Der Mann ist für tot erklärt worden, zweimal schon. Das erste Mal wurde das Ableben von Rugby-Legende Jonah Lomu 2004 beim Warten auf eine Nierentransplantation vermeldet, sechs Jahre später nach einem Herzinfarkt. Der heute 36-jährige Neuseeländer lebt immer noch, kämpft aber seit ein paar Tagen wieder um sein Leben. Und die Lage ist ernst, sehr ernst sogar.
Der Vize-Weltmeister von 1995, der als erster globaler Superstar seiner Sportart gilt, war am 23. September mit Nierenproblemen in ein Krankenhaus in Auckland eingeliefert worden. Seitdem bangt die Rugby-Gemeinde um Lomu. Die WM in Neuseeland, bei der am Wochenende die Vorrunde endet, gerät (beinah) zur Nebensache. Fans, aber auch die All Blacks sowie Premierminister John Key sandten Lomu ihre Genesungswünsche.
Gesundheitlicher Zustand stabil
Wie es um den 63-maligen Nationalspieler steht, ist ungewiss. Als "stabil" bezeichnete Lomus Lebensgefährtin Nadene am Sonntag in einer Erklärung seinen Zustand. Seitdem hüllen sich Familie und behandelnde Ärzte in Schweigen. Sicher ist nur, dass bei Lomu bereits vor 16 Jahren ein seltenes Nierenleiden (Nephrotisches Syndrom) diagnostiziert wurde.
Die Hiobsbotschaft erreichte den damals 20-Jährigen kurz vor der WM 1995 in Südafrika. Doch Lomu, dessen Markenzeichen stets seine unaufhaltsamen Sturmläufe waren, ließ sich nicht beirren, gab weiter Vollgas im Vollkontaktsport Rugby.
Zwei Vize-WM-Titel mit den All Blacks
Einige Jahre ging das gut. Bei der WM 1999 war Lomu erneut der Superstar, zum Titel reichte es mit den All Blacks aber, wie schon vier Jahre zuvor, nicht.
Doch nicht nur der Titeltraum des "Big Man", wie das 1,96 m große und 125 kg schwere Kraftpaket genannt wird, war damit geplatzt. Über die Jahre hatte sich der Gesundheitszustand des neuseeländischen Volkshelden verschlechtert. Monatelang musste er zur Dialyse, die Nebenwirkungen der lebenserhaltenden Behandlungen brachten seine Karriere beinahe zum Erliegen.
2003 warnten die Ärzte Lomu vor einem Leben im Rollstuhl, falls nicht bald eine Spenderniere gefunden würde. Was kaum einem Gegner gelungen war, schaffte sein Körper: Lomu war am Boden. "Ich war dieser Typ, der da rumrannte, einfach über Gegenspieler lief, Versuche legte, Spiele gewann, Spaß hatte", sagte Lomu: "Am Ende war ich so krank, dass ich nicht einmal an einem Baby vorbeilaufen konnte."
Dem Tod von der Schippe gesprungen
Zu seinem Retter wurde Radiomoderator Grant Kereama, der ihm 2004 eine Niere spendete. Danach begann für Lomu ein neues Leben, vieles musste der ehemalige Profisportler aber erst wieder erlernen. "Wie mache ich einen Schritt? Wie hebe ich meinen Fuß vom Boden, bewege ihn nur ein kleines Stück durch die Luft und setze ihn dann zurück auf den Boden? Ich musste mir das Gehen wieder beibringen", sagt Lomu über diese Zeit.
Im Juni 2005 kehrte er auf die große Rugby-Bühne zurück, zog sich aber beim Abschiedsspiel für Martin Johnson, Weltmeister mit England 2003 und heutiger englischer Nationaltrainer, eine Schulterverletzung zu und musste operiert werden.
Es folgten weitere Comeback-Versuche. 2007 beendete er schließlich seine Karriere, um 2009 beim französischen Klub Marseille Vitrolles wieder anzufangen.
Bei der Heim-WM in Neuseeland fungiert der Nationalheld als offizieller Turnierbotschafter, noch vor gut zwei Wochen war er im Rahmen der WM-Eröffnungsfeier im Eden Park in Auckland aufgetreten. Jetzt wünschen ihm alle, dass er spätestens beim Finale am 23. Oktober wieder als Zuschauer im Eden Park dabei ist. Die Chancen stehen nicht allzu gut.