Neues Format, neues Image, neue Zielgruppen: Nach der letzten Ausgabe des Supercups suchen die DHB-Verantwortlichen fieberhaft nach Wegen aus der Zuschauer-Krise.Zudem soll die Zielgruppe mit professioneller Hilfe besser definiert und das Image der Nationalspieler aufpoliert werden.
"Wir müssen jetzt den Mut für Veränderung haben und neue Wege gehen", sagte DHB-Vize Hanning dem SID nach den schmerzhaften Erfahrungen vom Wochenende. Den deutschen Handballern, das legten die Länderspiele im Norden schonungslos offen, laufen trotz des sportlichen Aufschwungs unter Bundestrainer Dagur Sigurdsson die Fans weg. Die Hallen in Flensburg und Hamburg waren nicht einmal zur Hälfte gefüllt.
Hanning schwebt ein vollkommen neues Konzept für den nach 36 Jahren eingemotteten Supercup vor. Einen Länderkampf gegen Olympiasieger Frankreich, bei dem Männer-, Frauen- und Jungendteams gegeneinander antreten und dabei Punkte sammeln, skizziert er als eine Möglichkeit. "Man muss kreativ denken und mutig sein", sagt Hanning und nennt einen Drei-Länder-Cup mit Österreich und der Schweiz als weitere Alternative: "Vielleicht aber auch etwas ganz anderes." Mit konkreten Ergebnissen der verbandsinternen und "ergebnisoffenen" Diskussionen rechnet er 2016, das erste Turnier mit neuem Modus soll 2017 steigen.
Mehr als die Hälfte die Plätze bleibt frei
Zudem fehlt es der Nationalmannschaft nach Jahren der sportlichen Talfahrt zurzeit an Gesichtern, die über den Handball hinaus Strahlkraft besitzen. Stars wie Pascal Hens oder Michael Kraus, die nach dem Wintermärchen 2007 im eigenen Land Heldenstatus erlangten, sucht man aktuell vergebens. "Die Vermarktung der Mannschaft und auch einzelner Spieler ist ein klares Thema für die Zukunft", sagte Hanning und betonte: "Gesichter kommen nur über Erfolg. Und, das ist halt auch ein Teil der Wahrheit: Wir waren jahrelang nicht erfolgreich."
Wie schwer es die Sportart in Deutschland zurzeit hat, legte die Zuschauerresonanz beim 19. und letzten Supercup schonungslos offen. Nachdem bereits bei der ersten Turnierstation in Flensburg mehr als die Hälfte der Plätze leer geblieben war, verirrten sich am Samstag nicht einmal 4000 Zuschauer ins weite Rund der Multifunktionsarena im Hamburger Volkspark (Fassungsvermögen 13.000).
"Ich bin ein positiver Typ", sagte Bundestrainer Sigurdsson: "Ich bin dankbar für die Leute, die kommen. Wir brauchen die Zuschauer." Doch auch dem Isländer war der verwaiste Oberrang in Hamburg nicht verborgen geblieben, die Reihen waren mit schwarzem Tuch abgehängt.
"Wir müssen eine neue Fankultur forcieren"
"Wir müssen eine neue Fankultur forcieren, da liegen viele Potenziale brach", sagte Rolf Reincke, DHB-Vizepräsident für den Bereich Organisation, und kündigte für die nächsten Wochen eine "zügige interne Analyse" der schlechten Ticketnachfrage an. Man werde sich dabei der Instrumente der Marktforschung bedienen.
"Wir müssen Profis mit einbeziehen, um unsere Kunden besser kennenzulernen und herauszufinden, wo genau unsere Zielgruppen liegen", sagte Reincke: "Mit Bordmitteln allein wird man das nicht hinbekommen, dafür muss man auch mal ein bisschen Geld in die Hand nehmen."
Vom Grundsatz des "Think Big", bei der Länderspielplanung in großen Kategorien zu denken, will der DHB jedenfalls nicht abrücken. "Wenn das Konzept stimmt, bekommen wir jede 15.000-Mann-Arena voll", sagte Hanning, warb aber gleichzeitig um Geduld: "Erfolg braucht Zeit, Konsequenz und Kontinuität." Platz eins unter Deutschlands führenden Sportarten hinter "König Fußball" sei jedenfalls nicht in Gefahr. Noch nicht.