Der 23-Jährige liebt die Höflichkeit des "tollen Volkes", den Puls der niemals ruhenden Stadt, die Hektik auf den übervollen Straßen - anstecken lässt er sich aber keineswegs.
Vor den 43. Weltmeisterschaften (7. bis 16. Oktober) ist Hambüchen fokussiert wie selten zuvor.
Olympia-Qualifikation als primäres Ziel
"Es geht primär um die Qualifikation für London und nichts anderes", sagt der Olympia-Dritte. Das vom Deutschen Turner-Bund (DTB) ausgerufene Ziel klingt auch aus seinem Mund nicht wie eine Floskel.
Der deutsche Turnstar meint es ernst: Finalstartplätze, Einzelmedaillen - all das sei bei seiner vierten WM-Teilnahme "Zugabe".
Hambüchen hat einen großen Traum: Bei den Olympischen Spielen 2012 in London die Goldmedaille zu holen, die er 2008 in Peking verpasst hatte.
"Es geht uns nur darum, die Grundlage für nächstes Jahr zu legen", sagt er deshalb bescheiden, und fügt hinzu: "Ich will meinen Spaß haben und zeigen, dass ich wieder da bin."
Neugewonnene Reife: "Ich bin fitter denn je"
Knapp acht Monate Verletzungspause infolge einer Achillessehnen-Operation haben den einstigen Teenie-Star reifen lassen. "Ich habe viel an meinen Schwächen gearbeitet und bin fitter denn je", sagt der Reckweltmeister von 2007 vor seiner sechsten WM-Teilnahme.
Kurz vor dem Abflug in Richtung Fernost hat Hambüchen entgegen aller Ankündigungen sogar seinen ersten Sechskampf geturnt. Das Training an den beiden stark belastenden Geräten Sprung und Boden läuft auch im Yoyogi Trainingszentrum inmitten von Tokio gut.
"Ich merke, dass alles in die richtige Richtung geht", sagt Hambüchen. Die Mehrkampf-Entscheiung wird trotzdem ohne den Olympia-Dritten von Peking stattfinden, wie Hambüchen und Cheftrainer Hirsch bestätigten.
Kein Seitpferd: Mehrkampf-Entscheidung ohne Hambüchen
"Ich bin zwar auf alles vorbereitet, aber es geht um den Mannschaftserfolg. Wegen meiner Trainingsrückstände am Boden und beim Sprung habe ich im Mehrkampf ohnehin keine Riesenambitionen", sagte der 23-Jährige, dem im Januar die linke Achillessehne gerissen war. Deshalb kann Hambüchen an diesen beiden Geräten erst seit knapp sieben Wochen wieder ernsthaft trainieren. Zum Einsatz kommen wird stattdessen WM-Neuling Andreas Toba aus Hannover.
Der Einzug ins Teamfinale der besten Acht sollte für die zweimalige Bronze-Mannschaft der vergangenen Titelkämpfe dennoch kein Problem sein. Außerdem: Hambüchen fügt sich, und auf Kampfparolen wartet man aus seiner Richtung inzwischen vergebens. Vielmehr ist der einstige Alleinherrscher des deutschen Turnens zum Teamplayer geworden.
Konkurrenz aus den eigenen Reihen ist "beruhigend"
Differenzen mit Vize-Weltmeister Philipp Boy und der DTB-Spitze sollen der Vergangenheit angehören. In der neuen Garde des deutschen Turnens um Boy und Barren-Europameister Marcel Nguyen fühlt Hambüchen sich inzwischen pudelwohl.
"Es hängt nicht mehr nur von mir ab. Ich kann frei aufturnen", sagt der gebürtige Bergisch Gladbacher.
Bei Olympia in Peking konnte der damals 19-Jährige dem hohen Erwartungsdruck nicht standhalten, holte "nur" Bronze. Jetzt sei es daher "beruhigend zu wissen, dass wir alle Finalchancen haben und jeder gewissen Druck verspürt".
Hoffen auf den "perfekten Tag"
An seiner Rolle im Team hat sich dennoch nichts geändert. Als "unersetzlich" beschreibt Hambüchen sich selbst: "Ich bin wieder sehr fit, höchst motiviert und einfach gut drauf".
Persönliche Ziele müssen zumindest bis zum Mannschaftsfinale hinten anstehen, und auch dann bräuchte es "einen perfekten Tag mit einer perfekten Übung" für eine weitere WM-Medaille.
Auch an seinem Paradegerät Reck "wird das Niveau wird von Jahr zu Jahr höher", weiß Hambüchen, schöpft aber aus den eindrucksvollen Übungen bei seinen ersten Wettkämpfen im August durchaus Hoffnung: "Ich habe eine Chance."
Hambüchen alles zuzutrauen
Bringt Hambüchen seine mit Schwierigkeiten gespickte Übung durch wie beim Gewinn seines 27. Deutschen Meistertitels vor rund eineinhalb Monaten in Göppingen, ist ihm wieder alles zuzutrauen. "Ich freue mich über jeden Tag mehr, den ich bei der WM bestreiten darf", sagt er.
Das Reckfinale findet am letzten Tag statt. Die Atmosphäre dürfte ähnlich werden wie beim Gewinn seines letzten großen Titels in Stuttgart 2007. "Ich habe einen großen Fanklub hier", weiß Hambüchen. Er mag das Land. Und das Land mag ihn.