Die Fans in der Hamburger Arena feierten die deutschen Handballer ausgelassen, doch ausgerechnet Matchwinner Michael Kraus warnte neun Tage vor der WM vor zu hohen Erwartungen. "Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Man darf das Spiel nicht überbewerten. Beide Mannschaften haben viel ausprobiert", sagte Kraus nach dem souveränen 28:23 (14:12)-Erfolg gegen WM-Gastgeber Schweden.
Das Erfolgserlebnis gegen den Rekord-Europameister zu Beginn der heißen Phase der WM-Vorbereitung hat der Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) nach dem enttäuschenden zehnten Platz bei der EM im vergangenen Jahr aber neues Selbstvertrauen gegeben.
"Natürlich sind solche Siege wichtig. Gerade dann, wenn es im vergangenen Jahr nicht so gut lief. Wir wissen auch, dass wir noch eine Schippe drauflegen können", sagte Spielmacher Kraus, der in seinem 100. Länderspiel mit sieben Toren glänzte und dabei stark ansteigende Form bewies.
Die von Bundestrainer Heiner Brand einstudierte offensivere 5:1-Deckung funktionierte nach anfänglichen Problemen ordentlich. Im Angriff wurde laut Kraus nicht "wilde Sau" gespielt, sondern "kontrolliert und mit viel Ruhe." Zudem war auf die Torhüter Silvio Heinevetter und Johannes Bitter wie gewohnt Verlass.
Gelöste Stimmung beim Medientag
Dementsprechend gelöst war die Stimmung beim traditionellen Medientag am Dienstag in Ahrensburg. Beim offiziellen Mannschaftsfoto wurde viel gelacht, Abwehrchef Oliver Roggisch versteckte sich in der letzten Reihe hinter seinen Kollegen.
Doch in den nächsten Tagen wird es für drei Spieler mit dem Spaß vorbei sein. Brand muss seinen 19er-Kader bis zum WM-Start am 14. Januar gegen Ägypten auf 16 Spieler reduzieren. Schon zu den beiden abschließenden Testspielen beim Olympiazweiten Island am Freitag und Samstag plant der Bundestrainer, nur mit 17 Akteuren anzureisen - darunter alle drei Torhüter.
"Wenn Holger Glandorf fit wird, werden wir neben einem Linksaußen auch einen rechten Rückraumspieler streichen", sagte Brand. Der Lemgoer Glandorf pausierte gegen die Schweden noch, stieg nach seiner Knieoperation Mitte Dezember am Dienstag aber wieder ins Mannschaftstraining ein.
Dafür plagte sich der Gummersbacher Adrian Pfahl mit einer leichten Fingerverletzung herum. Er denke aber nicht, dass es etwas Schlimmeres sei, so Brand.
Ohne Verletzungssorgen zur WM
Damit geht der Bundestrainer möglicherweise erstmals seit neun Jahren ohne Verletzungssorgen in ein großes Turnier, dafür steht eine für ihn schwierige Entscheidung bei der Personalplanung an: "Das gehört zu meinem Job dazu. Die Entscheidung ist für mich als Trainer nie angenehm. Den Spielern so etwas sagen zu müssen, ist noch unangenehmer."
Derzeit gelten der Kieler Linksaußen Dominik Klein sowie die Rückraumspieler Steffen Weinhold (TV Großwallstadt) und Sven-Sören Christophersen (Füchse Berlin) als erste Streichkandidaten.
Die jüngsten Siege gegen Schweden und den WM-Dritten Polen im Dezember haben Hoffnungen auf ein erfolgreiches Abschneiden beim Saisonhöhepunkt geschürt - trotz der Hammer-Vorrundengruppe mit Titelverteidiger Frankreich, Ex-Weltmeister Spanien, Ägypten, Tunesien und Außenseiter Bahrain.
"Wir wissen, dass wir es besser können, als bei der EM. Wir haben einen Schritt nach vorne gemacht", sagte Kapitän Pascal Hens, während Kraus anfügte: "Wir können jeden Gegner schlagen."