Dopingjäger Tygart kritisiert NADA

SID
Travis Tygart ist einer der bekanntesten Doping-Jäger der Welt
© getty

Travis Tygart ist einer der gefürchtetsten Doping-Jäger der Welt. Bei seinem Besuch in Bonn kritisierte der Vorsitzende der Anti-Doping-Agentur der USA die potenzielle Einflussnahme von Sport und Politik auf die NADA und mahnte zur Unabhängigkeit.

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US-Dopingjäger Tygart ist ein Amerikaner wie er im Buche steht - charismatisch, direkt und überaus freiheitsliebend. Kein Wunder, dass der Vorsitzende der Anti-Doping-Agentur der USA bei seinem Besuch im Bonner Wissenschaftszentrum die fehlende Unabhängigkeit der NADA von Sport und Politik kritisierte.

"Unabhängigkeit ist ein Muss, um im Kampf gegen Doping erfolgreich zu sein", sagte Tygart dem "SID": "Das ist die Basis für eine effektive Arbeit."

Doch das entspricht in Deutschland nicht der Realität. Der im Jahr 2002 gegründeten NADA steht ein Kuratorium vor, das sich aus Vertretern der Wirtschaft, des Bundesinnenministeriums und des organisierten Sports zusammensetzt - und von denen sie auch ihre Gelder erhält.

"Fuchs im Hühnerstall"

Für Tygart, der 2012 den siebenmaligen Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong des Dopings überführt hatte und auch vor Sprint-Superstars wie Marion Jones und Tim Montgomery nicht Halt gemacht hatte, ist da ein Interessenkonflikt programmiert.

"Überlässt man die Dopingkontrollen den Sportverbänden, führt das zwangsläufig zu Diskrepanzen. Auf der einen Seite will sich der Sport vermarkten, Geld verdienen und Gewinne erzielen. Und auf der anderen Seite soll er sich aber auch selbst kontrollieren. Das ist doch sprichwörtlich wie der Fuchs im Hühnerstall", sagte Tygart.

Fakt ist: Lediglich drei positive Befunde bei 8106 Trainingskontrollen vermeldeten die deutschen Dopingjäger 2013. 2012 waren es acht. Bei der Studie "Dysfunktionen des Spitzensports" von 2013 gaben 5,9 Prozent von 1150 anonym befragten deutschen Sportlerinnen und Sportlern, die von der Sporthilfe gefördert wurden, zu, regelmäßig zu dopen. 40,7 Prozent beantworteten die entsprechende Frage erst gar nicht. Die Dunkelziffer der Doper ist demnach noch erheblich höher.

Mehr Kontrollen

Die seit 2007 von Tygart angeführte USADA arbeitet als unabhängige Organisation und finanziert sich zu zwei Dritteln über Geld von der US-Regierung und zu einem Drittel von den Sportverbänden, für die sie die Kontrollen durchführen.

Im Umgang mit dem Geld sei die Organisation aber "völlig unabhängig". "Ehrlich gesagt kann ich mir kein anderes System vorstellen, das ähnlich gut funktionieren würde," erklärte der aus Jacksonville in Florida stammende Tygart.

Vielmehr rief der studierte Jurist und Philosoph die Sportverbände in Deutschland dazu auf, mehr Kompetenzen im Anti-Doping-Kampf in die Hände der NADA zu legen. Derzeit übernimmt die in Bonn beheimatete Organisation nämlich nur die Wettkampfkontrollen für 28 der 62 Spitzenverbände des DOSB. Im Jahr 2013 führten die Verbände 4051 Wettkampfkontrollen durch, nur 1260 lieferte die NADA.

Kritik an Verbänden

Doch die Einführung des neuen WADA-Codes 2015 schreibt vor, dass die komplette Organisation und Durchführung nicht nur der Trainings-, sondern auch der Wettkampfkontrollen durch die NADA durchgeführt werden muss.

Während sich die Verhandlungen mit dem DFB laut Andrea Gotzmann, Vorstandsvorsitzende der NADA, "in einem weit fortgeschrittenen Stadium" befinden, sperren sich andere Verbände hingegen vehement. "Es bleibt abzuwarten, wie die neuen Vorgaben auch umgesetzt werden", lautete dazu der beiläufige Kommentar von Tygart.

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