13 Spiele, 10:16 Punkte, Platz 12: Die HSG Wetzlar hat sich nach dem überraschenden siebten Rang in der Vorsaison verschlechtert. Und das, obwohl mit Ivano Balic seit dem Sommer einer der besten Handballer der vergangenen zehn Jahre das Trikot der Mittelhessen trägt.
20 Tore erzielte der Welthandballer von 2003 und 2006 in seinen bisherigen 12 Ligaspielen. Den ganz großen Glanz versprüht Balic in den Hallen der HBL bisher aber eher selten. "Er ist nicht als Torjäger eingekauft worden, sondern als Spielgestalter. Das macht er ganz hervorragend", sagte HSG-Trainer Kai Wandschneider dazu im Gespräch mit SPOX.
Träume vom internationalen Geschäft
Die Erwartungshaltung war im Umfeld der HSG trotzdem eine andere. Dies zeigte sich ganz deutlich am Dienstag, den 13. August 2013. An diesem Tag fand die offizielle Präsentation des Weltstars in der Provinz statt. Ein halbes Dutzend Fernsehkameras und unzählige Journalisten waren anwesend.
Die Granden der Liga waren zumindest für einen Moment in den Schatten gestellt. Die relativ kleine HSG hatte geschafft, woran manch deutscher Spitzenklub in den vergangenen Jahren gescheitert war: Die Verpflichtung von Balic, dem Weltmeister und Olympiasieger mit dem goldenen Händchen und dem noch besseren Auge.
Mit dem Ronaldinho des Handballs, wie ihn die Presse einmal genannt hatte, begann so mancher im Wetzlarer Umfeld von der Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb zu träumen. Die sportliche Leitung trat damals auf die Bremse und gab das Saisonziel frühzeitiger Klassenerhalt aus.
Balic spielt ordentlich bis gut
Eine recht realistische Einschätzung, wie mittlerweile jeder weiß. Das HSG-Team an sich ist nämlich nicht hochkarätig besetzt. Und Balic ist mittlerweile 34 Jahre alt und war bei seiner Ankunft angeschlagen und nicht fit. Sein vorheriger Klub Atletico Madrid hatte Insolvenz angemeldet, eine vernünftige Vorbereitung genoss er also nicht.
"HSV-Trainer Martin Schwalb sagte einmal, es braucht ein halbes Jahr bis wir die neuen Spieler soweit integriert haben, dass sie uns auch in kritischen Situationen helfen können. Dieses Gesetz kann auch ein Ivano Balic nicht außer Kraft setzen", bleibt Wandschneider gelassen.
Balic spielt mit steigender Tendenz ordentlich bis gut, ohne aber wie in früheren Zeiten permanent herauszuragen. In Wetzlar mag so manch einer ein wenig enttäuscht sein. Der Balic, der Zauber-Tore und Anspiele am Fließband produzierte und dabei unglaublich lässig wirkte, ist nur noch ab und zu zu sehen.
Wandschneider: Balic opfert sich auf
Wahrscheinlich ist es schlichtweg vermessen, den alten Balic zurückzuerwarten. Wandschneider scheint dies zu wissen. Er hat mittlerweile andere Vorzüge beim in Split geborenen Rückraum-Mitte-Spieler ausgemacht - ein mannschaftsdienliches Verhalten auf dem Platz.
"Wenn wir vorne den Ball verwerfen, sieht man ihn zurück sprinten und sich für die anderen aufopfern. Es kostet Kraft, eben nicht mit einem Tor zu glänzen, sondern dort noch zu retten was zu retten ist", ist Wandschneider begeistert.
Balic haftet seit jeher das Image einer Diva an. Für Wandschneider völlig unverständlich: "Er ist gerade jemand der sagt: 'Kai, ich liebe es den jungen Spielern weiterzuhelfen und sie weiterzubringen.' Und er sagt das nicht nur, er lebt das auch vor."
Balic sehr zurückhaltend
Balic selbst äußert sich nur selten. Er fühle sich wohl in Wetzlar und wolle der Mannschaft helfen. Ansonsten drängt er sich nicht gerade in den Mittelpunkt. Eine Gefahr für das Mannschaftsgefüge wie von einigen Experten befürchtet scheint der 130-malige Nationalspieler jedenfalls ganz und gar nicht zu sein.
Spielerisch gibt es aber noch Luft nach oben. Natürlich müsse sich Balic umstellen, da er nicht mehr mit Weltklasseleuten zusammenspiele, sondern mit Mannschaftskameraden, die nicht über diese individuelle Klasse verfügen. Aber diese Eingewöhnung werde von Woche zu Woche besser, verspricht der HSG-Trainer.
Tatsächlich scheinen sich Wandschneiders Prognosen zu bewahrheiten. Bereits seit einigen Wochen lässt der Kroate einen Aufwärtstrend erkennen, der die Hoffnung nährt, die Eingewöhnungszeit könnte ein Ende haben.
Für Wetzlar noch immer wichtig
Passend zu Balic' ansteigender Form präsentiert sich die HSG insgesamt in den letzten Wochen immer stärker. Wettbewerbsübergreifend gewann die HSG vier ihrer vergangenen sechs Partien. Hinzu kam ein Unentschieden.
"Die Mannschaft entwickelt sich gut weiter. Ich denke auch, dass Ivano sich noch verbessern wird. Auch die Torgefahr wird sich steigern, wenn die Abstimmungen greifen."
Aktuell scheint ihn Balic, der zwischen 2004 und 2007 bei fünf Großereignissen in Serie zum MVP gewählt wurde, zu bestätigen. Die ganz große Zirkusnummer ist der Kroate nicht mehr. Wichtig für Wetzlar aber alle mal.
Ivano Balic im Steckbrief