Harry Kane bedient seinen Ruf - Aston Villa liefert die Blaupause: Erkenntnisse zur ersten Pleite des FC Bayern unter Vincent Kompany

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Im achten Pflichtspiel hat der FC Bayern trotz ordentlicher Leistung erstmals unter Vincent Kompany verloren. Wie ist die Pleite einzuordnen?

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Okay, schlimmer als an diesem Mittwochabend in Birmingham hätte es kaum kommen können: Mit dem Fußballklub Aston Villa und dem Fußballtrainer Unai Emery standen dem FC Bayern München zwei absolute Angstgegner gegenüber. Da fehlten eigentlich nur Ole Gunnar Solskjaer und Didier Drogba im Sturm.

Gegen Villa verloren die Münchner 1982 im Landesmeistercup erstmals ein großes Finale, Emery düpierte sie in jüngerer Vergangenheit gleich mehrmals. 2021 schaltete er mit dem FC Villarreal Julian Nagelsmanns Mannschaft aus. 2017 gewann er mit Paris Saint-Germain 3:0 gegen den FC Bayern und sorgte somit für die Entlassung von Trainer Carlo Ancelotti. Es war übrigens bis zu diesem Mittwochabend die letzte Münchner Pleite in der Champions-League-Gruppenphase.

Mit dem jetzigen 1:0 haben Villa und Emery nicht nur eine 41 Spiele anhaltende Serie beendet, sondern dem FC Bayern auch die erste Niederlage unter Trainer Vincent Kompany zugefügt. Auf sechs teils deutliche Siege gegen teils deutlich schwächere Gegner folgte zuletzt ein Remis im Spitzenspiel gegen Bayer Leverkusen.

Wie schon bei der dominanten Vorstellung gegen eine mauernde Werkself hätte der FC Bayern auch gegen das mutigere Villa einen Sieg verdient gehabt. Zwar nicht so sehr wie am Samstag, aber sämtliche Statistiken sprachen abermals für Kompanys Mannschaft. Die Münchner kamen gegen Villa auf 17:5 Schüsse, 70 Prozent Ballbesitz, einen xG-Wert von 1,42 und ließen gleichzeitig nur 0,4 zu erwartende Tore zu.

"Von zehn Spielen wären es sechs Siege, drei Unentschieden und eine Niederlage gewesen", analysierte Kapitän Manuel Neuer. "Wir haben kein schlechtes Spiel gemacht, aber auch nicht unser allerbestes."

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Aston Villa zeigt, wie Vincent Kompanys FC Bayern zu überwinden ist

Gegen Villa zeigte sich erstmals, wie Kompanys riskante Spielweise - hohe Abwehrkette und Mann-gegen-Mann-Verteidigung - zu überwinden ist. Wiederholt brachten die Engländer den FC Bayern mit schnellen, vertikalen Angriffen in die Bredouille. In der Anfangsphase klärte Neuer einmal weit vor seinem Tor, Dayot Upamecano schrammte zweimal knapp an einem Notbremsen-Platzverweis vorbei.

Beim entscheidenden Gegentor verteidigte Upamecano den Torschützen Jhon Duran nach einem weiten Pass nicht eng genug, dann flog der Ball über den herausgeeilten Neuer hinweg ins Tor. Fehler sah der Keeper aber keinen bei sich: "Wer alle Spiele von uns gesehen hat, der weiß, dass ich bei jedem Spiel so gespielt habe. Das ist unser Spiel." Joshua Kimmich wollte Neuer explizit "keinen Vorwurf" machen: "Wir profitieren sehr sehr oft davon, dass Manu hoch steht."

Kompany sagte: "Wir müssen objektiv schauen: Wir haben mit dieser Spielweise in den letzten vier Spielen vielleicht acht Chancen zugelassen." Ein Blick auf die xG-Werte der Gegner bestärkt den Trainer: 0,7 Dinamo Zagreb, 0,0 Werder Bremen, 0,07 Leverkusen und nun eben 0,4 Villa. Statistisch hätte der FC Bayern in den vier Spielen statt vier nur ein Gegentor kassieren dürfen. Tatsächlich lassen die Münchner mit ihrer riskanten Spielweise erstaunlich wenig zu. Obwohl Villa die Schwächen penetrant bespielte und der FC Bayern in mehreren Situationen wackelte, hatten die Gastgeber kaum zwingende Chancen.

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FC Bayern: Harry Kane bedient seinen zweifelhaften Ruf

Wer dafür zwingende Chancen hatte: der FC Bayern - obwohl er erstmals unter Kompany ohne Treffer blieb. Serge Gnabry verpasste in der ersten Halbzeit aus vielversprechender Position ein Zuspiel auf den deutlich besser postierten Harry Kane und vergab kurz vor Schluss freistehend. Michael Olise hatte gute Schusschancen, Kane scheiterte in der Nachspielzeit mit einem gefährlichen Kopfball.

Bedenklich: Es war nach einem geblockten Freistoß kurz zuvor erst sein zweiter Abschluss des Spiels, gegen Leverkusen schoss er kein einziges Mal. Nach seinem brillanten Saisonstart mit 15 Scorerpunkten in sechs Spielen blieb Kane bei den Duellen mit den beiden ersten hochklassigen Gegnern blass und ohne Torbeteiligung und bediente damit seinen zweifelhaften Ruf, in großen Spielen nicht zu liefern.

In der vergangenen Saison traf Kane zwar regelmäßig in den Bundesliga-Topspielen, kam in den großen K.o.-Duellen der Champions League mit dem FC Arsenal und Real Madrid aber nur auf zwei Elfmetertore. Kritik an Kane wiegelte Kompany nach der Pleite gegen Villa ab: "Die Priorität ist immer, als Mannschaft Chancen zu haben. Und wir hatten Chancen."

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FC Bayern: Der Druck steigt und es warten drei starke Gegner

Auch gegen Villa war beim FC Bayern ein funktionierendes Angriffssystem erkennbar. "Wenn wir so eine Qualität an Chancen haben, bin ich mit dem Herausarbeiten der Chancen nicht ganz unzufrieden", betonte Kimmich, der sich auf der Sechs abermals als Ballverteiler bewährte. Vorne sorgten vor allem Jamal Musiala und Michael Olise für Geistesblitze. Sie versprühen wie in den vorherigen Partien deutlich mehr Kreativität als die übrigen Offensivspieler. Trotz des tiefen Kaders besteht aktuell somit eine gewisse Abhängigkeit.

Gegen Villa schonte Kompany Musiala zunächst und brachte ihn erst zur Pause, was sich direkt bemerkbar machte. "In der zweiten Halbzeit war es viel besser", sagte auch Kompany. Der zweite prägende Offensivspieler Olise stand zuletzt viermal hintereinander in der Startelf und könnte demnächst eine Pause benötigen.

Infolge von Niederlagen werden traditionell auch die Forderungen von Reservisten nach mehr Spielzeit intensiver. Im DAZN-Interview vor dem Spiel gegen Villa bügelte Kompany Fragen zur unbefriedigenden Situation von Sommer-Neuzugang Joao Palhinha weg. Er wolle "mit der Tradition ein kleines bisschen brechen", Bankplätze öffentlich zu begründen. Neben Palhinha werden sich vor allem auch der wiedergenesene Leroy Sané sowie Mathys Tel, Leon Goretzka und Thomas Müller mehr Spielzeiten erhoffen.

Kompany kann mit dem Auftritt seiner Mannschaft gegen Villa sowohl defensiv als auch offensiv grundsätzlich zufrieden sein, der Druck steigt nach zwei sieglosen Spielen aber automatisch und das Kadermanagement dürfte anspruchsvoller werden. Zudem warten weitere starke Gegner: Am Sonntag der Tabellenzweite Eintracht Frankfurt, nach der Länderspielphase Vizemeister VfB Stuttgart und der FC Barcelona.