Beben in Hamburg: Nach dem völlig überraschenden Rücktritt von Präsident und Geldgeber Andreas Rudolph steht der finanziell schwer angeschlagene HSV Hamburg vor dem Aus. "Ich bin komplett geschockt", sagte Geschäftsführer Holger Liekefett dem "SID": "Wenn wir nicht schnell einen Bürgen oder Investor finden, dann wird es nur eine Konsequenz geben: Wir bekommen keine Lizenz und müssen die Mannschaft vom Spielbetrieb abmelden."
Zuvor hatte Rudolph die Handballgemeinde der Hansestadt in kollektive Fassungslosigkeit gestürzt: "Grund für meine Entscheidung sind die Turbulenzen der letzten Wochen, nicht nur um die Mannschaft und den Verein des HSV Handball, sondern ganz besonders um meine Person", teilte Rudolph am Donnerstagnachmittag mit: "Es ist nun an der Zeit, dass andere Personen in die Verantwortung treten und den Weg für 'Reset for the future' frei machen."
Der 59-Jährige stand seit Februar 2005 mit einer kurzen Unterbrechung an der Spitze des Hamburger Klubs. Unter seiner Regie gewannen die Hanseaten zwei Mal den DHB-Pokal (2006 und 2010), 2011 die deutsche Meisterschaft und im vergangenen Jahr die Champions League.
Rudolph stopft Finanzlöcher
Vor allem fungierte Rudolph beim HSV aber als Mäzen, stopfte in der Vergangenheit immer wieder Finanzlöcher und hat in seiner Ära mehr als 20 Millionen Euro seines Privatvermögens in den HSV gesteckt. Nur durch seine Finanzspritzen konnte der Klub zuletzt überleben und sich trotz wiederholter Zahlungsschwierigkeiten Hoffnungen auf die Lizenz für die kommende Saison machen.
Die Zeit bis zur Lizenzvergabe am 15. Mai wird nun allerdings knapp und zum härtesten Gegner des Klubs. "Wir stehen vor einem riesigen Scherbenhaufen. Einen Masterplan gibt es noch nicht", sagte Liekefett. Die Zukunft des amtierenden Champions-League-Siegers ist damit völlig unklar. HSV-Trainer Martin Schwalb wollte sich auf "SID"-Anfrage nicht zu dem Thema äußern.
Bohrmann fassungslos
Auch Ligachef Frank Bohmann, in Sachen Lizenzvergabe erster Ansprechpartner für den HSV, reagierte fassungslos auf die Nachricht aus Hamburg. "Das ist für uns eine große Überraschung", sagte Bohmann dem "SID", "wir standen schließlich in engem Kontakt. Nun werden wir schnellstmöglich das Gespräch suchen". Thorsten Storm von den Rhein-Neckar Löwen meinte: "Ich möchte gar nicht über die Konsequenzen nachdenken."
Ob sich Rudolph trotz des Rückzugs an seine finanziellen Versprechen halten wird, blieb zunächst unklar. "Ich dachte immer, er sei ein Businessmann, der seine Zusagen auch einhält", sagte Liekefett frustriert: "Alleine werde ich das nicht bewerkstelligen können." Seine Hoffnungen ruhen darauf, in letzter Sekunde doch noch neue Sponsoren an Land zu ziehen: "Noch dreh ich hier den Schlüssel nicht um."
Der HSV Hamburg in der Zusammenfassung