Was ist geplant?
Eine Investorengruppe um den deutschen Spielervermittler Wolfgang Gütschow, der unter anderem Bundestrainer Dagur Sigurdsson und Nationaltorhüter Carsten Lichtlein zu seinen Klienten zählt, will eine privat betriebene Superliga unter dem Namen Premier Handball League (PHL) installieren.
Die Liga soll 2019 starten und eine Lizenzliga sein, also ein Franchise-System nach dem Vorbild der NBA. Der Plan: Die Teilnehmer treten in einem geschlossenen Zyklus das ganze Jahr in Hin- und Rückspielen gegeneinander an. Es soll feste Spieltermine im Wochen-Rhythmus geben. Auf- und Abstiege gibt es also nicht.
Wie ist der aktuelle Stand der Dinge?
Im Vergleich zu früheren Anläufen scheinen die Initiatoren diesmal ernst zu machen. Es ist nach Einschätzung vieler Experten nicht davon auszugehen, dass es sich nur um eine Blase handelt.
Ein Indiz dafür ist die Kündigung des Geschäftsführers des EHF-Marketing, Peter Vargo, der im Sommer 2016 bei der PHL einsteigt. Vargo war bisher für die Vermarktung der Champions League zuständig.
Und: Nach übereinstimmenden Berichten wurde die PHL am 25. November 2015 unter der Nummer CH-020-3.402.676-5 ins Handelsregister in Zürich eingetragen. Verwaltungsratspräsident ist Gütschow.
Welche Ziele verfolgt die PHL?
Es geht langfristig natürlich darum, Geld zu verdienen. Der Handball soll zu einem vermarktbaren Premiumprodukt gemacht werden, in dem auch die teilnehmenden Vereine einen deutlich größeren Anteil aus den Fleischtöpfen erhalten als es in der Champions League der Fall ist. Irgendwann in den Jahren nach 2019 soll die Liga auch auf dem US-Markt und in Asien positioniert werden.
Zudem sollen Profischiedsrichter und der Videobeweis eingeführt werden. Die Regeln sollen vereinfacht werden, beispielsweise wird es anscheinend eine Shotclock geben.
Welche Teams sind dabei?
Der Start soll mit zwölf Mannschaften erfolgen, die möglichst in großen europäischen Metropolen beheimatet sind. Aktuell wird mit den beiden deutschen Teilnehmern THW Kiel und Füchse Berlin geplant. Es werden zudem Gespräche mit den Rhein-Neckar Löwen geführt, auch ein in Hamburg angesiedeltes Team ist offenbar ein Thema.
International gesehen sollen der FC Barcelona, Paris Saint-Germain und eine Mannschaft aus Moskau vertreten sein. Außerdem werden MKB Veszprem und angeblich sogar Besiktas gehandelt.
Grundsätzlich gilt: Es könnte nach jetzigem Stand auch der eine oder andere Verein aus dem Nichts entstehen und teilnehmen. Die exakten Voraussetzungen, um zugelassen zu werden, wurden bisher allerdings nicht kommuniziert.
Wie reagieren die Verbände EHF und IHF?
Die IHF hält sich bislang komplett zurück. Die EHF, die über Ziele und Marketingstrategien von der PHL informiert wurde, hat angekündigt, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Begeistert ist sicher keiner der Dachverbände.
Man muss davon ausgehen, dass alle Mittel eingesetzt werden, um eine derartige Liga zu verhindern. Gütschow selbst rechnet mit "brachialen Sanktionen". Am Ende würden aber nicht die Verbände, sondern die großen Klubs über die Realisierung des Projekts entscheiden.
Was bedeutet die PHL für die Champions League?
Kommt die PHL, ist die ohnehin schon von einigen Klubs ungeliebte Champions League Geschichte. Gerade deutsche Topvereine bemängeln seit Jahren die zu vielen und oft unattraktiven Spiele in der Königsklasse. Zudem werden sie ihrer Meinung nach zu wenig am Erfolg beteiligt.
Gerüchten zufolge schüttet die EHF lediglich ein Viertel der Vermarktungserlöse von 14 Millionen Euro aus. Zum Vergleich: Beim Fußball verbleiben etwa drei Viertel der Champions-League-Erlöse in Höhe von 420 Millionen Euro bei den Klubs. Die PHL soll für die Vereine deutlich lukrativer werden.
Was heißt das für die HBL?
Die potenziellen deutschen Teilnehmer haben bereits klargestellt, dass die Bundesliga in keinster Weise beeinträchtigt werde. PHL-Partien werden demnach unter der Woche stattfinden, HBL-Partien am Wochenende. Die zusätzlichen Belastungen für die Spieler könnten, so die Macher, durch größere Kaderstärken aufgefangen werden.
Ein großes Problem gibt es allerdings doch. Wird die PHL tatsächlich so lukrativ wie angekündigt, würden beispielsweise die beiden Teilnehmer Kiel und Berlin gegenüber dem Rest der HBL einen riesigen Wettbewerbsvorteil haben.
Das könnte über kurz oder lang dazu führen, dass die Bundesliga von zwei Vereinen komplett dominiert wird. Nach jetzigem Stand würden womöglich die Rhein-Neckar Löwen oder die SG Flensburg-Handewitt mit dem THW und den Füchsen nicht mehr ernsthaft konkurrieren können.
Was sagen die Funktionäre?
Gerd Butzeck (Geschäftsführer des Forum Club Handball): "Eine private Liga könnte die bestehenden verkrusteten Strukturen aufbrechen und das Produkt Spitzenhandball nachhaltig verbessern."
Frank Bohmann (HBL-Geschäftsführer): "Die Pläne sind interessant. Es ist eine gute Vermarktungsidee, unseren Sport in weltweite Metropolen bringen zu wollen. Man muss das Modell und die Sportart in Städten wie Sydney, Chicago oder Tokio aber erstmal vermitteln."
Thorsten Storm (Geschäftsführer THW Kiel): "Wenn das ganze so umgesetzt wird wie geplant, sind plötzlich Reichweiten und Werbetöpfe für den Handball möglich, an die unser Sport sonst nicht herankommen würde. Es ist eine Riesenchance für unseren Sport. Viele jugendliche Handballer würden ihren Idolen nacheifern wollen. Im Moment werden es tendenziell eher immer weniger Kinder in den Vereinen."
Bob Hanning (Füchse-Boss und DHB-Vizepräsident): "Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir aus dem Fenster gucken und nicht merken, dass die Rollläden unten sind. Es muss sich grundsätzlich etwas ändern. Ich plädiere für eine gemeinsame Lösung mit der EHF."
Lars Lamade (Manager Rhein-Neckar Löwen): "Ich befinde mich ebenfalls in Gesprächen mit der neuen Liga und finde die Idee grundsätzlich gut."
Wolfgang Gütschow (PHL-Verwaltungsratspräsident): "Für die Vermarktung sehe ich großes Potenzial, da es nur Hammerspiele mit einer Mega-Playoff-Runde gibt."
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