Hallo Handball-Fans!
Vom eigentlich nicht qualifizierten Außenseiter bei der WM 2015 zum Titelfavoriten! In dieser Kernbotschaft dokumentiert sich die großartige Entwicklung der deutschen Nationalmannschaft in den vergangenen beiden Jahren unter ihrem Erfolgstrainer Dagur Sigurdsson.
Sigurdsson wird bei seinem letzten Auftritt als Bundestrainer alles dafür tun, seine Erfolgsgeschichte zu krönen. Für das Abschneiden bei der WM sollte es keine Rolle spielen, dass sein Abschied bereits feststeht.
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Denn der Isländer ist nach wie vor ein authentischer Leader und intuitiv handelnder Taktikexperte, dem die Mannschaft bedingungslos vertraut und dessen Vorgaben die Spieler weiterhin perfekt umsetzen werden. Er hat dem Team ein Siegergen eingepflanzt und garantiert mit seinem Bauchgefühl einmal mehr dafür, ein wesentlicher Erfolgsfaktor zu sein.
Frankreich ist der Topfavorit
Angesichts des Gewinns des EM-Titels und der Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen können unsere Handballer mit viel Optimismus nach Frankreich fahren.
Das erklärte Ziel ist das Halbfinale. Das ist ambitioniert, realistisch und damit motivierend, weil hohe Ziele nur zu erreichen sind, wenn man sie sich auch setzt. Zudem erwarte ich als Titel-Konkurrenten zunächst nur Frankreich und Dänemark. Kroatien und Spanien sehe ich eher in der Außenseiterrolle.
Natürlich ist Frankreich als Gastgeber der Topfavorit. Allerdings sind Leistungsträger wie Thierry Omeyer in die Jahre gekommen. Die Franzosen verfügen über keinen zweiten Torwart von internationalem Top-Niveau und auch über keine echte Alternative zu Nikola Karabatic. Die Ausnahmespieler Omeyer und Karabatic können somit Fluch oder Segen sein, weil beide zusammen rund 50 Prozent der französischen Mannschaftsleistung ausmachen.
Auch Daniel Narcisse und Michael Guigou sind Mitte 30 und haben ihren Leistungszenit wahrscheinlich schon überschritten. Nicht zuletzt muss nach dem Rücktritt des langjährigen Erfolgstrainers Claude Onesta der als Cheftrainer noch unerfahrene Didier Dinart seine Qualität erst einmal unter Beweis stellen.
Allrounder Wiencek unverzichtbar
Im Vergleich zu den Franzosen sehe ich deshalb bei der deutschen Mannschaft einen Vorteil in Sachen Coaching sowie einige Vorteile im Kader. Der wichtigste Faktor aus DHB-Sicht ist unser nach wie vor sehr junges und erfolgshungriges Team, das alle Möglichkeiten mitbringt, sich auch in diesem Turnier weiter zu entwickeln.
Ein größeres Risiko birgt lediglich die Linkshänder-Position im Rückraum sowie die zentrale Abwehr- und Kreisläufer-Position. Im rechten Rückraum wird nach den Ausfällen von Fabian Wiede und Steffen Weinhold viel von Kai Häfner abhängen. Bleibt er gesund, wird er eine gute WM spielen.
Als Alternative steht erfreulicherweise Holger Glandorf zur Verfügung, der gegen Österreich ein beeindruckendes Comeback gegeben hat. Auch wenn der Bundestrainer aktuell nicht mit ihm plant, bin ich davon überzeugt, dass er ihn im Verlaufe des Turniers nachnominieren wird und er dann auch ein wichtiger Erfolgsfaktor sein kann.
Dagegen würde ein Ausfall von Patrick Wiencek nach der Absage von Hendrik Pekeler zu einem größeren Problem werden. Wiencek ist für mich eindeutig der MVP in unserer Mannschaft. Als Allrounder in Angriff, Abwehr und Umschaltspiel ist der Kieler absolut unverzichtbar.
Der beste Heinevetter aller Zeiten?
Betrachtet man die Situation im Kader mehr Chancen- als Risiko-orientiert, haben wir im Vergleich zu anderen Nationen eine breiter aufgestellte und ausgeglichenere Mannschaft. Aufgrund ihrer Jugend in Kombination mit der Wechseltaktik (alle Spieler werden eingesetzt und sind wichtig), können sich die Spieler über die Turnierdauer besser regenerieren. Wir verfügen über das beste Kollektiv und sind in der Lage, uns als typische Turniermannschaft von Spiel zu Spiel zu steigern.
Den letztendlich alles entscheidenden Erfolgsfaktor machen die Spieler aus, die den Unterschied von Sieg oder Niederlage herbeiführen. Hier verfügen wir auf der Torwart- und den beiden Außenpositionen über herausragende Ausnahmekönner.
Andreas Wolff und Silvio Heinevetter bilden ein Torwartduo, um das uns die gesamte Welt beneidet. Wolff hat bei den letzten beiden Turnieren die anderen Teams das Fürchten gelehrt. Und es würde mich nicht überraschen, wenn wir nach der WM vom besten Heinevetter alle Zeiten sprechen würden.
Auch unsere Außenspieler Uwe Gensheimer und Tobias Reichmann verdienen das Prädikat Weltklasse. Ihre Qualität im Konter und im Positionsangriff wird von keiner anderen Mannschaft erreicht.
Eine einfache Erfolgsformel
Mein Optimismus auf eine erfolgreiche WM lässt sich in einer einfachen Erfolgsformel zusammenfassen: Die Torwart- und Konterquoten machen 80 Prozent des Erfolgs im Handball aus.
Die deutsche Nationalmannschaft hat das beste Torhütergespann aller Mannschaften und gute Torwartleistungen sind die Voraussetzung für viele einfache Tore im Konterspiel.
Wir haben die beste Konter- und Flügelzange aller Mannschaften und werden deshalb viele einfache Tore erzielen. Nimmt man die übrigen Erfolgsfaktoren wie Trainer- und Kaderqualität hinzu, können wir der WM mit großer Vorfreude entgegensehen.
Bis zum nächsten Mal!
Euer Rolf Brack
Dr. Rolf Brack, geboren am 6. Dezember 1953, war als Trainer über 25 Jahre in der ersten und zweiten Liga aktiv und schaffte mit verschiedenen Klubs vier Aufstiege in die Bundesliga. Er coachte unter anderem von 2004 bis 2013 die Spielgemeinschaft HBW Balingen-Weilstetten und von 2013 bis 2016 das Nationalteam der Schweiz. Der Diplom-Sportwissenschaftler war lange Jahre mitverantwortlich für die Planung und Durchführung der A-Trainerausbildung des DHB, ist aktuell Lektor der EHF im Rahmen der Mastercoach-Ausbildung und im Hauptberuf Privatdozent am Sportinstitut der Universität Stuttgart. Als Spieler war Brack bei der SG Dietzenbach in der Bundesliga aktiv.
Die WM 2017 im Überblick