Berlin, 18. Februar 1996. Im Pokalfinale stehen sich Ulm und der haushohe Favorit Bayer Leverkusen gegenüber. Die Riesen vom Rhein führen 79:78, dann schlägt von Waadens große Stunde. Jarvis Walker hetzt Sekunden vor Schluss mit dem Ball nach vorne, passt auf die linke Seite zu von Waaden - und der wirft freistehend aus der Halbdistanz mit der Schlusssirene zum Sieg.Der 52-Jährige genießt in Ulm seither den Kultstatus eines Pokalhelden.
SPOX: Herr von Waaden, ich möchte mit Ihnen über den 18. Februar 1996 reden. Den Tag, an dem Sie mit Ulm Pokalsieger wurden.
Gary von Waaden (lacht): Daran erinnere ich mich gut und gerne. Schießen Sie los.
SPOX: Es gibt diesen TV-Ausschnitt mit Ihnen im Interview bei Frank Buschmann direkt nach dem Endspiel. Sie konnten kaum sprechen, weil sie hemmungslos geweint haben. Erinnern Sie sich?
Von Waaden: Doch, natürlich. Das waren alles Glückstränen. Ich war damals fix und fertig vor Glück und habe nur noch rumgeschrien. Sie müssen wissen: Das war ein langer Weg dahin, daran haben wir jahrelang gearbeitet. In den beiden Jahren zuvor hatten wir nämlich jeweils im Finale verloren. Einmal gegen Hagen, einmal ganz bitter mit einem Punkt gegen Leverkusen. Und ich war 1996 schon 35 Jahre alt, danach lief die Karriere langsam aus. Ich habe dann noch ein Jahr in Ulm gespielt, danach noch drei Jahre in der 2. Liga. Es war toll, das noch zu erleben und in dem Moment einfach wahnsinnig emotional. Das Beste kam sozusagen zum Schluss.
SPOX: Haben Sie die letzten Sekunden der Partie gegen Leverkusen noch im Gedächtnis?
Von Waaden: Natürlich! Jarvis Walker lief mit dem Ball nach vorne und wollte den Wurf selbst nehmen. Er wurde aber von zwei Spielern verteidigt, also passte er zu mir rüber. Und ich warf mit Brett, was ich sonst eigentlich nie mache. Höchstens mal im Sommer, wenn draußen gespielt wird. Aber der Winkel hat gepasst und der Ball ist rein gegangen - der Rest ist Geschichte.
SPOX: War das der Wurf ihres Lebens?
Von Waaden (nachdenklich): Ja, das kann man so sagen, es war der Wurf meines Lebens. Es gab noch ein paar andere, kleinere Highlights in meiner Karriere. Aber dieser Wurf und der damit verbundene Pokalsieg: Das ist die Nummer 1.
SPOX: In der Halle war anschließend der Teufel los, auch die in Ulm gebliebenen Fans waren völlig aus dem Häuschen. Wie waren die Stunden danach und die anschließende Party?
Von Waaden: Auf dem Spielfeld wurde ausgiebig gefeiert, Spieler und Fans lagen sich in den Armen. Aber leider bekam ich die anschließende Party in Berlin gar nicht mit. Jarvis Walker und ich sind nämlich nach Stuttgart geflogen, wo wir am Abend in der TV-Sendung Sport im Dritten zu Gast waren.
SPOX: Irgendwie bitter, oder?
Von Waaden (lacht): Naja, einen Vorteil hatte das Ganze. Ich konnte an diesem Abend den Pokal mit nach Hause nehmen, er blieb bei mir über Nacht. Und zu Hause wurde auch noch gefeiert. Meine Nachbarn hatten ein großes Plakat aufgehängt, um mir zu gratulieren. Es war also trotz der verpassten Party sehr erfreulich. Und am nächsten Tag ging es ja weiter.
SPOX: Wie?
Von Waaden: Es gab einen Empfang beim Bürgermeister und wir durften uns ins Goldene Buch der Stadt eintragen. Anschließend fand ein Autokorso statt. Wie beim Fußball war das, ein unglaubliches Freudenfest.
SPOX: Der Pokalsieg 1996 ist bis heute der einzige Titel, den Ulm gewonnen hat. Ihr Name ist dementsprechend in der Klubgeschichte ein sehr wichtiger. Spüren Sie das auch heute noch, wenn Sie nach Ulm kommen?
Von Waaden: Absolut. Die Älteren in der Halle kennen mich noch und sprechen mich an. Bei den Jüngeren wird es schon etwas schwieriger, die haben nur von der Geschichte gehört. Da muss dann schon mal der Vater oder die Mutter auf mich zeigen und sagen: Das ist Gary von Waaden (lacht).