"Die Fans werden sehr wichtig sein"

Ersan Ilyasova wurde 2005 an 36. Stelle von den Milwaukee Bucks gedraftet
© getty

Ersan Ilyasova ist der Leader des jungen türkischen Teams. Im Interview spricht der NBA-Profi über die zu erwartende Unterstützung der vielen Deutschtürken, die Probleme als NBA-Spieler bei der EM und seinen Wechsel zu den Detroit Pistons.

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SPOX: Mr. Ilyasova, Sie spielen mit der Türkei in Berlin in der schwierigsten EM-Gruppe. Wie haben Sie nach der Auslosung reagiert?

Ersan Ilyasova: Es war in der Vergangenheit eigentlich immer so, dass wir uns in schweren Gruppen wiedergefunden haben. Es liegt sowieso allein an uns, wie weit wir kommen werden, aber natürlich ist das eine schwere Gruppe mit Serbien, Spanien, Italien und natürlich auch Deutschland. Da ist von Anfang an jedes Spiel sehr wichtig. Unser Ziel ist es schließlich, in die zweite Runde zu kommen und uns für Olympia zu qualifizieren.

SPOX: Deutschland hat sich dazu entschieden, die Türkei als Gruppengegner auszuwählen. Damit war klar, dass die Türkei ebenfalls eine Heimspielatmosphäre haben wird. Wie wichtig werden die türkischen Anhänger sein?

Ilyasova: Das wird eine Riesensache für uns. Jedes Mal, wenn wir zur Nationalmannschaft kommen und so toll unterstützt werden, gibt das einen Extraschub an Motivation. Die türkische Bevölkerung in Deutschland ist sehr groß und ich hoffe, dass viele kommen werden, um uns zu unterstützen. Das wird sehr wichtig sein. Ich freue mich darauf.

SPOX: Hat Deutschland aus sportlicher Sicht einen Fehler gemacht, die Türkei als Gruppengegner auszuwählen?

Ilyasova: Das glaube ich nicht. Letztlich muss man die Dinge eh so nehmen, wie sie kommen. Es wird ein schwieriges Turnier und natürlich fühlen wir uns wohler, wenn viele türkische Fans da sind. Und wir haben ein großes Ziel und das heißt Olympia, aber ob das ein Nachteil für sie sein wird, weiß ich nicht.

SPOX: Auf deutscher Seite kehrt Dirk Nowitzki ins Team zurück. Sie werden bei der EM im direkten Duell aufeinandertreffen. Ist er immer noch der deutsche Go-to-Guy?

Ilyasova: Erst einmal ist er ein künftiger Hall-of-Famer und einer der besten Spieler, der je in der NBA und in Europa gespielt hat. Aber Deutschland spielt auch als Team sehr gut. Wir müssen sehen, dass wir ihre Schwächen herausfinden und das dann ausnutzen. Wir wissen, dass er gerne Pick-and-Roll spielt und da müssen wir ihn attackieren.

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SPOX: Das türkische Team ist sehr jung. Was können wir von Ihren jungen Teamkollegen schon erwarten?

Ilyasova: Ja, das stimmt. Wir sind dieses Mal sehr jung. Das kann gut ausgehen, aber auch schlecht. Das Gute ist sicher, dass wir so mit sehr viel Energie spielen werden. Aber diese Jungs haben alle nicht viel Erfahrung. An einem schlechten Tag kann sich das auswirken und da müssen die erfahreneren Spieler helfen und sie motivieren. Letztlich geht es immer um Erfahrung. Aber ihre Energie wird uns bei fünf Spielen in sechs Tagen helfen. Und auch in der Defensive kommt uns das sicher zugute.

SPOX: Einer der jungen Spieler ist Cedi Osman, der sich beim Supercup am Knöchel verletzt hat. Wie wichtig ist er für das Team?

Ilyasova: Das ist natürlich schade, aber das kann bei solchen Vorbereitungsturnieren passieren. Es ist zum Glück nicht so schlimm, sodass die EM nicht gefährdet ist. Er ist ein wichtiger Bestandteil unseres Teams. Er hilft uns mit seinem Scoring, ist aber auch in der Defensive wertvoll.

SPOX: Die Türkei spielt ohne die Big Men Ömer Asik und Enes Kanter. Wie verändert sich dadurch das türkische Spiel?

Ilyasova: Das ändert gar nichts. Ömer wollte eigentlich spielen, aber er hat schon die ganze Saison Rückenprobleme. Und bei Enes war es etwas mit dem Knie, glaube ich. Es ist so, wie es ist. Alle, die jetzt da sind, wollten wirklich für das Nationalteam spielen. Es geht nicht um einzelne Spieler, sondern um alle zwölf Spieler, die sich gegenseitig unterstützen. Bei so einem Turnier geht es darum, bereit zu sein. Da braucht man mehr als fünf oder sechs Spieler.

SPOX: Bobby Dixon, der nun Ali Muhammed heißt, hat beim Supercup seine Duftmarke gesetzt. Was zeichnet ihn aus?

Ilyasova: Wir haben ihn mit einem türkischen Pass ausgezeichnet, weil er eine richtig gute Saison mit Pinar Karsiyaka hatte und wir in der Vergangenheit immer Probleme bei den Point Guards hatten. Er ist nicht nur ein Point Guard, er ist unser Creator, ein zweiter Coach auf dem Feld. Er kann alle auf dem Feld in Szene setzen, aber auch seinen eigenen Wurf kreieren. Wir haben richtig gute Big Men, die von außen treffen oder zum Korb abrollen können und seine Anwesenheit gibt uns einen Extraschub Motivation, weil wir so zu offenen Würfen kommen.

SPOX: Als langjähriger NBA-Spieler werden sich die Gegner stark auf Sie konzentrieren. Es wird ähnlich wie bei Nowitzki sein, der sich häufig über die harten Fouls gegen ihn beschwert. Wie kommen Sie damit klar?

Ilyasova: Man muss darauf vorbereitet sein. Bei der EM gibt es viele Spieler, auf die man sonst nicht trifft und die besonders motiviert sind, wenn es gegen einen NBA-Spieler geht, aber das gehört zum Wettkampf dazu. Natürlich gibt es dann auch mal harte Fouls und das kann frustrierend sein, aber man muss fokussiert bleiben. Jedes Spiel zählt.

SPOX: Mit Ihrer Erfahrung sind Sie automatisch der Leader im Team. Ist es eine ähnliche Situation wie in der letzten Saison bei den Milwaukee Bucks? Auch dort mussten Sie das junge Team führen.

Ilyasova: Ja, das ist schon ähnlich. Die Bucks sind schon sehr jung, aber dennoch hatten wir in Milwaukee mehr Veteranen als hier bei der Nationalmannschaft. Als Leader geht es nicht darum, in jedem Spiel 25 Punkte zu erzielen, es geht vielmehr darum, die jungen Spieler auf und abseits des Courts zu führen und sie darauf vorzubereiten, was bei so einem Turnier passieren kann.

SPOX: Milwaukee hat in der NBA alle überrascht. Waren Sie auch überrascht über den schnellen Turnaround?

Ilyasova: Ja, schon. Wir hatten davor eine richtig schlechte Saison mit nur 15 Siegen, aber dann kam Jason Kidd als neuer Trainer und ein paar neue Spieler und schon haben wir die Playoffteilnahme geschafft. Da haben wir es zwar nicht so gut gemacht und gegen die Chicago Bulls verloren, aber ich wünsche dem Team alles Gute für die Zukunft. Ich habe viele Verbindungen nach Milwaukee. Ich bin jetzt aber Teil der Detroit Pistons und hoffe, dass wir dort ähnliches erreichen können.

SPOX: Was war Ihre Reaktion, als Sie vom Trade nach Detroit erfuhren?

Ilyasova: Es hat mich nicht überrascht. Ich hatte erwartet, dass im Sommer etwas passieren würde, aber man weiß natürlich nicht, welches Team es dann wird. Ich bin sehr froh, dass es die Pistons geworden sind. Ich freue mich darauf, weil ich dort eine richtig gute Situation vorfinden werde. Ich habe mich schon mit Coach Stan van Gundy ausgetauscht und wir haben eine Menge Spieler, die sich beweisen wollen. Das wird sich auch aufs Team auswirken.

SPOX: Das aktuelle Pistons-Team sieht mittlerweile ein wenig so aus wie van Gundys Magic-Team mit Dwight Howard. Welche Rolle kommt Ihnen da zu?

Ilyasova: Es ist noch ein bisschen früh, darüber zu reden, weil jetzt erst mal das Nationalteam zählt, aber wie Sie schon sagten, Stan van Gundy versucht gerade, ähnliches wie in Orlando aufzubauen, als er mit Dwight Howard als Center die Finals erreichte. Da ging es auch immer darum, das Feld breit zu machen und da komme ich natürlich ins Spiel. Ich denke, wir haben ein richtig gutes Team.

SPOX: Reicht das schon für die Playoffs?

Ilyasova: Das ist auf jeden Fall unser Ziel. Das wird natürlich nicht leicht, aber es wird viel davon abhängen, wie wir in die Saison starten. Wir müssen schnell als Team zusammenfinden, dann können wir es schaffen.

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