Deutschland hat bei der Handball-WM die Vorrunde souverän gemeistert und überraschend sogar noch drei Zähler in die Hauptrunde mitgenommen. Bundestrainer Christian Prokop präsentiert sich positiv verändert. Und: Die deutsche Mannschaft hat sogar noch Luft nach oben. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Felix Götz.
Ich gebe es offen zu: Ich gehöre dem Teil von Handball-Deutschland an, der vor der WM skeptisch war. Ist das DHB-Team nach dem Desaster bei der EM in Kroatien wieder stabil genug, um Topleistungen abzurufen? Ist das strapazierte Verhältnis zwischen Prokop und der Mannschaft tatsächlich wieder intakt? Die Antwort auf beide Fragen lautet: Bis jetzt ja - und wie!
Die deutsche Auswahl inklusive Trainer hat sich während der Vorrunde in Berlin als echte Einheit präsentiert. Sie begeisterte die Fans mit leidenschaftlichem, gutem und vor allem erfolgreichem Handball.
Mit den drei Punkten, die Deutschland mit in die Hauptrunde nach Köln nimmt, wurden die Erwartungen übertroffen. Schließlich hatten nur große Optimisten damit gerechnet, dass selbst gegen Titelverteidiger Frankreich etwas zu holen ist.
Prokop hat eine Wandlung vollzogen
Ein wesentlicher Anteil am bisherigen Erfolg gebührt dem Bundestrainer. Prokop musste nach seinen Fehlern bei der EM einmal nach Canossa kriechen, um seinen Posten zu behalten. Er hat dabei aber nicht nur seine Versäumnisse offengelegt, sondern vor allem die richtigen Schlüsse daraus gezogen.
Er wirkt seit dem ersten Tag der WM nicht mehr ansatzweise so verkrampft, wie das in Kroatien noch der Fall war, ist teilweise richtig locker. Prokop bezieht die Führungsspieler viel stärker mit ein, hält seine Ansprachen in der Auszeit so einfach wie möglich und hat seine Taktiktafel dabei gleich ganz in die Mottenkiste gepackt.
Kurzum: Prokop hat eine Wandlung vollzogen, ohne sich selbst zu verleugnen. Er kommt authentischer als zuvor rüber und hat bewiesen, was für ein unglaublich selbstreflektierender Trainer er ist. Dafür kann man dem 40-Jährigen nur Respekt zollen.
Das DHB-Team hat noch Luft nach oben
Auch deshalb ist dem DHB-Team mittlerweile zuzutrauen, in Köln noch einen draufzusetzen. Es ist in der Vorrunde überhaupt nicht der Eindruck entstanden, dass die Truppe - abgesehen vom bisher herausragenden Mittelblock - schon am Limit agiert.
Im Rückraum haben Paul Drux und Steffen Fäth definitiv noch Luft nach oben. Im Tor haben weder Andreas Wolff noch Silvio Heinevetter ihr höchstes Leistungsniveau erreicht.
Schafft es das DHB-Team, alle Kräfte zu bündeln und die Zuschauer weiter mitzunehmen, ist das Halbfinale drin. Und wie sagt man so schön? Dann ist ohnehin alles möglich!