Martin Kaymer saß da wie aus dem Ei gepellt und lächelte wie immer freundlich in die Runde, doch dann holte der Golf-Star aus Mettmann plötzlich zum Rundumschlag aus.
"Die Etikette auf den Plätzen ist nicht mehr zeitgemäß und der Nachwuchs ist faul", sagte die Nummer sechs der Weltrangliste auf einer Pressekonferenz zur BMW International Open. Die 24. Austragung wechselt vom 21. bis 24. Juni 2012 von München erstmals in den Golf Club Lärchenhof nach Pulheim.
Deutsche Profis zu schnell zufrieden
Und vor der malerischen Kulisse ließ der beste deutsche Profi kaum ein gutes Haar am Golfsport in seiner Heimat.
"Ich glaube, dass die jungen deutschen Spieler viel zu schnell zufrieden sind. Sie spielen ein, zwei gute Turniere und ruhen sich dann darauf aus", monierte der 26-Jährige, der sich selbst als bestes Gegenbeispiel nennt: "Ich habe fünf, sechs Jahre hart gearbeitet. Ich habe damals vor der Schule Trainerstunden genommen und nach der Schule wieder. Man muss es nur wirklich wollen."
Dass es überhaupt nur so wenige ambitionierte Spieler aus der zweiten Reihe gibt, hat für Martin Kaymer auch etwas mit dem Golf-System Deutschland zu tun. "Es gibt zu viele Regeln. Golf müsste lockerer werden, das würde dann auch mehr Leute ansprechen", sagte der Rheinländer, der seinen zweiten Wohnsitz in Phoenix/Arizona hat.
"Barfuß auf der Driving Range"
"Da stehe ich manchmal barfuß auf der Driving Range, mit T-Shirt und kurzer Hose. Sowas müsste hier auch gehen", sagte Kaymer, der gerne mehr öffentliche Driving Ranges und öffentliche Plätze sehen würde.
Nach der schonungslosen Kritik kam Kaymer auch wieder zurück zu sich selbst. Nicht alles lief für den Shootingstar in diesem Jahr nach Wunsch.
Turniersieg im Januar in Abu Dhabi, erstmals die Nummer eins der Welt im Februar. Dann riss der Faden. PR-Termine häuften sich, die Zeit für das Training wurde knapper. "Mein Golf hat schon ein bisschen darunter gelitten", gestand Kaymer, für den das Jahr 2011 ein wichtiges Lehrjahr war.
Lernprozess für Kaymer
"Das war für mich und mein Management ein Lernprozess", führte er aus und sagte mit Blick auf die Zukunft: "Wenn ich nochmal die Nummer eins werden sollte, kann ich von dieser Erfahrung zehren." Die Nummer 1 ist nicht vorrangig das große Ziel, erstmal heißt es für ihn, sein Spiel weiter zu stabilisieren.
Dabei fühlt er sich auf einem guten Weg. "Ich weiß, wo ich mit meinem Golf stehe. Die Siege werden schon wieder kommen", so Kaymer, der diesen Wunsch gerne noch in diesem Jahr realisieren möchte.
Kaymer baut Turnierplan um
Vor allem eines möchte Martin Kaymer 2012 erreichen. "Ich möchte die Majors besser spielen. Das war in diesem Jahr enttäuschend", sagte Kaymer, der dafür auch seinen Turnierplan umstellen wird: "Ich werde mehr in Blöcken spielen. Zwei, drei Turniere, dann zwei, drei Wochen Pause." Was in seinem Fall absolut nichts mit Faulheit zu tun hat ...
Die kürzeren Intervalle in diesem Jahr seien nicht förderlich gewesen. "Da hat man zwischendurch nicht so viel Zeit für Training und Regeneration", sagte der Weltranglistensechste.Nach Veröffentlichung des Turnierplans der US-Tour wird Kaymer seine Starts für das kommende Jahr festlegen.
Ein Wechsel auf die US-Tour hält Martin Kaymer für unwahrscheinlich. "15 Turniere drüben zu spielen, ist zu viel", sagte der Rheinländer, für den die golferische Heimat ohnehin stets Europa war.