Als die Hamburger Halle zum Tollhaus wurde, hielt sich einer der Protagonisten dezent zurück. Ein verhaltenes Klatschen. Mehr nicht. Während die Mannschaft ihren 27:19 (11:6)-Erfolg im Nordderby gegen die SG Flensburg-Handewitt ausgelassen feierte, bremste Martin Schwalb die Euphorie. "Wir müssen den Sieg richtig einordnen. Wir haben lediglich ein Spiel gewonnen - mehr nicht", sagte der Präsident und ergänzte: "Aber das Spiel hat Spaß gemacht, und wir sind in der Saison angekommen."
Jogi Bitter mit 20 Paraden
HSV-Trainer Per Carlen wusste unterdessen, bei wem er sich nach dem so wichtigen Sieg gegen seinen Ex-Klub zu bedanken hatte. Unmittelbar nach dem Schlusspfiff rannte der Schwede quer über den Platz, um seinen Torwart Johannes Bitter in die Arme zu schließen. "Jogi hat ein super Spiel gemacht", sagte Carlen. Sein Flensburger Trainer-Kollege brachte es auf den Punkt: "Bitter hat das Spiel für sein Team gewonnen."
Insgesamt brachte es der Hamburger Torhüter auf 20 Paraden. "Ich freue mich auf die Spiele, in denen es um alles geht", sagte Matchwinner Bitter, der unter einem besonderen Druck stand.
Weil Hamburgs zweiter Keeper Dan Beutler mit einer Magen-Darm-Grippe zu Hause im Bett lag, musste der ehemalige Nationaltorhüter vor den Augen von Bundestrainer Martin Heuberger durchspielen. "Drucksituationen wie diese machen mir Spaß. Je größer der Druck, desto besser", sagte Bitter.
"Jetzt geht die Saison richtig los"
Neben seiner kompakten Defensive profitierte der HSV vor allem von seiner stark verbesserten Körpersprache. "Flensburg ist an unserem Kampfgeist zerschellt", analysierte Bitter. Immer wieder pushten die Hamburger sich und das Publikum. Während die Fans "der HSV ist wieder da" skandierten, erklärte Bitter die Titeljagd für eröffnet: "Jetzt geht die Saison richtig los."
Die starke Abwehrleistung konnte allerdings die Probleme in der Offensive nicht vollständig kaschieren. Nach den verletzungsbedingten Ausfällen von Michael Kraus (Aufbautraining nach Innenbandriss), Trainer-Sohn Oscar Carlen (Kreuzbandriss) und Marcin Lijewski (Aufbautraining nach Sprunggelenk-OP) läuft es im Hamburger Angriffsspiel noch nicht rund. Von der letztjährigen Meistersaison, in der der HSV den gefährlichsten Angriff stellte, ist das Team noch ein Stück weit entfernt.
Erster Saisonsieg gegen Spitzenteam
Der Sieg gegen Flensburg war für den HSV der erste Saisonsieg gegen eine Spitzenmannschaft. Nach zwei Niederlagen gegen die Füchse Berlin und die Rhein-Neckar Löwen drohte zwischenzeitlich bereits das Aus im Titelkampf. "Wir haben zuletzt viel gesprochen", sagte Abwehrspezialist Matthias Flohr: "Die vier Tage beim Champions-League-Spiel in Rumänien haben uns enger zusammengeschweißt."Und auch Präsident Schwalb konnte es sich nicht verkeifen, am Ende doch noch eine Kampfansage in Richtung Kiel zu schicken: "In dieser Form wird es für die anderen Mannschaften nicht einfach sein, uns zu schlagen."
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