Den Meistertitel deutlich verpasst, die Ziele auf internationalem Parkett nicht erreicht, dazu auch noch beim Pokal-Final-Four in eigener Halle das Endspiel verloren: Die Saison des FC Bayern München verlief mäßig. SPOX hat sich die Spielzeit der Mannschaft von Trainer Svetislav Pesic einmal genauer angeschaut und beantwortet die fünf wichtigsten Fragen. Uli Hoeneß spielt dabei eine große Rolle.
Warum war die Saison so enttäuschend?
Kein Sieg in der Halbfinal-Serie gegen die Brose Baskets Bamberg. Niederlage beim heimischen Pokal-Final Four gegen Alba Berlin. Das Aus in der Euroleague in der Vorrunde und das anschließende Ausscheiden aus dem Eurocup im Viertelfinale gegen Galatasaray. Unter dem Strich bleibt, dass die Bayern keine Silberware in den Audi Dome holen konnten und die Ziele verfehlt wurden.
Dabei waren die Verantwortlichen im Vorfeld der Spielzeit noch forsch in die Offensive gegangen: "Wenn man der FC Bayern ist, dann sind national die Titel immer das Ziel", äußerte sich zum Beispiel Geschäftsführer Volker Stix. Doch vor allem national war die Saison gespickt mit Enttäuschungen, was zum Teil auch mit den zahlreichen Verletzungen zusammenhängen mag.
Anspruch und Wirklichkeit klafften zu weit auseinander. Mit Alex Renfroe, Maxi Kleber, Deon Thompson oder KC Rivers kamen große Namen in einen Kader, der bereits zuvor teuer und klangvoll war. Die ebenfalls namhaften Nachverpflichtungen von Justin Cobbs und Vitalis Chikoko untermauerten die großen Ambitionen, änderten aber nicht nachhaltig das Bild der Saison.
Unnötige Niederlagen wie beim Mitteldeutschen BC oder die Heimpleite gegen die Telekom Baskets Bonn führten dazu, dass die Münchner nach der Hauptrunde nur auf Platz vier rangierten und bereits im Halbfinale auf die Bamberger trafen. Die Chancenlosigkeit in eben jenem Match Up unterstrich das ganze Dilemma.
Die Mannschaft war einfach nicht gut zusammengestellt und ergab sich gegen den amtierenden Champion, den man im vergangenen Jahr noch zu fünf Spielen zwang, seinem Schicksal. Der Unterschied zu den Brose Baskets, mit denen man sich auf Augenhöhe wähnte (Svetislav Pesic: "Der FC Bayern ist nie Außenseiter."), war zu deutlich.
Auch international bleibt unter dem Strich Ernüchterung. Sicherlich kann die äußerst schwierige Gruppe in der Euroleague als Grund für das Vorrundenaus angeführt werden. Dennoch bleiben vermeidbare Pleiten wie das Heimspiel gegen Roter Stern Belgrad oder die zahlreichen Einbrüche im Schlussviertel in Erinnerung.
Selbst nach dem Abstieg in den zweitklassigen Eurocup waren überzeugende Vorstellungen rar gesät. Der angestrebte Titel und das mögliche Euroleague-Ticket wurden klar verpasst. Im Hexenkessel von Istanbul versagten die Nerven. Ein Weiterkommen gegen ein keineswegs überragendes Galatasaray war mehr als möglich.
Was bedeutet das frühe Aus für das internationale Geschäft?
Die Euroleague wird nächste Saison ohne die Bayern stattfinden. Nur der Champion der Bundesliga hat das Recht auf einen Startplatz. Die letzte Wildcard wurde an Darussfaka Dogus aus der Türkei vergeben. Der Anspruch der Münchner, sich mit den Besten in Europa zu messen, erhält somit einen herben Dämpfer. Die als Highlights beworbenen Spiele gegen Größen wie Real Madrid und ZSKA Moskau fallen im Herbst vorerst weg.
Durch den anhaltenden Zwist zwischen FIBA und Euroleague ist weiter unklar, in welchem Wettbewerb die Bayern antreten werden. Wahrscheinlich scheint eine Wildcard für den Eurocup, allein aufgrund des großen Namens, der Strahlkraft des FCB und dem guten Verhältnis zu Euroleague-Boss Jordi Bertomeu.
Bei dem Selbstverständnis der Bayern, immer im Konzert der Großen mitzumischen, ist dies jedoch kein Zustand, der von längerer Dauer sein darf. Ziel für die nächsten Jahre muss nicht nur die konstante Qualifikation für die Euroleague, sondern die Bayern müssen sich in der Beletage des europäischen Basketballs etablieren.
Die Alternative der neu geschaffenen Champions League der FIBA klingt nur des Namens nach ruhmreich. Aus den großen Ligen Europas werden maximal Teams aus der zweiten Reihe an den Start gehen. Spiele gegen den lettischen oder polnischen Meister wären dem verwöhnten Münchner Publikum nur schwer zu verkaufen.
Was wird aus Coach Svetislav Pesic?
Ob Svetislav Pesic - trotz seines Vertrages bis 2017 - in der kommenden Saison noch an der Seitenlinie die Kommandos geben wird, ist nach dessen widersprüchlichen Aussagen weiter unklar .
"Ich glaube nicht, dass es sich weiter lohnt, in dieser Bundesliga tätig zu sein". Das waren die Worte von Pesic Senior nach der Heimniederlage im März gegen Frankfurt. Später kündigte er an, "zu 99 Prozent" nach der Saison aufhören zu wollen.
Nach dem Ausscheiden aus den Playoffs kam aber die überraschende Wende: "Zu 99 Prozent mache ich mindestens noch ein Jahr meinen Job bei Bayern", so der Trainer bei telekombasketball.de. Ob er allerdings auch weitermachen darf, steht auf einem anderen Blatt Papier.
Fakt ist, dass sich die Trainer-Legende angreifbar gemacht hat. Ständige Streits mit den Schiedsrichtern und infolgedessen völlig überflüssige technische Fouls haben auch dem Image der Bayern geschadet. Des Weiteren verunsicherten die teils wilden Rotationen die eigenen Spieler. Bestes Beispiel dafür war Paul Zipser, der bei der EM noch überzeugen konnte, unter Pesic aber nicht dauerhaft ein Standing und eine feste Rolle hatte. Seine Spielanteile schwankten dementsprechend.
Auch das Verhältnis zu Teilen seiner Spieler soll zuletzt nicht das Beste sein. Gerüchten zufolge ist das Tischtuch zu Dusko Savanovic völlig zerschnitten. Der serbische Forward laborierte zuletzt angeblich an einer Schulterverletzung, laut Insider David Pick sei aber die Beziehung zwischen Trainer und dem Spieler so zerrüttet, dass dieser einfach nicht für das Halbfinale gegen Bamberg berücksichtigt wurde.
Sohn Marko Pesic wird seinen Vater jedenfalls kaum vor die Tür setzen. Allerdings erscheint nun eine andere Person wieder auf dem Spielfeld, die die Machtstruktur im Audi Dome nachhaltig beeinflussen könnte.
Welche Rolle spielt die Personalie Hoeneß?
Dieser Jemand ist niemand geringeres als Uli Hoeneß, der Antreiber des Projekts Basketball in München. Nach seiner Haftstrafe zeigte sich Hoeneß beim Basketball-Talk auf telekombasketball.de extrem angriffslustig und schloss auch eine Rückkehr als Präsident im November nicht aus.
"Wenn ich entscheide, mich als Präsident zur Wahl zu stellen, werde ich selbstverständlich Basketball wieder pushen", kündigte der 63-Jährige bereits an. Die jetzige Entwicklung kann dem Erfolgsmenschen nicht gefallen. Kehrt Hoeneß zurück, wird er wieder die Fäden ziehen und alle wichtigen Entscheidungen treffen. Kein unwichtiger Faktor für alle, die im Moment die Verantwortung tragen.
Dem Vernehmen nach ist das Verhältnis zu Svetislav und Marko Pesic aber intakt. Ein Unterschied zum ehemaligen Trainer Dirk Bauermann, der trotz eines fünften Platzes und des damit verbundenen Erreichens des vor der Spielzeit ausgegebenen Ziels der Teilnahme an den Playoffs kurz vor dem Start der nächsten Saison aufgrund interner Unstimmigkeiten gehen musste. Und das, obwohl Hoeneß den Ex-Bundestrainer als einen der Gründe anpries, warum die Agenda Basketball bei den Bayern überhaupt umgesetzt wurde.
Wenn Coach Pesic allerdings gehen muss, erscheint auch die Beurlaubung von Manger Marko als sehr wahrscheinlich. Eine komplett neue sportliche Leitung wäre die einzig logische Folge.
Ob mit Pesic oder ohne: Sollte Hoeneß zurückkehren, werden die Bayern über größere finanzielle Möglichkeiten verfügen. Genau das bemängelte Pesic in der Vergangenheit mehrfach.
Fälle wie der von KC Rivers, der der klammen Kasse wegen während der Saison zu Real Madrid wechselte, werden unter Hoeneß eher nicht vorkommen.
Was wird aus dem aktuellen Kader?
Sieben Spieler haben über die Saison hinaus wirksame Verträge in München, darunter auch vier deutsche Spieler mit Zipser, Kleber und den Youngstern Daniel Mayr und Karim Jallow. Aufgrund der 6+6 Regelung ist es wahrscheinlich, dass sie alle bleiben. Fragezeichen existieren nur bei Zipser, der zum NBA Draft angemeldet ist und in seinem Vertrag auch eine Ausstiegsklausel für die beste Liga der Welt verankert hat.
Auf den Ausländer-Positionen stehen Renfroe, John Bryant und der zuletzt ausgeliehene Vasilije Micic auf der Gehaltsliste bis 2017. Kapitän Byrce Taylor kann seine Option ziehen und ein weiteres Jahr an der Isar bleiben. Noch keinen neuen Vertrag haben Cobbs, Anton Gavel, Nihad Djedovic, Thompson, Chikoko und Savanovic.
Vorsichtig aggressiv formulierte Marko Pesic auf der Saisonabschlussfeier aber bereits die Aussichten auf das kommende Jahr: "Ich werde für die nächste Saison keine konkreten sportlichen Ziele ausgeben, aber das Ziel ist es, die beste Bayern-Mannschaft der letzten fünf Jahre zu präsentieren." Wie das umgesetzt werden soll und mit welchem Personal, ließ Pesic Junior dabei offen.
Klar scheint jedoch, dass den Bayern ein weitreichender Umbruch bevorsteht. Große Teile der Mannschaft und auch der Verantwortlichen stehen auf dem Prüfstand. Denn eines ist sicher: Noch eine Saison wie die vergangene ist mit der DNA des FC Bayern nicht vereinbar.
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