Mit zwei Gold- und zwei Silbermedaillen in den 14 olympischen Klassen brachten sich die Boote des Deutschen Ruderverbandes (DRV) als drittstärkste Nation hinter Neuseeland und Großbritannien knapp elf Monate vor den Olympischen Spielen in Stellung. Bei der WM vor einem Jahr in Neuseeland hatte die deutsche Flotte lediglich einen Titel und insgesamt drei Medaillen aus dem Lake Karapiro gefischt.
"Wir sind auf dem richtigen Weg und gut aufgestellt. Es muss noch eine Schippe draufgelegt werden, damit wir vorne bleiben", sagte DRV-Präsident Siegfried Kaidel, dessen ehrgeiziges Ziel von vier Olympiasiegen in London durchaus möglich erscheint.
Kaidel mahnte in Erinnerung an den Schiffbruch 2008 in Peking, als der DRV erstmals seit 52 Jahren ohne Gold blieb, sich nach den jüngsten Erfolgen nicht zurückzulehnen: "In der Vergangengeit haben wir es nicht geschafft, im Olympiajahr zuzulegen. Das muss uns jetzt gelingen."
11 Olympiatickets bereits sicher
Elf von 14 möglichen Olympiatickets haben die DRV-Boote in Bled schon gelöst. Neben den triumphalen Goldfahrten des Deutschland-Achters und des Frauen-Doppelvierers gab es aber auch bittere Momente. Der Männer-Doppelvierer lag auf dem idyllischen Bleder See bis wenige Meter vor dem Ziel klar auf Goldkurs, als Lauritz Schoof mit dem Ruderblatt hängenblieb und die Australier am schlingernden deutschen Boot noch vorbeizogen.
"Ich glaube, dass das Boot gekippt ist. Deshalb bin ich auf dem Wasser aufgeschlagen", sagte der Unglücksrabe aus Rendsburg. Vollkommen konsterniert hatte Schoof sich bei der Siegerehrung die Silbermedaille um den Hals hängen lassen. Auch Karl Schulze (Dresden), Philipp Wende (Wurzen) und Tim Grohmann (Dresden) konnten das Missgeschick kaum fassen, Tränen standen ihnen in den Augen.
"Gold hätte die Krönung sein können. Aber mit dem Frust von heute kann uns die Steigerung 2012 gelingen. Ich hoffe, dass es nächstes Jahr reicht", sagte Schlagmann Grohmann. Um sechs Hunderstel hatte der Männer-Doppelzweier mit Hans Gruhne/Stephan Krüger (Potsdam/Rostock) WM-Gold verpasst.
"Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir haben das Potenzial, zwei, drei weitere Mannschaften auf das Podium raufzuziehen", sagte DRV-Cheftrainer Hartmut Buschbacher, der sich zudem über eine Silber- und zwei Bronzemedaillen in den nicht-olympischen Klassen freute.
Baustelle: Frauen-Riemenbereich
Die größte Baustelle bleibt allerdings der Frauen-Riemenbereich. Der Frauen-Achter und der Zweier ohne Steuerfrau verpassten die direkte Olympia-Qualifikation. Auch der leichte Frauen-Doppelzweier muss im nächsten Jahr das Ticket für London nachlösen. "Gerade im Leichtgewichtsbereich hatte ich damit gerechnet, dass wir eine Medaille holen", meinte Buschbacher.
Diese Rückschläge taten der positiven Grundstimmung im deutschen Lager aber keinen Abbruch. Präsident Kaidel sieht auch in der nach Peking vorgenommenen Neustrukturierung des Trainerteams einen wichtigen Grund für die Steigerung. Die Trainer würden sich besser austauschen. Man gehe gemeinsam vor und spreche nach draußen eine Sprache, so Kaidel.
Ohne Medaille, aber mit einer starken Leistung meldete sich der deutsche Einer-Meister Marcel Hacker unter den Top-Skullern zurück. Der 34-Jährige ruderte sieben Wochen nach einer Bandscheiben-OP beim Sieg des Neuseeländers Mahe Drysdale als Vierter zu seinem besten Einer-Resultat bei einem Großereignis seit fünf Jahren (Silber in Eton).
Dementsprechend zufrieden gab sich der beste deutsche Einerfahrer des vergangenen Jahrzehnts. "Ich habe den Großen im Finale standgehalten. Ich bin stolz auf meine Leistung", sagte der Weltmeister von 2002 und richtete noch in seinem Boot sitzend eine Kampfansage an die Konkurrenz: "Ich will olympisches Gold im Einer angehen."