Deutschlands Handballer klatschten sich nach dem Arbeitssieg in der Türkei locker ab, Euphorie kam nach dem zweiten Sieg im zweiten Spiel der EM-Qualifikation aber nicht auf. Das 36:29 (20:14) beim krassen Außenseiter in Ankara verlief keineswegs nach dem Geschmack von Bundestrainer Alfred Gislason.
"Nach der Pause haben wir einen dummen Fehler nach dem anderen gemacht. So haben wir die Halle und die türkische Mannschaft aufgeweckt. Das darf eigentlich nicht passieren", sagte Gislason nach dem am Ende ungefährdeten Erfolg im letzten Länderspiel des Jahres. Sein Team habe die "Linie deutlich" verloren: "Das darf der Mannschaft nicht passieren."
Torhüter Andreas Wolff, der Deutschland in seinem 171. Länderspiel in Vertretung von Johannes Golla erstmals als Kapitän anführte, überzeugte vor 2090 Zuschauern zu Beginn zwar mit einigen Paraden und präzisen Zuspielen über das ganze Feld. Nach der Pause leistete sich der Olympia-Zweite defensiv aber einige Fehler und brachte Gislason zeitweise zum Toben.
"Wir sind nicht zufrieden mit dem Spiel", sagte Shootingstar Renars Uscins: "Das müssen wir besser hinkriegen." Der flinke Rechtsaußen Lukas Zerbe und Rückraumspieler Marko Grgic (beide 8 Tore) waren am Sonntagnachmittag die besten Werfer für die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB).
Gislason: "Jeder will sich für die WM zeigen, heute ist das nicht allen gelungen"
Auf dem Weg zur Weltmeisterschaft 2025 (14. Januar bis 2. Februar) nutzte Gislason die einseitige Partie zum Testen und Einspielen. Das Spiel in Anatolien war das letzte vor der WM-Kadernominierung im Dezember. So durften sich auch Spieler aus der zweiten Reihe im deutschen Team beweisen. "Jeder will sich für die WM zeigen, heute ist das nicht allen gelungen", sagte Gislason.
Neben Golla, der wegen muskulärer Probleme in der Heimat geblieben war, fehlte kurzfristig auch der abwehrstarke Christoph Steinert im DHB-Team. Der Linkshänder hatte sich im Abschlusstraining einen Mittelhandbruch zugezogen.
Nach einer wackligen Anfangsphase, in der Deutschland offensiv nicht ins Spiel fand und die Türken sogar in Führung lagen, übernahmen die Gäste die Spielkontrolle - vor allem dank großer Treffsicherheit und Tempo im Angriff. Zunächst fiel es gegen den Underdog nicht ins Gewicht, dass sich im umgebauten Innenblock mit Sebastian Heymann und Justus Fischer einige Lücken offenbarten.
Als die Türken beim 21:24 (42.) auf drei Tore verkürzten, platzte Gislason in einer Auszeit der Kragen. "Jungs, hört mir zu, verdammt nochmal. Wir müssen mehr Gas geben", forderte der 65-Jährige. Ernsthafte Zweifel am deutschen Sieg kamen aber auch nach der Pause nicht auf. Dennoch begeisterten die Türken ihr Publikum, das freien Eintritt hatte und für eine hitzige Atmosphäre sorgte, immer wieder mit aus deutscher Sicht zu einfachen Treffern.
Zum Auftakt der EM-Qualifikation hatte sich das deutsche Team am vergangenen Donnerstag in Mannheim souverän gegen die Schweiz (35:26) durchgesetzt. Der dritte DHB-Gegner ist Österreich. Die zwei besten Teams der Gruppe 7 lösen das Ticket für die Endrunde in Dänemark, Schweden und Norwegen (13. Januar bis 1. Februar 2026).