Monster-Driver Martin Borgmeier im Interview: "Mit 373 km/h überhole ich einen Jumbo-Jet um ein Vielfaches"

Florian Regelmann
07. April 202112:38
Martin Borgmeier gibt im Interview Tipps, wie auch Amateure an Länge gewinnen können.DIE GOLF Management
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Am Donnerstag startet mit dem Masters in Augusta das erste Golf-Major des Jahres (jeden Tag im LIVETICKER). Einer der Topfavoriten ist Bryson DeChambeau. Der 27-jährige US-Amerikaner fasziniert die Massen mit seinen Monster-Abschlägen wie es im Golf seit Tiger Woods niemand mehr geschafft hat. Was viele nicht wissen: Bei DeChambeaus Transformation zum Golf-Hulk hat auch ein Deutscher seine Finger im Spiel: Martin Borgmeier.

Borgmeier ist Long-Drive-Profi. Heißt: Er spielt nicht auf der "normalen" Golf-Tour, er hat sich darauf spezialisiert, den Ball möglichst weit zu schlagen. In seiner Disziplin wurde der 29-Jährige 2019 Europameister, 2020 stellte er einen Weltrekord im Ball-Speed auf. Im Interview mit SPOX erzählt Borgmeier von seinem ungewöhnlichen Weg vom aufstrebenden Vertriebler zu einer Social-Media-Sensation, die wie kaum ein Zweiter auf die Pille haut und inzwischen von vielen Golfstars nach Tipps gefragt wird.

Herr Borgmeier, wie wird man denn "Long Drive Athlete"?

Martin Borgmeier: Meine Geschichte zum Long Drive hatte einige Umwege. Ich spiele zwar mein ganzes Leben lang schon Golf, aber zwischen 16 und 23 Jahren habe ich eine Unterbrechung eingelegt und mich mehr dem Basketball verschrieben. Den entscheidenden Moment habe ich eigentlich meinen Kumpels zu verdanken, die mich einfach mal für die Deutsche Meisterschaft im Long Drive angemeldet haben. Sie meinten, dass ich so eine lange Möhre schlage, dass ich da doch mal mitmachen sollte. Das habe ich gemacht und bin in Köln damals sofort Zweiter geworden. Ich hatte natürlich noch überhaupt keine Erfahrung und habe im Finale alle Bälle ins Aus geschlagen, aber es war relativ offensichtlich, dass ich der beste Athlet im Feld war. Deshalb haben mich danach auch alle ermutigt, weiterzumachen und mir den Arsch aufzureißen, um nach vorne zu kommen. Das habe ich dann auch gemacht.

Aber nochmal kurz zurück zu Ihrem Weg dahin: Warum haben Sie denn zwischendurch quasi kein Golf mehr gespielt?

Borgmeier: Ich habe damals die Lust verloren, ganz einfach. Ich hatte meine erste Freundin, mein erstes Moped - andere Dinge waren mir einfach wichtiger. Ich habe schon noch so einmal im Jahr gespielt, aber das war es dann auch. Was den Sport betrifft, hat es mich zum Basketball gezogen. Das lief auch gar nicht so schlecht für mich. Ich habe in der Bayernliga gespielt und war dort regelmäßig Topscorer. Ich fand als Kind natürlich Michael Jordan und die Bulls richtig geil. Zu der Zeit, als ich aktiv gespielt habe, war Blake Griffin der Spieler, der mir am besten gefallen hat. So ein Büffel unter dem Korb, der gut springen, aber auch ein bisschen werfen kann - mit seinem Spielstil konnte ich mich ganz gut identifizieren. Mein Problem im Basketball war, dass ich keine richtige Ausbildung genossen habe.

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Wie hat sich das ausgewirkt?

Borgmeier: Ich hatte so meine Go-to-Moves, aber sobald das ein guter Verteidiger gemerkt hat, habe ich im dritten oder vierten Viertel Probleme bekommen. Ich musste das mit meiner Physis wettmachen und versuchen, einfach über die Leute drüber zu springen. Das hat mich so motiviert, stärker zu werden und die verbesserte Physis aus dem Basketball ist mir dann im Long Drive zugutegekommen. Aber ich hätte damals nie gedacht, dass ich eines Tages nochmal mit professionellem Sport Geld verdienen kann. Als ich meinem Basketball-Trainer erzählte, dass ich jetzt Long Drive mache und dort eine Karriere anstrebe, hat er mich auch sehr rätselnd angeschaut. (lacht)

Vom aufstrebenden Vertriebler zur Long-Drive-Maschine

Sie haben erzählt, dass die Deutschen Meisterschaften sehr wichtig waren. Wie ging es danach weiter?

Borgmeier: Kurz danach war ich mit meiner Frau auf Hochzeitsreise in Japan und hatte extrem viel Zeit. Statt ein Buch mitzunehmen, habe ich die Zeit genutzt, das komplette Internet zum Thema Long Drive zu durchforsten und im ersten Schritt erstmal zu verstehen, wie Long Drive genau funktioniert. Welche physischen Parameter dahinterstehen und was ich machen muss, um mich dort zu entwickeln und eine Basis für mein Training zu haben. Als wir zurückkamen, standen gleich die Bayerischen Meisterschaften an. Die habe ich gewonnen und spätestens dieser Sieg war der Auslöser, dass ich mich im Anschluss den ganzen Winter extrem auf Long Drive fokussiert und Gas gegeben habe. Ich stand bei minus fünf Grad und Schnee auf der Driving Range, ich habe kein Fernsehen mehr geschaut, ich habe quasi nur an Long Drive gedacht.

Aber Sie hatten zu der Zeit ja noch einen normalen Job.

Borgmeier: Richtig. Zu dem Zeitpunkt war ich ein aufstrebender Vertriebler in einem großen IT-Konzern, dem alle Türen offenstanden. Ich hatte sogar ein paar Talentpreise abgeräumt und hätte dort Karriere machen können. Deshalb war es schon hardcore, dass ich mich trotzdem auf Long Drive konzentriert habe. Zumal ich zu Beginn natürlich in Kauf nehmen musste, dass ich finanziell schlechter dastehe, aber das war für mich nicht der Fokus. Der Fokus war, meinen Long-Drive-Traum zu leben und dort nach vorne zu kommen. Das hat auch schnell gut geklappt. In meiner ersten Saison auf der europäischen Tour habe ich gleich mein zweites Event in Belgien gewonnen, danach folgten Siege in Russland, Italien und Spanien, sodass ich die Rangliste insgesamt auch gewonnen habe. Das war auch die Basis dafür, den Sprung auf die US-Tour zu schaffen, wo ich dann auch im dritten Event in die Top 8 gekommen bin und mich dort etablieren konnte.

Martin Borgmeier gibt im Interview Tipps, wie auch Amateure an Länge gewinnen können.DIE GOLF Management

Borgmeier und das große Ziel Siegergürtel

Die Preisgelder sind natürlich kein Vergleich zur Profi-Golftour. Für den Sieg bei der World Long Drive Championship als dem wichtigsten Turnier der Welt bekommt man 250.000 Dollar. Der Sieger beim Masters bekommtjetzt zum Beispiel über zwei Millionen Dollar. Was sind denn Ihre Haupt-Einnahmequellen?

Borgmeier: Ein wichtiges Element für mich ist, dass ich mir in der Long-Drive-Szene inzwischen so ein großes Social-Media-Following aufbauen konnte, dass ich gute Werbepartner generieren konnte, die meinen Content schätzen und gerne für sich nutzen wollen. Ich habe mich wirklich so tief in das Thema Long Drive reingefuchst, dass meine Partner wissen, dass es Hand und Fuß hat, was ich erzähle. Dazu kommt, dass ich pro Jahr so zehn bis 15 Clinics und Shows mache, für die man mich buchen kann. Oft werde ich eingeladen, nach Turnieren auf der Range eine kleine Show zu machen, die für jedes Turnier zum Abschluss ein Hingucker ist. Dafür sind die Leute auch bereit, entsprechend Geld zu bezahlen. Und dann kommen natürlich noch Preisgelder dazu. Ich hatte mir dadurch zum Glück ein Puffer geschaffen für die Corona-Zeit, aber zu meiner Überraschung ist mein Jahr 2021 trotz Corona besser losgegangen als erwartet. Ich bin irgendwie gefragter denn je. (lacht) Insofern kann ich mich aktuell nicht beklagen.

Was ist denn das größte Ziel für Sie?

Borgmeier: Das größte Ziel ist es, die World Long Drive Championship zu gewinnen und mir den Siegergürtel umzuschnallen, den es ähnlich wie im Boxen dafür gibt. Den will ich haben. Auch wenn ich wie beschrieben einiges drumherum mache, steht meine Athletenkarriere an erster Stelle - so wie bei jedem anderen Profisportler auch. Ich spiele ja keine Turniere, um irgendwo herumzudümpeln. Ich habe mich in der Weltrangliste schon von einem Rang in den 40ern in die Top 10 nach vorne geschoben. Ich war schon auf Rang acht, bin aber jetzt auf Rang neun zurückgefallen, obwohl gar keine Turniere stattgefunden haben. Die Mechanismen von solchen Ranglisten sind unergründlich, das kennt man ja auch vom Tennis. (lacht) Aber ich stehe auf jeden Fall in den Top 10 und ich weiß, dass ich das Zeug für mehr habe. Der nächste Schritt wäre schon fürs Jahr 2020 geplant gewesen, aber jetzt hoffe ich eben, dass spätestens 2022 wieder eine normale Tour stattfinden kann. In der Zwischenzeit sollen ein paar unabhängige Events ausgetragen werden, aber dafür müsste ich auch erstmal wieder vernünftig reisen können. Mir geht es natürlich auch nicht anders als uns allen, ich warte sehnsüchtig auf den Impfstoff und darauf, dass sich die Lage bei uns wieder verbessert.

Long Drive wird extrem von Nordamerikanern dominiert. Was für Typen sind auf der Tour unterwegs?

Borgmeier: Die Dominanz ist extrem. Ich bin auf Position neun nicht nur der am höchsten gerankte Europäer, sondern mit Abstand der am höchsten gerankte Nicht-Nordamerikaner. Die Nummer eins ist mit Kyle Berkshire ein Ami, der beste Europäer nach mir ist Joe Miller, ein ehemaliger World Champion, der bis heute auch ein großes Vorbild für mich ist. Aber ich habe ihn inzwischen überholt. Es gibt auf der Tour generell auch Nebeneinsteiger, vor allem viele ehemalige Profi-Baseballspieler, teilweise auch Major-League-Spieler. Baseball ist auch ein rotativer Sport. Es wird jetzt keinen überraschen, dass Jungs, die da krasse Pitcher waren und den Ball gut treffen, ganz gut auf den Ball dreschen. Aber der Großteil besteht aus richtig guten Golfern. Wir sind keine Holzfäller, die auf den Ball hacken. Das sieht von außen mächtig aus, aber am Ende muss bei aller Geschwindigkeit die Schlagfläche im Treffmoment geradestehen, sonst geht der Ball bei uns auch ins Aus. Im Zweifel müssen wir sogar noch genauer sein als der normale Golfer.

Sie werden logischerweise viel auf Ihre längsten Drives angesprochen. Wie weit ist der längste Ball überhaupt geflogen?

Borgmeier: Mein weitester Ball ist im Wettkampf 436 Yards geflogen, auf dem Simulator 451 Yards. Ich erzähle das gerne, aber es ist auch total irrelevant. Wenn Sie mich jetzt fragen, ob ich heute einen Weltrekord aufstellen kann - der steht bei 551 Yards - , dann fahren wir einfach in die Alpen und ich schlage den Ball dort vom Berg herunter. Die Frage nach dem weitesten Schlag ist wie die Frage nach der schnellsten Runde, die je einer in der Formel 1 gefahren ist? Das interessiert niemanden. Es gibt eine schnellste Zeit auf einer gewissen Strecke, oder einen Schanzenrekord beim Skispringen, aber alles andere ergibt ja keinen Sinn. Der Wind spielt eine Rolle, die Höhenmeter spielen eine Rolle, die Härte des Bodens ebenso, weil wir ja nicht nur die Weite im Flug messen - deshalb ist es im Long Drive auch so, dass wir immer alle gleichzeitig schlagen und es dann Punkte gibt. Weil drei Minuten Unterschied schon einen großen Unterschied machen können. Bei uns geht es vielmehr um andere Faktoren. Es geht um die sogenannten Launch-Parameter. Die Ballgeschwindigkeit, den Abflugwinkel und die Spin-Rate. Das sind die drei Parameter, die immer gleich sind, egal, wo ich spiele.

Und in einem dieser Parameter, bei der Ballgeschwindigkeit, haben Sie mit 231,9 Meilen in Florida einen Weltrekord aufgestellt.

Borgmeier: Dieser Weltrekord war für mich bislang mein großer Höhepunkt. Wir Deutschen verstehen ja häufig Meilen nicht, aber wenn ich sage, dass es 373 km/h waren, hört es sich schon mal eine Ecke anders an und verdeutlicht den Speed. Die Durchschnittsgeschwindigkeit, mit der ein Spieler auf der PGA Tour schlägt, sind zum Vergleich 168 Meilen. Manche liegen deutlich drüber, manche deutlich drunter. Mit Bryson DeChambeau kam jetzt ein Spieler um die Ecke, der Long-Drive-Prinzipien anwendet und deshalb der erste Spieler in der Geschichte ist, der konstant über 190 Meilen schnell schlägt. Das ist unfassbar. Und mein Weltrekord sind eben nochmal 40 Meilen mehr. Oder um es anders zu beschreiben: Mit 373 km/h überhole ich einen Jumbo-Jet um ein Vielfaches, da ist der schon längst in der Luft. Das ist eine Geschwindigkeit, die man nicht sehen kann. Man kann sie nur spüren. Das sind auch nochmal 60 oder 70 km/h schneller als der Topspeed in der Formel 1. Gegen den Kopf kriegen willst du so einen Ball nicht. (lacht)

Borgmeier: "Drives für die Show und für das Geld!"

Was macht für Sie die große Faszination am Long Drive aus? Ist es der Show-Faktor?

Borgmeier: Das Krasse am Long Drive ist, dass es keine Perfektion gibt. Als Golfer kennen wir das ja generell, dass wir nie zufrieden sein. Nach jeder Runde kannst du sagen, du hättest hier oder da doch auf jeden Fall einen Schlag besser sein können. Im Bowling oder Darts gibt es dagegen das perfekte Spiel. Das gibt es bei uns nicht. Und im Long Drive werden wir nie an dem Punkt ankommen, dass es nicht mehr schneller geht. Es geht immer noch schneller. Jeder, der einmal einen Ball so richtig auf der Pfanne hatte und das Gefühl spürt, wie der Ball da hinten am Horizont in der Luft kleben bleibt und dann ganz langsam runterfällt, ist angezündet. Das ist wie eine Droge. Im Golf sagt man: Putting for the Money, Drives for the Show. Im Long Drive heißt es: Drives für die Show und für das Geld!

Jetzt haben wir schon geklärt, dass es im Golf finanziell ganz andere Möglichkeiten gibt. Reizt nicht der Gedanke, ob man es nicht doch auch dort schaffen könnte?

Borgmeier: Es ist völlig klar, wie bedeutend Länge im Golfsport ist. Wenn ich mir anschaue, wo die Spieler in der Weltrangliste stehen, die den Ball am weitesten schlagen im Vergleich zu denen, die ihn am genauesten aufs Fairway schlagen, nehme ich immer die weiten Jungs. Dennoch ist mir bewusst, dass ich mich auf ein Element aus dem Golfsport spezialisiert habe und dass viele Dinge nur in abgeschwächter Form sinnvoll für Profigolf wären. Ich mache mir da nichts vor. Diese Jungs sind so gut und präzise, zum Beispiel mit den mittleren Eisen, die sind so brutal konstant, das könnte ich nie aufholen. Da kann ich noch so neidisch auf die tollen Preisgelder sein, der Zug ist abgefahren. Ich könnte aber problemlos mit Bryson eine Runde zocken. Ich würde wahrscheinlich um die zehn Schläge verlieren, aber ich würde auch nicht als Hacker negativ auffallen. Mir geht es mehr darum, für den Golfsport insgesamt etwas zu tun. Früher hieß es, im Long Drive wird nur auf den Ball geprügelt, aber inzwischen verstehen viele Spieler die Physik dahinter und erkennen, dass es ein Weg zur Optimierung ist. Und Bryson ist der große Vorreiter für diese Bewegung.

"Bryson ist wirklich dieser verrückte Tüftler"

Wie haben Sie sich kennengelernt?

Borgmeier: Bryson hat mich über Instagram angeschrieben, nachdem ich den Weltrekord im Ballspeed aufgestellt hatte. Da war er aber nicht der Einzige. Auch Graeme McDowell hat sich gemeldet, aus Deutschland Max Kieffer. Alexander Knappe oder Max Schmitt waren schon bei mir, weil sie alle checken, wie wichtig das Thema ist. Aber mit Bryson war der Kontakt am intensivsten. Er hat die Coronapause einfach perfekt genutzt, um diesen Weg zu gehen und seinen Körper im Streben nach maximaler Geschwindigkeit hochzupushen und zu verändern. Dazu gehört sehr viel Mut, weil du vorher schon weißt, dass du auf jeden Fall erstmal einen Kontrollverlust erleiden wirst. Du wirst auf der Range stehen und die Bälle werden links und rechts wegschießen. Aber genau dann musst du Eier in der Buchse haben und diesen Weg weitergehen. Wenn du dann mal in der Lage bist, in dieser Geschwindigkeit zu schwingen, kannst du wieder schauen, ihn auch gerade zu schlagen. Das hat sich bislang niemand getraut, aber Bryson ist das egal, er zieht es durch.

Und er haut den Ball jetzt in Bay Hill an der 6 legendär übers Wasser vors Grün und geht viral damit.

Borgmeier: Das war ein sensationeller Moment. Wir brauchen so Typen wie Bryson. Er polarisiert, aber er polarisiert gerne. Er ist wirklich dieser "mad scientist", dieser verrückte Tüftler, der Draufgänger, der jeden Stein umdreht. Und wenn etwas nicht funktioniert, dann funktioniert es eben mal nicht. Es sind ja bei ihm nicht nur die Drives. Er hat die Eisen, die alle die gleiche Länge haben. Er kocht jeden einzelnen Ball ab und schaut, ob er wirklich rund ist. Er misst vor dem Schlag die Luftdichte. Und er macht alles mit einem großen Selbstbewusstsein. Der Erfolg gibt ihm Recht. Ich finde es mega, was er macht. Ich bin total gespannt, was Bryson diesmal in Augusta uns zeigt. Im November hat er für seine Verhältnisse katastrophal gespielt, aber trotzdem den Cut geschafft. Er wird auf jeden Fall wieder für Gesprächsstoff sorgen, da bin ich sicher.

Ist er auch so wichtig für den Golfsport, weil er ihn moderner macht?

Borgmeier: Absolut. Wir sehen ja bei jedem Turnier, wie die Fans auf ihn reagieren. Ich erwarte ja nicht, dass es beim Golf so zugeht wie beim Long Drive. Bei uns wird die ganze Zeit geschrien, wir hatten schon verkleidete Fans, alle sind die ganze Zeit am Saufen - beim Long Drive ist es echt so ähnlich wie beim Darts. Aber darum geht es gar nicht. Wenn ich Bryson sehe, fühle ich mich extrem an Tiger Woods erinnert. An Tigers Anfangszeit, als zum ersten Mal ein richtiger Athlet in den Golfsport kam und keiner, der auf dem Platz Burger in sich reingeschoben hat. Tiger hat den Sport revolutioniert und bei Bryson sehe ich auch so ein Potenzial. Zumal die Menschen polarisierende Charakter lieben, wenn diese erfolgreich sind. Wir sehen jetzt schon, wie die Boulevard-Presse wegen Bryson Golf neu entdeckt. Wir müssen schauen, dass die Leute sehen, dass Golf nicht gleichbedeutend mit Karo-Hosen und alten Säcken ist. Jungs und Mädels müssen sehen, was für tolle Athleten und coole Persönlichkeiten das sind, damit sie Lust bekommen, in den Golfclub zu kommen und auf die Pille zu hauen. Wenn wir das nicht schaffen, stirbt Golf aus. Wir müssen da echt aufpassen.

Den Einfluss von Bryson auf seine Konkurrenz sieht man alleine daran, dass mit Rory McIlroy der vielleicht talentierteste Golfer auf dem Planeten und mehrfacher Major-Sieger zugegeben hat, dass er auf Brysons US-Open-Sieg mit eigenem Speed-Training reagiert hat, was ihm gar nicht gut bekommen ist. Was hat er falsch gemacht?

Borgmeier: Das Interessante ist ja, dass Rory selbst im mittleren 180er Meilen-Bereich liegt und es an sich gar nicht nötig hätte. Aber auch er sieht, wie sich Golf entwickelt und dass aus den Colleges fast nur noch Jungs nachkommen, die brutale Athleten sind. Wenn er jetzt stehen bleibt, verliert er in zehn Jahren den Anschluss. Er hat einfach eins plus eins zusammengerechnet. Aber während Bryson die Coronapause genutzt hat, hat Rory mitten in der Saison versucht, etwas zu machen. Und als es die normalen Probleme gab, hat er nicht durchgepusht, sondern abgebrochen. So kann es nicht gehen.

"Für mich ist das in erster Linie eine Neid-Diskussion"

Durch Bryson kocht die Diskussion auch ständig hoch, ob nicht am Equipment oder am Ball etwas gemacht werden muss. Dabei wäre doch Bryson derjenige, der am meisten davon profitieren würde. Wie sehen Sie diese Diskussion?

Borgmeier: Ich glaube, dass es viele nicht kapieren, dass Bryson am meisten profitieren würde. Wenn irgendwas am Equipment oder am Ball gemacht wird, wird es nur den kurzen Spielern schaden. Dazu kommt, dass die Regulierungen beim Trampolin-Effekt seit 2008 gleichgeblieben sind. Was sich verändert hat, ist die Fehlerverzeihung. Aber das ist ein Thema, bei dem die Amateurspieler profitieren. Die Jungs auf der Tour treffen den Ball ja meistens in der Mitte. Insofern ist diese ganze Diskussion völlig absurd. Wenn ich viel Arbeit in meinen Körper stecke und mir dadurch einen Vorteil ergattere, warum bitte soll ich dafür denn bestraft werden? Ich habe noch nie einen Longhitter gehört, der sagt: Diese Typen, die so gut putten oder so gut aus dem Bunker sind, das ist so gemein, wir müssen etwas verändern! Für mich ist das in erster Linie eine Neid-Diskussion, weil sie nur in eine Richtung geführt wird. Zumal auch immer vergessen wird, dass Bryson die US Open nur gewonnen hat, weil er überragend geputtet und alles gestopft hat.

Der Traum der DeChambeaus sind Majors, was ist denn Ihrer abgesehen vom Gewinn der World Long Drive Championship?

Borgmeier: Neben dem Sportlichen stehen zwei Sachen auf meiner Liste. Ich habe noch nie im Mekka des Long Drives gespielt. Das ist in Mesquite in Nevada und gilt als geilster Grid in der Szene. Man muss sich das wie mehrere Fußballplätze hintereinander vorstellen hinter einem orange leuchtenden Berg, du knanst den Ball 500 Yards schlagen, weil es auch richtig hart ist - da muss ich unbedingt bald mal spielen. Und dann will ich das machen, was Bryson in Bay Hill an der 6 gemacht hat, nur krasser. Ich will von hinten das Grün driven, also ganz links über Wasser. Am besten wäre es, wenn noch ein Kamerateam dabei wäre. Diesen Traum würde ich mir gerne erfüllen.

Letzte Frage, die Sie sicher jeden Tag fast hören: Was ist der beste Tipp an einen Amateur, der an Länge gewinnen will?

Borgmeier: (lacht) Das will natürlich jeder von mir wissen, das stimmt. Die schlechte Nachricht vorneweg: Es gibt keine magische Pille oder einen bestimmen Tipp, da muss ich immer alle enttäuschen. Drei Dinge sind wichtig: Zuerst muss ich ein Verständnis für die Ballflugparameter entwickeln, für die Ballgeschwindigkeit, den Abflugwinkel und die Spin-Rate. Wenn ich das verstanden habe, kann ich mich aufs Speed Training fokussieren und da verstehen, was es für Möglichkeiten gibt wie zum Beispiel Speed Sticks, die aktuell in aller Munde sind. Und der dritte Punkt ist technischer Natur. Ich muss es mir vorstellen wie ein Top-Spin beim Tennis. Wenn ich den Ball von unten nach oben schlage, kreiere ich weniger Spin und kann meine Länge optimieren, selbst wenn ich nicht so viel Geschwindigkeit habe. Ich weiß, dass ich da sehr theoretisch unterwegs bin, aber das wären meine Tipps.