir gleich gesagt, dass ich nicht vergleichen darf. Das macht ja auch keinen Sinn, wenn man von einem Traditionsklub mit so viel Historie aus einer Millionen-Metropole hin zum SV Sandhausen in eine 15.000-Einwohner-Stadt wechselt. Da ist es doch klar, dass fast alles anders ist. Ich habe überhaupt nicht gewertet, sondern mich einfach nur auf die neue Aufgabe gefreut. Und das war genau der richtige Weg.

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