SPOX: Herr Kaymer, Sie sind jetzt schon seit einigen Wochen die Nummer eins der Welt. Was ist das Schönste daran, der beste Golfer der Welt zu sein?
Martin Kaymer: Generell in irgendeiner Sportart die Nummer eins zu sein, ist herausragend. Es hat mich natürlich sehr gefreut und stolz gemacht, dass ich das erreicht habe. Auch dass ich es so früh schon erreicht habe. Das war eines meiner Karriereziele. Wenn ich jetzt auf die Weltrangliste schaue, ist das ein sehr schönes und besonderes Gefühl. Für mich ist auch wichtig, dass ich beim Masters als Nummer eins antreten kann. Überhaupt die Nummer eins geworden zu sein, ist eine tolle Sache, aber ich will auch solange wie möglich ganz oben bleiben. Das ist auch klar.
SPOX: Erinnern Sie sich noch an den Moment, als Sie wirklich begriffen haben, dass Sie jetzt in Ihrer Sportart der Beste sind, den es überhaupt gibt?
Kaymer: Ich habe bei der Match Play Championship das Finale gegen Luke Donald verloren und ich weiß noch genau, wie ich dann am Sonntagabend auf die Weltrangliste geschaut habe. Sich dann an der Spitze auf Position eins zu sehen, das war irgendwie unglaublich. Das war so ein Moment, bei dem man denkt: "Wow, ich bin die Nummer eins."
SPOX: Wie hat sich der Nummer-eins-Status bisher auf Ihr Leben ausgewirkt?
Kaymer: Ich werde gerade hier in Amerika häufiger erkannt als vorher, das hat mich selbst überrascht. Ob das jetzt im Supermarkt ist oder bei einem Basketball-Spiel. Ich war letztens mal bei den Phoenix Suns, da war dann auch die Kamera von "ESPN" auf mich gerichtet und es wurde eingeblendet "Number one player of the world". Solche Geschichten passieren jetzt häufiger als vorher. Ich habe auch weniger Zeit für mich, weil ich in Sachen Medienarbeit noch mehr zu tun habe, aber das bekommen wir ganz gut organisiert. Ansonsten hat sich nichts geändert. Weder was mich angeht noch das Golferische. Ich trainiere genauso weiter wie vorher. Daran wird sich auch nie etwas ändern.
SPOX: Sie waren einige Monate nicht mehr in Deutschland, es wäre spannend zu schauen, ob Sie hier jetzt auch häufiger erkannt werden. Glauben Sie, dass wirklich ein Golf-Boom in Deutschland möglich ist?
Kaymer: Ich hoffe es. Ich fand es zum Beispiel toll zu sehen, dass Sandra Gal jetzt ihr erstes Turnier in den USA gewonnen hat. Florian Fritsch hat auf der European Tour gute Resultate eingefahren - das sind alles gute Zeichen und es zeigt, dass sich etwas tut. Aber das große Ding wäre für Deutschland, wenn wir den Ryder Cup 2018 bekommen würden. Das wäre ganz wichtig für die Entwicklung des Golfsports in Deutschland. Wenn die Ryder-Cup-Bewerbung erfolgreich ist, haben wir eine Chance auf einen Boom. Aber nur dann. Ich hoffe, dass uns die Regierung auch unterstützt, ich habe gehört, dass es da ein paar Schwierigkeiten gibt.
SPOX: Warum wäre der Ryder Cup so wichtig?
Kaymer: Der Ryder Cup ist einfach mit nichts zu vergleichen. Da könnte ich noch vier Majors gewinnen, es wäre kein Vergleich zu dem, was der Ryder Cup bewirken könnte. Deutschland hat ja bei der Fußball-WM 2006 bewiesen, was für eine unglaubliche Atmosphäre entstehen kann. Gut, so wie bei der Fußball-WM wird es beim Ryder Cup nicht sein, aber vielleicht kann man ja mal irgendwann in die Nähe kommen.
SPOX: Ihr erster Major-Sieg bei der PGA Championship war beeindruckend, aber genauso beeindruckend war eigentlich, dass Sie danach sofort weitere Turniere gewonnen haben. Wie wichtig war es Ihnen, den großen Erfolg so schnell zu bestätigen?
Kaymer: Es gibt wenige Spieler, die ein Major oder ein großes Turnier gewonnen haben und dann direkt danach gleich wieder gewonnen haben. Deshalb war es für mich sehr wichtig, gleich nachzulegen und nicht nur ein Turnier zu gewinnen. Außerdem war der Sieg beim Race to Dubai im vergangenen Jahr mein primäres Ziel, ich habe mich aus diesem Grund immer weiter gepusht und war am Ende der Saison dann auch sehr zufrieden, dass ich es nicht habe schleifen lassen. Ich habe in Deutschland auch mehr Respekt dafür bekommen, dass ich weiter Turniersiege geholt habe als für den Triumph bei der PGA Championship an sich.
SPOX: Sie sprechen den Respekt an, den man sich verdient. Woran merkt man das auf der Tour?
Kaymer: Es ist definitiv so, dass man als Nummer eins mehr Respekt und Aufmerksamkeit von den anderen Spielern bekommt. Das habe ich schon gemerkt. Man wird auch immer so ein bisschen als Favorit angesehen, wenn ein Turnier losgeht. Das sind alles so Dinge, die mir helfen und in der Summe dafür sorgen, dass man ein immer größeres Selbstvertrauen bekommt und sich wohl fühlt. Auch in den letzten Wochen, in denen ich nicht so herausragend gut gespielt habe, hat mir das geholfen. Ich habe immer weiter gekämpft, auch weil ich ja wusste, dass ich die Nummer eins der Welt bin und gutes Golf spielen kann. Ich weiß inzwischen auch, dass ich Turniere gewinnen kann, wenn ich nicht in Topform bin. Wobei man schon sagen muss, dass ich bei meinen letzten Siegen sehr gut gespielt habe.
SPOX: Bei Ihren letzten Starts haben Sie keine Top-Ergebnisse landen können. Wenn man so viel Erfolg hatte wie Sie, verwöhnt man sich dann auch sozusagen selbst und wird schnell unzufrieden, wenn man mal nicht vorne dabei ist?
Kaymer: Unzufrieden würde ich nicht sagen. Ich habe in letzter Zeit nur ein bisschen an meinem Schwung gearbeitet - und bei der Transitions Championship habe ich mich ja mit einer guten letzten Runde immerhin noch auf Rang 20 nach vorne gearbeitet. Wenn einige Leute dann sofort von einer Krise sprechen, oder davon, dass ich meinen Schwung umstellen würde, dann kann ich nur sagen, dass ich darauf nicht viel gebe. Man kann nicht jede Woche absolute Top-Leistungen bringen. Und das Turnier, das zählt, ist jetzt das Masters.
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