Brooks Koepka gewinnt in Shinnecock Hills seinen zweiten US-Open-Titel in Folge. Respekt! Die ganze Welt spricht aber über Phil Mickelsons epischen Aussetzer. Tiger Woods und Martin Kaymer werden wie viele andere Stars vom Platz verschluckt. Das Jammern ist groß und das Par-10 deshalb total begeistert.
10. Das stand im Par-10 zur US Open 2017
Ich will meine US Open wieder haben! Wenn das die PGA Championship gewesen wäre, dann wäre alles in Ordnung gewesen und wir würden von einem großartigen Turnier sprechen. Es sollte aber eine US Open sein. Ein Event, das man mit sieben über Par gewinnt, nicht mit 16 unter. Ein Event, bei dem die Fairways so schmal sind wie der Flur im SPOX-Büro. Ein Event, bei dem die Spieler die ganze Woche sich und Golf überhaupt hassen, weil das alles keinen Spaß macht. Soll es ja auch nicht, verdammt nochmal! Nicht bei der US Open! 133 Runden unter Par? Wenn ich die Greater Milwaukee Open hätte sehen wollen, hätte ich das gesagt.
In Erin Hills war alles anders. Da kann ein Platz so lang sein, wie er will. Wenn es auf solch einem Kurs keinen Wind hat (bis auf den Finaltag) und die Spieler dann auch noch softe Grüns vorfinden, dann nehmen sie ihn auseinander. Zumal die USGA nach der Kritik der vergangenen Jahre offenbar etwas Schiss hatte und beim Setup vorsichtig agierte.
2018 kehrt die US Open nach Shinnecock Hills zurück. 2004 gewann dort Retief Goosen. Nur der Südafrikaner und Phil Mickelson, der wie für gewöhnlich Zweiter wurde, blieben damals unter Par. Hoffentlich kriegen wir im nächsten Jahr unsere US Open zurück.
Jaaaaa, wir haben sie zurück! War das geil, oder war das geil, liebe Golfsportfreunde? Vor allem dieser Samstag. Mein Gott, wie haben die Zach Johnsons dieser Welt wieder gejammert. Alles unfair. Alles gemein. Buh, USGA, Buh. Was ein Chaos, es war herrlich.
Tony Finau und Daniel Berger notierten bei vergleichsweise "einfachen" Bedingungen am Morgen jeweils 66er-Runden und konnten am Nachmittag gemütlich auf der Couch verfolgen, wie sie auf dem Leaderboard nach oben kletterten. Am Abend waren sie plötzlich vorne und in der letzten Gruppe für Sonntag. Es war faszinierend.
Ja, es war auch grenzwertig, aber genau das macht eine richtige US Open aus. Wir sehen Woche für Woche, wie die besten Spieler der Welt die Plätze auf der Welt auseinander nehmen und mit 20 unter Par die Turniere gewinnen, einmal im Jahr soll das anders sein. Einmal im Jahr müssen Bälle vom Grün geputtet werden und Schläge, die gut aussehen, doch plötzlich noch in den Bunker rollen. Einmal im Jahr muss geheult werden.
Es war fast schade, dass die USGA etwas einknickte und den Platz für die Finalrunde deutlich spielbarer herrichtete, indem er extrem gewässert und mit Fahnenpositionen wie beim Monatsbecher unterstützt wurde. Wie groß der Unterschied zwischen Tag 3 und 4 war? Wir müssen nur Rickie Fowler fragen. Der spielte am Samstag eine 84. Am Sonntag eine 65.
US Open Abschlusstabelle
Platz | Name | Nation | Gesamtscore | Runde 1 | Runde 2 | Runde 3 | Runde 4 |
1. | Brooks Koepka | USA | +1 | 75 | 66 | 72 | 68 |
2. | Tommy Fleetwood | England | +2 | 75 | 66 | 78 | 63 |
3. | Dustin Johnson | USA | +3 | 69 | 67 | 77 | 70 |
4. | Patrick Reed | USA | +4 | 73 | 72 | 71 | 68 |
5. | Tony Finau | USA | +5 | 75 | 72 | 66 | 72 |
9. Patrick Reed bester Mann!
Es gab natürlich auch wieder einen Kerl, der nicht in den Chor des Jammerns einstimmte. Masters-Champion Patrick Reed meinte sinngemäß: "Wenn man gute Schläge macht, dann geht das schon." Geiler Typ.
Am Sonntag sah es nach einem fulminanten Start (-5 nach 7) sogar eine Weile danach aus, dass der zweite Schritt auf dem Weg zum Patrick-Slam möglich sein könnte, ehe Reed auf den zweiten Neun etwas die Luft ausging. Dennoch wieder ein bärenstarker Auftritt des US-Boys. Seine letzten drei Platzierungen bei Majors: 2, 1, 4.
8. Mickelson löst Staatskrise aus
Es war Samstagabend, es müsste kurz nach dem Peru-Dänemark-WM-Kracher gewesen sein, als das Internet mal wieder explodierte. Dieses Mal ging es aber nicht um ein Foto mit Erdogan mit anschließender Audienz beim Bundespräsidenten und auch nicht um das finale Steel-Cage-Match zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer, es ging um Philip Alfred Mickelson. Und überhaupt war es viel viel schlimmer.
Was war passiert? Mickelsons Bogey-Putt an der 13 war am Loch vorbei gelaufen und auf bestem Wege 50 Yards vom Grün runter zu rollen, als Lefty plötzlich anfing, halb zu joggen und den sich noch bewegenden Ball wieder den Hügel hoch auf die andere Seite hinters Loch bugsierte. Stille. Das hat er nicht gerade getan? Das hat er nicht ernsthaft gerade getan? Bei einer US Open?
Sein Flight-Partner Andrew "Beef" Johnston war genauso geschockt wie alle anderen, aber er hatte es tatsächlich gemacht. Die normale Strafe für dieses Vergehen sind zwei Schläge, allerdings kann auch eine Disqualifikation ausgesprochen werden, wenn es als besonders schlimmes Vergehen erachtet wird.
Was von vielen Seiten natürlich sofort getan wurde. Teeren und federn, sagten viele. Eh klar. Andere versuchten zu beschwichtigen. Er habe ja nicht gestrippt und ins Loch geschifft, also mal halblang. Auch irgendwie richtig.
Mickelson jedenfalls spielte das Loch zu Ende und bat den Offiziellen, ihm doch dann einfach zu sagen, was er jetzt für einen Score bekommen würde. Am Ende war es am Par-4 eine 10. Mickelson war zu diesem Zeitpunkt eh schon chancenlos, Scores spielten keine Rolle mehr. Aber was fangen wir jetzt mit diesem ungeheuren Skandal an?
7. Komplettes Druchdrehen oder kalkuliertes Betrügen?
Als Mickelson nach seiner Runde von gefühlten 3000 Journalisten umringt befragt wurde, gab er tatsächlich an, dass er die Aktion quasi aus strategischen Gründen absichtlich gemacht hätte. Weil er schlichtweg die Regeln bestmöglich für sich nutzen wollte und die zwei Strafschläge eine bessere Lösung gewesen wären, als den Ball vom Grün rollen zu lassen. Dann würde er vielleicht immer noch da stehen. Außerdem wollte er das ja immer schon mal machen. Es war natürlich nicht respektlos gemeint, aber alle, die sich jetzt aufregen, sollen sich mal nicht so anstellen. WAHNSINN.
Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Mickelson sagt die Wahrheit. Ist durchaus denkbar, so wie er tickt. Nach dem Motto: "Ich bin ja so verdammt schlau." Damit gibt er aber zu, aus Kalkül betrogen zu haben und hätte spätestens dann disqualifiziert werden müssen. Aber warum macht er es dann überhaupt? Um potenziell sich einen kleinen Vorteil zu verschaffen und einen Schlag zu sparen? Der aber vollkommen irrelevant war, so weit hinten befand er sich auf dem Leaderboard. Dafür etwas zu machen, was sich sonst nur ein gewisser John Daly mal in Pinehurst leistete und seine Reputation so zu beschädigen? Irre.
Möglichkeit zwei: Es war kein Kalkül, sondern Mickelson ist einfach ausgerastet und hat sich die Erklärung im Nachhinein zurechtgelegt. Für den Ausraster könnte das Par-10 naturgemäß Verständnis aufbringen. Mickelson und die US Open, das wird schließlich auch einfach nichts mehr. Er wurde am Samstag 48 Jahre alt, die Chancen auf den Career-Grand-Slam schwinden und schwinden. Wenn man dann noch so eine frustrierende Woche erlebt und sich um Kopf und Kragen puttet, ist es irgendwo menschlich, dass es zu so einer Aktion kommen kann. Dann hätte er es aber doch einfach zugeben können und müssen. Wie so oft gilt: Der Umgang mit dem Fehler danach ist schlimmer als der Fehler an sich.
Dass Phil am Sonntag auch noch nach seinem gelochten Par-Putt am "Tatort" in Jubel ausbrach, passte ins Bild und machte die Sache auch nicht zwingend besser. Zumal er nach der Finalrunde nicht mehr sprechen wollte. Dies tat dafür seine Frau Amy, die meinte, dass es nicht Phils bester Moment in seinem Leben gewesen wäre und dass jeder solche Momente habe. Das trifft es eigentlich ganz gut. Trotzdem wird noch viel darüber geredet werden.
6. Wohin geht Woods' Reise?
Tiger hätte eigentlich schon nach seinen ersten beiden Löchern am Donnerstag nach Hause gehen können. Triple-Bogey, Bogey. Woods konnte sich von seinem katastrophalen Start nicht erholen, spielte die 1 und 2 insgesamt in sieben über Par, und war nach 36 Löchern bei +10 raus. Da nützten auch zwei Birdies zum Abschluss nichts mehr.
Für Woods war es der dritte verpasste Cut in seiner 20. US-Open-Teilnahme, der zweite nacheinander nach seinen Problemen 2015 in Chambers Bay. "Ich bin nicht sehr gücklich darüber, wie ich gespielt und geputtet habe. Ich bin 10 über Par. Das sagt alles", meinte Woods.
Zehn Events hat Woods nach seinem wundersamen Comeback jetzt gespielt und dabei phasenweise einen überragenden Eindruck gemacht. Bei der Valspar Championship und dem Arnold Palmer Invitational war er nicht weit weg von einem Sieg. Aber zuletzt hat er einen Schritt zurück gemacht, vor allem aufgrund von massiven Problemen auf den Grüns. Wie es weitergeht? Ob er bald tatsächlich wieder gewinnt? Keine Ahnung. Er wird es selbst nicht wissen.
5. Wohin geht Kaymers Reise?
Die Liste an prominenten Namen, die den Cut verpassten, war wirklich enorm lang. Wir haben über Tiger gesprochen. Dazu kamen unter anderem Rory McIlroy, Jordan Spieth, Jason Day, Sergio Garcia, Bubba Watson, Jon Rahm oder auch Martin Kaymer.
Der Deutsche spielte Runden von 83 und 75 Schlägen, nur neun Spieler waren nach zwei Tagen schlechter. Darunter vier Amateure und der junge Engländer Scott Gregory, der an Tag eine 92 ins Clubhaus brachte. Kaymer spielte genau ein Birdie, in Runde zwei an der 18, na bravo.
Nach seiner Verletzungspause hatte Kaymer mit einer wirklich guten Woche in Italien ansteigende Form angedeutet, insofern war die Woche ernüchternd und enttäuschend. Kaymer hat seit seinem letzten Sieg bei der US Open 2014 nicht nur kein Turnier mehr gewonnen, er hat in den Majors seitdem gerade mal eine Top-10-Platzierng zu Buche stehen (T7 bei der PGA Campionship 2016).
In der Weltrangliste ist er auf Rang 127 zurückgefallen und die Exemptions gelten auch nicht mehr ewig. Er muss langsam aber sicher die Kurve kriegen. Wir drücken weiter die Daumen.
4. Steve Strickers beeindruckende Serie
Stricker beendete das Turnier bei +11 auf dem geteilten 20. Rang. Nicht schlecht für einen inzwischen 51-Jährigen, aber auch nicht wirklich spektakulär. Spektakulär ist allerdings Strickers Konstanz. Er schaffte bei seinem sage und schreibe 27. Major in Folge den Cut. Egal wo das Major stattfindet. Egal wie die Bedigungen sind. Stricker geht nicht vor dem Wochenende nach Hause. Auch das muss mal gewürdigt werden.
3. NFL meets Golf
Wir könnten jetzt eine Menge über das Verhalten der New Yorker Fans schreiben, lassen das aber einfach. Nur so viel: Wenn der Ryder Cup 2024 in Bethpage Black stattfinden wird, könnte es hässlich werden. Das Par-10 ist jetzt schon für Ian Poulter als Captain von Europe.
Eine nette Anekdote gab es aber: Denn mit Sam Darnold und Josh Allen waren zwei der gehypten Rookie-Quarterbacks unter den Zuschauern. Als ein Fan Darnold, der die QB-Misere der New York Jets beenden soll, erkannte, war klar, was jetzt kommen würde.
"J-E-T-S! Jets, Jets, Jets!" Dass der Fan mitten in den Backswing von Peter Uihlein brüllte, war ihm in dem Moment wohl egal.
2. Der nächste europäische Superstar
Tommy Fleetwood ist ein gutes Beispiel dafür, wie es in einer Golfer-Karriere plötzlich klick machen kann. Fleetwood selbst würde sagen, dass zwischen 2013 und 2016 nicht wahnsinnig viel zusammenlief. Die Form war weg, das Selbstvertrauen ebenso, es war eine Zeit des Grübelns.
Doch seit 2017 ist alles anders. Der Engländer gewann im vergangenen Jahr das Race to Dubai und wurde Europas Nummer eins. Jetzt ist er dabei, auch auf der Major-Bühne zu explodieren. Bei der US Open 2017 sorgte er mit Rang vier schon für Aufsehen, jetzt setzte er in Shinnecock Hills noch einen drauf.
Fleetwood feuerte am Finaltag eine atemberaubende 63 auf den Platz. Damit ist der 27-Jährige erst der sechste Spieler, der bei einer US Open eine 63 schoss. An einem Sonntag war das vor ihm nur Johnny Miller gelungen. Das Verrückte: Die 63 war im Nachhinein sogar mit etwas Enttäuschung verbunden, zu gut war die Birdie-Chance an der 18. Wäre der Putt nicht am Ende rechts weggebrochen, es wäre die 62 gewesen. Es hätte für ein Stechen gegen Koepka reichen können, wer weiß es schon.
Golf ist unberechenbar, aber wir haben jetzt fünf US-Siege in Folge bei Majors gesehen. Es ist eigentlich mal wieder Zeit für einen Europäer. Es ist eigentlich Zeit für Fleetwood. Im Juli geht es zur Open Championship nach Carnoustie. Der Platzrekord dort steht bei 63 Schlägen. Wer diesen wohl hält? Richtig, Tommy Fleetwood...
1. Back to back ist krass
Seit Curtis Strange 1988/89 hatte niemand mehr zwei US Opens in Folge gewonnen. Jetzt hat es Brooks Koepka geschafft, ist die neue Nummer vier der Welt und um 2,16 Millionen Dollar reicher.
Lange sah es aber wirklich nicht danach aus, als ob der 27-Jährige in Shinnecock Hills eine Chance haben würde. Koepka lag nach seinen ersten 22 Löchern des Turniers bei sieben über Par. Zu diesem Zeitpunkt war sein Buddy Dustin Johnson bei -4 schon entspannt im Clubhaus. Elf Schläge trennten
die beiden. Doch dann lief Koepka in seiner zweiten Runde heiß, kämpfte sich ran und war am Wochenende insgesamt der beste Spieler im Feld.
Vor allem die Art und Weise, wie er auf den Back Nine Pars und vor allem das Bogey an der 11 rettete, ehe er mit einem Birdie an der 16 so gut wie den Deckel drauf machte, war extrem beeindruckend. Für DJ auf der anderen Seite war es brutal bitter. So sehr sein Putter an den ersten beiden Tagen funktionierte, so verheerend lief es am Wochenende. Er verlor unfassbare zehn Schläge gegen Koepka auf den Grüns. Zehn.
Johnson verbuchte sein insgesamt 15. Top-10-Finish in einem Major (8 in den letzten 13), er hat schon 19 Mal auf der Tour gewonnen, aber eben nur ein Major. Koepka hat jetzt dreimal auf der Tour gewonnen, davon aber zwei Majors. Und damit hat er jetzt eben mehr als DJ. Es ist etwas skurril.
Klar ist, dass diese US Open einmal mehr zeigte, wie die heutige Golfer-Generarion schon aussieht und in welche Richtung es noch mehr gehen wird. Unfassbare Athleten, echte Bomber, aber auch gesegnet mit viel Touch um und auf den Grüns.