Irgendwann hat Martin Schwalb aufgegeben, das Warnen vor Nachlässigkeiten und das Abwehren von Glückwünschen eingestellt. Ob am Mittwoch gegen den VfL Gummersbach oder vielleicht im letzten Heimspiel gegen den TBV Lemgo - irgendwann werden die zwei noch fehlenden Punkte zum ersten deutschen Meistertitel auf dem Konto des HSV Hamburg sein. Und der Coach wäre am ersehnten Ziel: "Diesen Titel kann uns dann keiner mehr nehmen."
Konnten die Hanseaten 2005 beim Amtsantritt des 48-Jährigen kaum ihre Hallenmiete bezahlen, ist der Verein auch dank der Finanzspritzen des millionenschweren Unternehmers und HSV-Präsidenten Andreas Rudolph mittlerweile eine feste Größe, auch im internationalen Handball.
Retortenklub-Image abgestreift
Schwalb darf nicht zu Unrecht stolz auf das Erreichte sein: "Es ist gelungen, den HSV zu einer Marke zu machen. Es gibt kaum bessere Adressen im Handball."
Der langjährige Nationalspieler, Olympiazweiter 1984 in Los Angeles, hat es verstanden, das Retortenklub-Image der Norddeutschen, die 2002 als HSV die Bundesligalizenz des VfL Bad Schwartau übernahmen, durch Erfolge, aber auch durch sein persönliches Auftreten vollständig abzustreifen.
Das räumt auch Geldgeber Rudolph ein: "Martin hat das natürlich mit der Mannschaft gemeinsam geschafft, aber er ist auch ein Fachmann, der Spielkultur ins Team gebracht hat."
"So sympathisch wie Dortmund"
Doch es gab auch Phasen, in denen der gebürtige Stuttgarter dicht vor dem Rauswurf stand. Nach überraschenden Heimniederlagen in Meisterschaft und Pokal gegen den VfL Gummersbach dachte Rudolph, einst selbst Bundesligatorwart beim OSC Rheinhausen, durchaus an einen Trainerwechsel, hielt aber letztlich doch an dem einstigen Rückraumspieler fest.
Im Auftreten und im Habitus ist Schwalb seinem Trainerkollegen Jürgen Klopp beim neuen deutschen Fußball-Meister Borussia Dortmund nicht unähnlich, auch als TV-Experte machte er mehrfach eine gute Figur.
Und er scheut diesen Vergleich gar nicht. "Wir wollen ebenso sympathisch wie die Dortmunder wahrgenommen werden", erläutert Schwalb.
Vom Trainer zum Geschäftsführer
Anders als "Kloppo" allerdings will Schwalb zum Saisonende nach fast sechs Jahren die Trainerbank räumen und beim HSV auf dem Sessel des Geschäftsführers Platz nehmen.
Vor seinem Engagement in der Hansestadt war Schwalb bereits sieben Jahre als Coach bei der SG Wallau-Massenheim tätig, da lockt die neue Herausforderung auf der anderen Seite des Schreibtisches. Sein Nachfolger als HSV-Trainer wird der Schwede Per Carlen.
Klubchef Rudolph kann sich Schwalb aber auch gut als Bundestrainer und damit Nachfolger des amtsmüde erscheinenden Heiner Brand vorstellen. "Martin hat alle Qualitäten, die man dafür braucht, er ist fachlich unumstritten", sagte der 56-Jährige der "Sport-Bild".
"Er weiß, wie man Stars führt und Talente entwickelt. Zudem kennt er die meisten Spieler, ist beliebt und ein Medienprofi. Außerdem ist er Deutscher. Und ich denke, dass nur ein deutscher Trainer auch Bundestrainer sein sollte."
Der Spielplan der Handball-Bundesliga