Judoka haben Rio "voll im Hinterkopf"

SID
100-Kilogramm-Koloss Dimitri Peters ist amtierender Olympia-Dritter
© getty

Der Countdown läuft: Für die deutschen Judoka sind die am Montag in Astana beginnenden Weltmeisterschaften eine entscheidende Generalprobe auf dem Weg zu Olympia 2016 in Rio de Janeiro. Trotz des guten Abschneidens bei der EM mit zehnmal Edelmetall ist die Erwartungshaltung vor den Titelkämpfen im judoverrückten Kasachstan recht niedrig.

Cookie-Einstellungen

"Ich wäre froh, wenn wir zwei Medaillen holen", sagte Peter Frese, Präsident des Deutschen Judo-Bundes (DJB), dem SID. Vor allem die kurze Vorbereitungszeit gibt dem Verbands-Boss zu denken. Nur acht Wochen lagen zwischen den Europameisterschaften im Rahmen der Europaspiele in aserbaidschanischen Baku und der WM. "Wir müssen sehen, wie die Athleten die kurze Vorbereitungszeit verkraftet haben. Da das Leistungsmaximum zu halten, ist sehr schwer", sagte Frese.

Trotzdem ist die WM für die Athleten ein echter Gradmesser ein Jahr vor Olympia. "Rio ist voll im Hinterkopf", sagte Frese, der insbesondere von den weiblichen Judoka viel erwartet: "Die Frauen haben bei der EM hervorragend gekämpft, bei den Männern ist noch Luft nach oben." Acht der zehn EM-Medaillen gingen auf das Konto der Frauen.

Trajdos deutsche Favoritin

Szaundra Diedrich (Bottrop) und Laura Vargas Koch (Berlin/beide 70 kg) gehen hoffnungsvoll ins Rennen, und auch die frühere Weltranglistenerste Miryam Roper (Leverkusen/57 kg), allesamt EM-Medaillengewinnerinnen, ist nicht zu unterschätzen. Die deutsche Favoritin auf einen Platz auf dem Siegertreppchen ist aber wohl die frisch gekürte Europameisterin Martyna Trajdos (Hamburg/63 kg). Frese warnt jedoch vor zu großen Erwartungen: "Bei der WM fangen wir bei null an. Wenn eine Athletin Europameisterin geworden ist, können wir nicht davon ausgehen, dass sie auch eine Medaille bei der WM gewinnt. Da kommen acht bis zehn starke Konkurrentinnen mehr dazu."

Bei den Männern ruhen die Hoffnungen auf Alexander Wieczerzak (Frankfurt) und Sven Maresch (Berlin/beide 81 kg) und auf den 100-kg-Kolossen Dimitri Peters (Hannover), Olympiadritter von London, und Karl-Richard Frey (Leverkusen). Frey war es auch, der bei der WM im vergangenen Jahr mit Bronze ein medaillenloses deutsches Debakel verhindert hatte. Der letzte Weltmeistertitel für den DJB liegt mittlerweile zwölf Jahre zurück.

"Wir schimpfen immer"

Dass es nach Aserbaidschan nun mit Kasachstan erneut für die Judoka in ein Land geht, in dem es mit Menschenrechten nicht so genau genommen wird, ist Frese durchaus bewusst. "Wir schimpfen immer, weil wir Meisterschaften in diese Länder geben. Es wäre doch schön, wenn wir auch genügend Geld bekommen würden, um selber solche Turniere auszurichten. Aber das kann mein kleiner Verband nicht aufbringen", sagte Frese und fügte hinzu: "Die Sportler konzentrieren sich nur auf die WM, blenden alles andere aus."

Darin haben die Mattensportler mittlerweile Übung, ist Judo in den Ländern im Kaukasus und in Zentralasien doch umjubelter Nationalsport. Frese ist sich sicher: "Es wird dort voll abgehen, die Hütte wird brennen."

Artikel und Videos zum Thema