SPOX: Herr Djedovic, gegen Barca wurde es vergangene Woche mitunter sehr deutlich. Die Katalanen wirkten eingespielter. Was fehlt dem FC Bayern noch?
Nihad Djedovic: Barcelona war definitiv eingespielter. Wir sind erst seit wenigen Tagen zusammen, haben in der Zeit aber bereits eine gute Entwicklung genommen. Speziell verglichen mit meinem ersten Spiel. Jetzt haben wir noch ein paar Tage bis zum Saisonstart. Deshalb denke ich auch, dass wir am Ende bereit sein werden.
SPOX: Wie sieht es bei Ihnen selbst aus? Wie gut haben Sie sich an Team und Coaches gewöhnt?
Djedovic: Für mich ist das keine neue Situation. Ich bin ja jeden Sommer bei der Nationalmannschaft und komme eigentlich immer erst zehn bis 15 Tage vor Saisonstart zum Verein. Das ist okay für mich. Ich gewöhne mich jeden Tag besser an das Team.
SPOX: Ihr Coach Svetislav Pesic lässt basierend auf aggressiver Defense gern schnellen Transition-Basketball spielen. Ist das für den FC Bayern nun ein Vorteil, dass mit Ihnen, Heiko Schaffartzik, Malcolm Delaney und Steffen Hamann immer mehrere Spieler auf dem Court stehen, die den Ballvortrag übernehmen können.
Djedovic: Die Spieler wurden natürlich für das System des Trainers ausgewählt. Nun haben wir einige Spieler, die über das gesamte Feld starke Defense spielen können, um dann Fast Breaks zu laufen. Gegen Barcelona haben wir beispielsweise 30 Punkte in Transition gemacht. So werden wir sicherlich die Saison über spielen.
SPOX: Was nimmt man ansonsten aus einem Spiel, wie dem gegen Barcelona mit - speziell mit Blick auf die anstehende Euroleague-Saison?
Djedovic: Wir müssen uns einfach bewusst sein, dass gegen Mannschaften wie Barca jeder Fehler direkt mit einem Korb bestraft wird. Deshalb müssen wir unsere Fehler auf ein Minimum reduzieren, wenn wir in der Euroleague weit kommen wollen.
SPOX: Wie sehr hat Sie da ein Marcelinho Huertas mit seiner Ruhe und Übersicht beeindruckt?
Djedovic: Das sind Spieler, die jede Saison im Final Four stehen. Er hat gut gespielt, aber das hat die gesamte Mannschaft getan. Man hat gesehen, dass bei Barcelona jeder weiß, was er zu tun hat. Wir können uns in Sachen Erfahrung noch nicht mit Barca vergleichen. Schließlich gehen wir in unsere erste gemeinsame Euroleague-Saison, einige in ihre erste überhaupt.
SPOX: Kann man sich vielleicht gerade dann einige Kleinigkeiten von einem Huertas abschauen - speziell im direkten Duell?
Djedovic: Ich denke, dass wir beim FC Bayern individuell bessere Spieler, auch bessere Point Guards haben. Aber er hat die Erfahrung und die Ruhe, um in den wichtigen Momenten den Weg zum Korb zu finden. Das fehlt uns noch.
SPOX: Wo sehen Sie bei sich selbst noch Steigerungspotenzial?
Djedovic: Ich bin hierhergekommen, um mit Svetislav Pesic zu arbeiten, weil ich noch jung bin und sicherlich noch Potential habe, mich weiterzuentwickeln. Der Coach weiß da, was ich brauche.
SPOX: Sie sind in München aufgewachsen, haben die Stadt einst als Ihre erste Heimat bezeichnet. Sind Sie glücklich, wieder zurück zu sein?
Djedovic: Definitiv! Ich bin natürlich auch glücklich, jetzt beim FC Bayern spielen zu dürfen. Ich weiß, was der FC Bayern in Deutschland bedeutet. Deshalb habe ich auch alles andere zurückgestellt, als ich gehört habe, dass Bayern mich will und nur auf das endgültige Angebot gewartet. Jetzt bin ich glücklich, ein Teil dieser Familie sein zu dürfen.
SPOX: Trotz Ihres jungen Alters haben Sie schon viele Vereine gesehen. Unter anderem Barcelona und Galatasaray. Hilft es, wenn man bereits verschiedene Basketballstile kennengelernt hat?
Djedovic: Das hilft definitiv. Bei jedem Trainer siehst du eine andere Seite des Spiels. Ich habe schon verschiedene Stile gespielt und gehe jetzt in meine vierte Euroleague-Saison. Deshalb habe ich mit 23 Jahren schon sehr viel Erfahrung gesammelt. Es gibt in Europa nicht viele Spieler in meinem Alter, die bereits ihre vierte Euroleague-Saison spielen - und das auf dem Court und nicht auf der Bank. Deshalb denke ich, dass meine beste Zeit demnächst kommen wird.
SPOX: Ihre Mitspieler haben dagegen kaum Euroleague-Erfahrung. Kommt Ihnen deshalb eine besondere Rolle zu?
Djedovic: Das ist nicht so wichtig. In der Euroleague müssen wir an unser Maximum gehen, wenn wir die Top16 erreichen wollen. Priorität hat aber ganz klar die BBL. Alle sind hierhergekommen, um die deutsche Meisterschaft zu holen.
SPOX: Kann die fehlende Erfahrung gegen Mannschaften wie Titelverteidiger Olympiakos dennoch zum Problem werden?
Djedovic: Dafür haben wir einen großen Kader. So können wir, anders als die meisten Euroleague-Teams auf unserer Stufe, mit einer großen Rotation spielen. Dadurch können wir auch zwei Spiele pro Woche mit voller Intensität angehen.
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SPOX: Sie haben Ihre Ziele in der BBL angesprochen. Gleich am zweiten Spieltag geht es gegen Bamberg, das seinen festen Kern behalten hat. Kommt das Spiel für Sie als neu zusammengestelltes Team vielleicht etwas früh?
Djedovic: Wenn man die Meisterschaft holen will, darf das keinen Einfluss haben. Dann musst du die Besten schlagen. Wir spielen zu Hause und wollen das Spiel auf jeden Fall gewinnen. Wir haben keine Angst, sind Favorit - diese Rolle geben uns zumindest die anderen. Damit müssen wir umgehen und hundert Prozent geben.
SPOX: In Berlin haben Sie unter Sasa Obradovic gespielt, in München ist Svetislav Pesic Ihr Coach. Beide kommen aus der serbischen Basketballschule. Gibt es da Parallelen?
Djedovic: Die Mentalität ist sehr ähnlich - wie eigentlich überall auf dem Balkan. Beide arbeiten sehr hart. Die Spielstile unterscheiden sich allerdings. Hier spielen wir aggressiv und schnell, während bei Alba zwar auch aggressiv gespielt wird, die Offense aber wesentlich ruhiger abläuft. Das ist ein Unterschied. Zudem hat Svetislav Pesic mehr Erfahrung als Sasa Obradovic. Das ist definitiv ein Vorteil für uns.
SPOX: Serbische Trainer wie Pesic oder auch Zeljko Obradovic haben im Endeffekt überall Erfolg. Woran liegt das?
Djedovic: Das kann man gar nicht nur an den Titeln fest machen. Man muss sich nur anschauen, wie viele Spieler Pesic bereits rausgebracht hat. Bei jedem Klub, bei dem er war, hat er mindestens zwei bis drei Spieler rausgebracht. Aber natürlich hat er auch nahezu überall einen Titel geholt. Das ist schon diese Balkan-Mentalität. Sie selbst mussten als Spieler hart trainieren und geben jetzt an uns weiter, dass Titel ohne harte Arbeit nicht möglich sind.
SPOX: Die EuroBasket verlief für Bosnien dagegen nicht optimal. Haben Sie die Enttäuschung inzwischen überwunden?
Djedovic: Es war schon enttäuschend. Gerade, da wir gegen Litauen zwischenzeitlich mit 16 Punkten geführt und relativ souverän gewonnen haben. Am Ende standen sie dann im Finale. Wir haben unsere ersten beiden Spiele verloren und die letzten drei gewonnen. Wir haben uns gut präsentiert, hätten aber früher in Fahrt kommen müssen. Eigentlich reichen drei Siege zum Weiterkommen, in unserer Gruppe hatten jedoch gleich vier Teams die gleiche Bilanz. Wir haben uns aber gut verkauft und können deshalb auch stolz auf unsere Leistung sein.
SPOX: Vor der EuroBasket haben Sie unglaublich viele Vorbereitungsspiele absolviert und sind nach dem Turnier direkt zum FC Bayern gestoßen. Sie sind ein solches Pensum zwar gewohnt, wie sehr geht es dennoch an die Substanz?
Djedovic: Wenn du nicht trainierst, verlierst du deine Form. Anders bleibt man nicht im Rhythmus. Ich hatte einen Mix aus freien Tagen und der Nationalmannschaft. Das war gut für mich. So kam ich bereit und im Spielrhythmus nach München.
Die Euroleague-Qualifikation im Überblick