Uwe Gensheimer wehrte sich nach dem verpassten WM-Ziel gegen seine Kritiker. Der DHB-Spielführer sprach dabei von "Neid und Missgunst" - am Sonntag sprang ihm auch der DHB ungewohnt offensiv zur Seite.
Uwe Gensheimer war genervt. Schon wieder dieses Thema, schon wieder stand der Kapitän der deutschen Handballer unter Beschuss. "Och, eigentlich habe ich gar keinen Bock, auf die Frage zu antworten", moserte Gensheimer, als er im TV auf die Kritik aus der Heimat angesprochen wurde: "Die Statistiken sprechen für sich. Ich weiß, dass ich besser Handball spielen kann."
Abseits des Feldes befindet sich Gensheimer im Verteidigungsmodus. Mal wieder. Am Sonntag legte der Linksaußen in einer bemerkenswerten Verbandsmitteilung nach. "Die ständige externe Kritik empfinde ich als respektlos und mangelnde Wertschätzung. Was von außen an unsere Nationalmannschaft herangetragen wird, entspricht in keiner Weise meinen Werten sowie dem Zusammenhalt und Geist unseres Teams", wird Gensheimer darin zitiert, zu der sich der DHB genötigt sah.
Auch DHB-Sportvorstand Axel Kromer wählte eine scharfe Rhetorik und bezeichnete die Deutungen des ZDF-Interviews, in dem Gensheimer am Vorabend angesprochen auf seine Kritiker von "Missgunst und Neid" gesprochen hatte, als "ein bewusstes Missverstehen".
Handball-WM: Uwe Gensheimer in der Kritik
Auf der Platte wirkt Gensheimer auch in seinem siebten großen Turnier als Kapitän seltsam gehemmt. "Vielleicht ist es zu viel für ihn: ein wichtiger Spieler zu sein und Kapitän der Mannschaft. Seine Körpersprache erstaunt mich", hatte jüngst Markus Baur, DHB-Kapitän beim deutschen WM-Titel 2007, der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten gesagt und damit Zweifel gesät, ob Gensheimer in seiner Rolle als Kapitän noch der Richtige ist.
Bundestrainer Alfred Gislason will solche Diskussionen erst gar nicht aufkommen lassen. Gensheimers Amt stehe "überhaupt nicht zur Diskussion - im Gegenteil: Er macht seinen Job intern als Kapitän sehr gut", sagte der DHB-Coach am Sonntag. Auch Teamkollege Kai Häfner sprang "Gense" zur Seite: "Er ist in der Mannschaft absolut angesehen als Kapitän, er füllt das Amt sensationell aus." Häfner kann sich "keinen besseren Kapitän vorstellen".
Gensheimer ist genervt von dieser seit Jahren schwelenden Debatte. Seine elf Turniertore in den bisherigen vier WM-Spielen entsprechen nicht seiner gewohnten Trefferquote. "Hier und da könnte unser Spiel auch noch ein bisschen mehr auf die Linksaußenposition ausgerichtet werden von den Halben", sagte Gensheimer und übte damit leise Kritik an seinen Mitspielern: "Da kommt auf der rechten Seite mehr an. Aber manchmal ist es halt so. Es ist, wie es ist."
Seit 2014 ist der Hochbegabte, der auf Klubebene Titel en masse gewonnen hat, Kapitän der deutschen Mannschaft, in Ägypten bestreitet er sein siebtes Turnier als Anführer des Teams. Seine Qualitäten sind unbestritten, in 194 Länderspielen traf er sage und schreibe 934 Mal - doch der ganz große Wurf will ihm mit der Nationalmannschaft bislang einfach nicht gelingen.
Beim EM-Titel 2016 fehlte Gensheimer verletzt, und auch das Turnier am Nil war nicht seines. Daran dürfte auch der sportlich unbedeutende WM-Abschluss gegen Polen am Montag (20.30 Uhr) nichts ändern.