Frage: Wie sicher waren Sie nach der 12. Runde, dass Sie gewonnen haben?
David Haye: Gewissheit hatte ich erst, als das endgültige Urteil gefällt wurde. Ich habe direkt nach dem Kampf das Gerücht gehört, dass einer der Ringrichter auf Unentschieden entschieden hätte - was sich ja auch bewahrheitet hat. Und dann schoss mir durch den Kopf, dass ich in Deutschland keinen Heimvorteil genieße und dachte schon an das Schlimmste. Als das Ergebnis dann kam und bekannt gegeben wurde, dass die anderen beiden Ringrichter mit 116:112 für mich gestimmt haben, war es eine große Erleichterung.
Frage: Warum haben Sie nicht entschlossener den K.o. gesucht, um für klare Verhältnisse zu sorgen?
Haye: Ich wusste, dass ich ihn in der letzten Runde ausknocken kann, aber die Umsetzung fiel schwer, weil ich mir meine rechte Hand in der zweiten oder dritten Runde schwer verletzt habe. Vielleicht ist sogar etwas gebrochen, auf jeden Fall sind die Handknöchel des Ring- und kleinen Fingers richtig reingedrückt. Da ich davon ausging, dass ich noch viele Runden kämpfen musste, habe ich dementsprechend klug weitergeboxt und geschaut, dass ich durchkomme.
Frage: Wie ist die Handverletzung passiert?
Haye: Ich habe bei einem Schlag meine Hand an seinem Gesicht zertrümmert. Er hat wohl das härteste Kinn und den härtesten Kopf der Welt. Noch nie habe ich gegen so etwas Hartes geschlagen. Selbst die härtesten Sandsäcke kommen da nicht heran. Dementsprechend weh hat es getan, aber ich bin ja ein großer Junge, und als die mitgereisten Fans mich mit "Go David!" anfeuerten, habe ich einfach bis zum Ende weitergepuncht. Meine Schläge waren perfekt, nur mit dem K.o. hat es nicht geklappt.
Frage: Was war der Schlüssel zum Erfolg?
Haye: Die Geschwindigkeit. Die Leute realisieren bis heute nicht, wie schnell meine Schläge kommen. Wenn ich nicht Boxer geworden wäre, hätte ich wohl Fußball oder Rugby gespielt, so athletisch bin ich. Wenn er versucht hat, mich zu treffen, habe ich einfach meinen Kopf weggezogen oder ich bin viel gelaufen. Ich wusste genau, wie Walujews Kampfstrategie lautete. Er hat nichts gemacht, was ich nicht erwartet hätte. Aber es war unglaublich, wie irrsinnig tough Walujew ist. Wie er meine Schläge weggesteckt hat... Wahnsinn...
Frage: Was bedeutet der WM-Titel im Schwergewicht für Sie?
Haye: Es ist ein unglaubliches Gefühl, wenn etwas in Erfüllung geht, von dem man sein Leben lang träumt. Jeder dachte, dass ich verrückt bin, gegen einen so großen Boxer zu kämpfen. Als Kind wurde ich für meinen Traum noch ausgelacht, da ich für mein Alter nicht besonders groß war. Aber ich habe bewiesen, dass alles möglich ist, wenn man sich ein Ziel setzt, ein gesundes Leben führt und hart arbeitet.
Frage: Sie wirken nach dem Kampf so gar nicht wie der respektlose Bad Boy der letzten Wochen. Sind Sie in Wahrheit nur ein guter Showman?
Haye: Man musste sich nur die Zuschauerränge ansehen. Es waren sicher mehr englische als deutsche Fans in der Halle. Würden sie kommen, wenn ich einen schlechten Stil hätte? Ich habe bewiesen, dass ich nicht nur Sprüche klopfe, sondern auch Ergebnisse liefere, indem ich den größten und schwersten Champion aller Zeiten besiegt habe.
Frage: Was steht als nächstes auf dem Programm?
Haye: Was soll man schon machen, wenn man sein großes Ziel erreicht hat? Mir fällt nicht viel mehr ein als zu feiern. Ich will alle Freunde und die Familie zusammenbringen und eine schöne Zeit haben. Party! (lacht)
Frage: Und boxerisch?
Haye: Als nächstes geht es gegen Pflichtherausforderer John Ruiz. Er ist ein guter, aber unterschätzter Fighter. Wer sich als ehemaliger Champion noch immer in der Weltspitze hält, muss etwas können. Dennoch gehe ich davon aus, dass ich zu schnell für ihn sein werde.
Frage: Und wann kommen die Klitschkos dran?
Haye: Ich will gegen jeden kämpfen, der einen WM-Gürtel besitzt, damit ich uneingeschränkter Weltmeister werden kann. Ich will im Schwergewicht aufräumen und für Furore sorgen. Daher müssen auch die Klitschkos dran glauben.
Frage: Wann streben Sie einen Fight an?
Haye: Ich möchte im nächsten Jahr gegen einen von ihnen kämpfen. Gegen welchen von beiden ist mir eigentlich egal. Vitali ist tougher, dafür hat Wladimir mehr Talent, aber im Grunde sind sie gleich stark. Hauptsache, ich bekomme genauso faire Bedingungen wie gegen Walujew.
Frage: Ist auch ein Rematch gegen Walujew denkbar?
Haye: Er muss sich jetzt erstmal hinten anstellen, aber wenn er einige Gegner besiegt hat, ist es absolut denkbar. Walujew würde sich wohl eine komplett andere Taktik zurechtlegen, aber ich trete gerne noch einmal gegen ihn an.