Galopprennsport im freien Fall

SPOX
30. Dezember 200816:39
Der Galopp-Rennsport befindet sich im freien FallGetty
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Der deutsche Galopprennsport befindet sich im freien Fall. Die Bilanz des Jahres 2008 fällt aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten verheerend aus: Weniger Veranstaltungen, weniger Starter und weniger Wettumsatz, die Grundlage der Finanzierung der Rennen.

39,1 Millionen Euro wurden in der abgelaufenen Saison gewettet, das sind 18,7 Prozent weniger als 2007, die negative Tendenz der letzten Jahre wird damit fortgesetzt.

Mitte der Neunziger Jahre setzten Deutschlands Galopprennvereine 143 Millionen Euro pro Jahr um, noch 2002 waren es noch über 100 Millionen gewesen.

Rennvereine machen hohe Schulden

"Die Talsohle ist jetzt erreicht", sagte Engelbert Halm, der Chef-Manager des deutschen Galopprennsports bei der Ehrung der deutschen Meister in Dortmund, doch glaubt in der Branche daran derzeit niemand.

Die Rennvereine schieben teilweise hohe Schuldenberge vor sich her. Den Internationalen Club, Veranstalter der Rennen in Baden-Baden, drücken unwidersprochen Lasten von rund zehn Millionen Mark. Der Verein spricht von "Umstrukturierungen", will an den für 2009 vorgesehenen drei Meetings festhalten.

Nur noch zwölf Renntage in Köln

Andere planen da wesentlich konservativer. "Wir führen nur noch Renntage durch, die durch Sponsoren abgesichert sind", sagt Claas Kleyboldt, der Präsident des Kölner Rennvereins. Das sind gerade zwölf, wie bei anderen Rennvereinen auch ein quantitativer Tiefststand in der jüngeren Vergangenheit.

Dabei steht dieser Klub vergleichsweise noch gut da, hat er doch gerade das ihm gehörende Rennbahngelände für 15 Millionen Euro an die Stadt Köln verkauft.

Der Frankfurter Renn-Klub wird derweil von einer Insolvenzverwalterin geführt, doch wird es hier private Hilfe geben - ein Bad Homburger Unternehmer will einem neuen Verein auf die Sprünge helfen.

Grund für Misere sind Internet-Wetten

Der Grund für die Misere im Turf liegt auch darin begründet, dass die Wetten immer mehr im undurchsichtigen Internet verschwinden. Gewiefte Zocker gehen nicht mehr an den Einzahlschalter, sondern setzen via Mausklick auf die Pferde.

Das Geld kommt so nicht beim Veranstalter, sondern bei Buchmachern an, die ihren Steuersitz in entsprechenden Oasen wie Malta oder Kroatien haben. Der Pferderennsport hat es einst versäumt, sein Produkt im Internet entsprechend zu schützen.

Während der Trabrennsport in den letzten Monaten dank der finanziellen Schützenhilfe des Hamburger Milliardärs und Traberzüchters Günter Herz aus seiner Leblosigkeit zu erwachen scheint, fehlt den Galoppern ein solventer Investor.

30-Millionen-Vertrag wurde nicht unterschrieben

Ein unterschriftsreifer Vertrag mit einem englischen Wettunternehmen, das dem Vernehmen nach 30 Millionen Euro in den Rennsport pumpen wollte, ist nicht unterzeichnet worden. "Wir verhandeln mit Investoren und sind guter Hoffnung", sagt Halm zwar, doch wird ihm in der Branche kaum noch Glauben geschenkt.

Eine Gruppe von Besitzern und Züchtern verlangt in einem offenen Brief jetzt Aufklärung über die Pläne des wenig transparenten Galopper-Dachverbandes. Sportlich dagegen steht der deutsche Rennsport so gut wie eh und je da.

Vier hier gezogene Pferde rangieren in der Weltrangliste unter den besten 50, für die deutsche Stute Lady Marian wurden vor vier Wochen in England auf einer Auktion rund zwei Millionen Euro gezahlt.

Das rettet den hiesigen Turf aber nicht vor dem schleichenden Aus.

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