Nach vier Meisterschaften in Folge und zehn Titeln in den vergangenen elf Jahren scheint das imposante Meister-Abo des Rekordchampions abgelaufen. Aus dem Dreikampf an der Spitze der Handball-Bundesliga ist nach der dramatischen 28:29-Niederlage der Kieler beim Pokalsieger SC Magdeburg drei Wochen vor dem Saisonende plötzlich ein Zweikampf zwischen den Rhein-Neckar Löwen und der SG Flensburg-Handewitt geworden.
"Mit der Niederlage in Magdeburg haben sich die Kieler von der deutschen Meisterschaft verabschiedet", sagte der frühere Welthandballer Daniel Stephan dem SID: "Auch wenn der THW in der Vergangenheit immer wieder auch das Unmögliche möglich gemacht hat, glaube ich diesmal nicht an eine Titelverteidigung." Vor allem auswärts seien die Leistungen dafür in dieser Saison zu schwankend gewesen.
Da passte es nur ins Bild, dass Kiels Rechtsaußen Niclas Ekberg einen möglichen Punktgewinn beim SCM mit einem verworfenen Siebenmeter in der Schlusssekunde vergab.
Löwen siegen souverän
"Ich glaube kaum, dass sich die Löwen den Titel jetzt noch aus der Hand nehmen lassen", sagte Stephan. Tatsächlich zeigten die Mannheimer drei Tage nach dem überraschenden Ausrutscher bei den Füchsen Berlin (20:24) am Mittwochabend eine Trotzreaktion und gewannen erstaunlich souverän mit 30:21 beim starken Aufsteiger DHfK Leipzig.
Und so stehen die Chancen der Löwen auf ihren ersten nationalen Titel plötzlich besser denn je. Das Team von Trainer Nicolaj Jacobsen führt die Tabelle mit 50:8 Punkten vor Flensburg (47:9) und Kiel (46:10) an und kann sich aufgrund der mit Abstand besten Tordifferenz in seinen letzten drei Spielen sogar noch ein Unentschieden erlauben.
"Es ist natürlich schön, dass die Kieler Federn gelassen haben. Aber wir müssen weiter hart arbeiten", sagte Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer bei Sport1 und warnte angesichts der beiden auf der Zielgeraden verspielten Meisterschaften in den Vorjahren vor verfrühter Euphorie. Sein Traum, sich im Sommer nach 13 Jahren im Verein mit der lang ersehnten Meisterschale gen Paris zu verabschieden, bekommt jedoch immer schärfere Konturen.
Flensburg einzig verbliebener Konkurrent
Einzig die Flensburger, im Jahr 2004 letzter Meister vor der Kieler Vorherrschaft, die 2011 nur vom HSV Hamburg durchbrochen wurde, können den Löwen wohl noch einen Strich durch die Meisterrechnung machen. Mit dem 32:25 bei der MT Melsungen setzte die Mannschaft von Trainer Ljubomir Vranjes noch einmal ein dickes Ausrufezeichen und schob sich in der Tabelle am ungeliebten Nordrivalen vorbei auf Platz zwei.
Doch bevor die Nordlichter auf einen Ausrutscher der Löwen hoffen dürfen, sind sie selbst gefordert. Denn schon nach dem 88. Landesderby am Sonntag (17.30 Uhr) in Kiel könnte die Meisterschaft wohl endgültig entschieden sein.