Sein "Abschiedsgeschenk" bekam Dagur Sigurdsson kaum zu fassen. Während sich seine Spieler den frisch gewonnen EHF-Cup gegenseitig aus den Händen rissen, genoss der scheidende Trainer der Füchse Berlin seinen größten Triumph eher im Stillen. Viel zu überwältigt schien der Isländer vom letzten großen Sieg mit seinem langjährigen Team.
"Für mich ist das ein richtig schöner Abschluss, besser geht es nicht", sagte Sigurdsson nach dem 30:27-Erfolg gegen den Ligakonkurrenten HSV Hamburg, der den Berlinern den ersten internationalen Titel der Vereinsgeschichte bescherte: "Es ist ein kleines Wunder, wenn man so etwas schafft."
Für Sigurdsson wird es das letzte sein, zumindest als Verantwortlicher bei den Füchsen. Nach sechs Jahren in der Hauptstadt wird er sich ab der kommenden Saison ganz auf seinen Job als Trainer der deutschen Nationalmannschaft konzentrieren. Sechs Jahre, in denen er zusammen mit Manager Bob Hanning aus einem Durchschnittsteam eine Spitzenmannschaft formte - mit dem furiosen Schlusspunkt am Sonntagabend.
Der Captain geht von Bord
Jetzt steht für die Füchse eine Zäsur an. Zwar wird der Klub durch den Sieg auch im kommenden Jahr international spielen, allerdings verlassen neben Sigurdsson eine ganze Reihe von Spielern den Klub. Allen voran Kapitän Iker Romero. Der gesundheitlich angeschlagene spanische Ausnahmekönner wird seine sportliche Laufbahn beenden und in seine Heimat zurückkehren.
"Nach 20 Jahren in diesem Sport kann ich mir keinen besseren Moment vorstellen, um meine Karriere zu beenden", sagte Romero, der nach dem Halbfinal-Aus im vergangenen Jahr schon einmal seinen Rücktritt vom Rücktritt verkündet hatte: "Ich bin richtig froh, dass ich die Entscheidung getroffen habe, noch eine Saison zu spielen. Es waren richtig schwere zehn Monate mit viel Kampf, aber wir haben an diesen Erfolg geglaubt. Dieser Pokal ist das beste Ende für meine Karriere."
Zukünftig müssen die Berliner Handballfans auch auf Konstantin Igropulo verzichten - und auf dessen fast schon legendäre Fotos. Schon nach dem Pokalsieg im vergangenen Jahr veröffentlichte er ein Foto von sich, auf dem er nur mit der Trophäe bekleidet zu sehen war - ein ähnliches Bild kursierte auch schon kurz nach dem Gewinn des EHF-Cup im Netz.
Hohe Erwartungen an Nachfolger
Sigurdssons Nachfolger Erlingur Richardsson steht vor einer schweren Aufgabe. Die neu zusammengestellte Mannschaft wird es nicht einfach haben, die Erwartungen zu erfüllen - die durch den Titelgewinn am Sonntagabend auch nicht geringer geworden sind.
Die Zukunft war in der Feierstimmung aber erst einmal nur zweitrangig, zumal der Cup-Gewinn eine eher durchschnittliche Saison der Berliner (derzeit Platz sieben) erst zu einer erfolgreichen machte. "Wir haben ein sehr schwieriges Jahr hinter uns. Wir haben diese Saison nicht gut gespielt und sind nicht immer so aufgetreten, wie wir wollten", sagte Sigurdsson: "Dieser Titel macht dieses Jahr sehr, sehr schön und rückt alles irgendwie wieder gerade."