Studie: Schäuble, Genscher und Maihofer belastet

SID
Hat der ehemalige Innenminister Hans-Dietrich Genscher "Medaillen um jeden Preis" verlangt?
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Durch die Veröffentlichung der Studie über Doping in Westdeutschland werden offenbar auch höchste Repräsentanten der westdeutschen Politik belastet. Laut der Süddeutschen Zeitung soll Hans-Dietrich Genscher, damals Bundesinnenminister, ein Jahr vor Olympia 1972 in München "Medaillen um jeden Preis" gefordert haben.

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Und ein einflussreicher Sportmediziner schreibt dem jetzigen Finanzminister Wolfgang Schäuble, damals Sprecher der CDU-Fraktion im Sportausschuss des deutschen Bundestages, die Aussage zu: "Wenn es nicht schadet, soll man auch das Bestmögliche unseren Sportlern angedeihen lassen."

Schäuble werden auch in anderen Medien belastende Zitate zugeordnet. In der früheren ARD-Sendung "Kontraste" wurde der CDU-Spitzenpolitiker 1977 als Chef der Opposition im Sportausschuss des Deutschen Bundestages hinsichtlich der längst verbotenen Anabolika so zitiert: "Wir wollen solche Mittel nur eingeschränkt und unter ärztlicher Verantwortung einsetzen, weil es offenbar Disziplinen gibt, in denen heute ohne den Einsatz dieser Mittel der leistungssportliche Wettbewerb in der Weltkonkurrenz nicht mehr mitgehalten werden kann."

Doping vertretbar

Anlässlich der Einweihung des Medizinischen Zentrums 1976 in Freiburg machte der damals für den Leistungssport zuständige Vertreter im Bundesinnenministerium, Gerhard Groß, im Südwestfunk brisante Aussagen. An den Freiburger Sportmediziner Joseph Keul gewandt, sagte der damals unter Minister Werner Maihofer tätige Groß: "Wenn keine Gefährdung oder Schädigung der Gesundheit herbeigeführt wird, halten Sie leistungsfördernde Mittel für vertretbar. Der Bundesminister des Inneren teilt grundsätzlich diese Auffassung. Was in anderen Staaten erfolgreich als Trainings- und Wettkampfhilfe erprobt worden ist und sich in jahrelanger Praxis ohne Gefährdung der Gesundheit der Athleten bewährt hat, kann auch unseren Athleten nicht vorenthalten werden."

Genscher wird im Bericht der SZ vom Mittwoch aus dem Vorfeld der Olympischen Spiele 1972 in München folgender Satz zugeschrieben: "Unsere Athleten sollen die gleichen Voraussetzungen und Bedingungen haben wie die Ostblockathleten." Weiter heißt es, Genscher habe in München "Medaillen gefordert - koste es, was es wolle". Und von einem Arzt soll der FDP-Politiker gefordert haben: "Von Ihnen als Sportmediziner will ich nur eins: Medaillen." Auf den Einwand hin, die Zeit bis Olympia sei knapp ("Ein Jahr vorher?"), soll Genschers Antwort gewesen sein: "Das ist mir egal."

Lepping: Wie in der DDR

Die frühere Sprinterin Claudia Lepping, die in Hamm auch unter dem dopingverdächtigen Bundestrainer Jochen Spilker trainiert hatte, behauptet sogar, dass in Westdeutschland in den siebziger Jahren ähnlich stark gedopt wurde wie in der früheren DDR: "Doping im Spitzensport in der ehemaligen DDR und in Westdeutschland waren in den siebziger Jahren durchaus vergleichbar. Man sollte beide Systeme aber nicht gleich setzen", sagte die frühere Leichtathletin, die eine Internet-Plattform "doping alarm" betreibt, dem "Hessischen Rundfunk".

Die Ex-Sprinterin wurde selbst mit dem Thema Doping konfrontiert. "Ich habe das bei meinem Wechsel zum SC Eintracht Hamm gar nicht übersehen können. Da lagen die Medikamente in Kulturbeuteln, im Badezimmer oder im Trainingslager."

Für die Leistungssportlerin selbst sei Doping aber nicht in Frage gekommen, das habe sie ihren Trainern von Anfang an gesagt: "Ich erinnere mich, wie ich 1986 bei der EM in Stuttgart fast täglich zur Doping-Kontrolle musste. Ich hab immer gedacht, das müssen alle. Bis ich dahinter gekommen bin, ich bin immer geschickt worden, weil alle wussten, die nimmt nichts."