"In der Summer League kannst du verhungern"

Ole Frerks
06. September 201623:10
Devin Booker will mit seiner Athletik bei Bayern für Furore sorgenFCBB/Stickel
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Devin Booker kam als MVP in Frankreich zum FC Bayern Basketball - und wird dennoch dauernd verwechselt. Der jüngere Bruder von NBA-Spieler Trevor Booker über die Summer League, seinen Werdegang und die Entscheidung für München. Und: Warum er sich von seinem prominenten Namensvetter von den Phoenix Suns unterscheidet.

SPOX: Mr. Booker, ganz ehrlich: Wie oft müssen Sie Leuten erklären, dass Sie nicht für die Phoenix Suns spielen?

Devin Booker (lacht): Es kommt wirklich ziemlich häufig vor. Aber wenn es in den Sozialen Medien passiert, stelle ich es nie selbst richtig. Wenn mich jemand taggt oder so, ignoriere ich das. Es ist einfach schon so oft vorgekommen. Irgendwann landen die Leute dann meist bei meinem Profilbild oder so und stellen fest, dass ich doch ziemlich anders aussehe als Devin von den Suns.

SPOX: Sie müssen aber schon zugeben, dass es nicht ganz einfach ist. In der Summer League liefen dieses Jahr gleich drei Spieler mit Ihrem Namen auf, sogar alle mit der gleichen Schreibweise.

Booker: Es ist ein ziemlich häufiger Name, nehme ich an. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich von allen Devin Bookers am besten aussehe. (lacht) Und im Gegensatz zu den anderen bin ich auch kein Guard!

SPOX: Das stimmt. Stichwort Summer League: Wie hat es Ihnen dort gefallen? Es wirkt ja teilweise fast wie eine andere Sportart.

Booker: Ja, es ist schon eine ganz andere Nummer. Dort werden Spieler für ein paar Tage zusammengewürfelt, die sich überhaupt nicht kennen, und jeder hat seine eigene Agenda. Ich meine, alle wollen sich zeigen und für einen neuen Vertrag empfehlen, ob in der NBA oder anderswo. Es kommt also total darauf an, bei was für einem Team du landest. Hast du beispielsweise einen Point Guard, der mit seinem Passing für NBA-Scouts auffällig sein möchte, ist das für einen Big Man wie mich super. Aber wenn alle nur auf sich selbst schauen, kannst du dort auch gut verhungern. Dann lohnt es sich nicht wirklich.

SPOX: War das in diesem Jahr auch der Grund, warum Sie nur in Orlando für die Knicks aufliefen und danach nicht mehr?

Booker: Ja, das spielte da mit rein. In dem Team kannten sich einige ganz gut, andere sollten explizit "gezeigt" werden und das nahm jemandem wie mir die Chancen. Ich konnte mich dort nicht so zeigen, wie ich wollte. Andererseits: Mein Spiel dort hat wohl trotzdem einige Augen geöffnet, wenn auch nicht in der NBA.

SPOX: Haben Ihre Gespräche mit den Bayern erst danach begonnen oder schon vorher?

Booker: Gespräche gab es vorher schon einige, aber die haben sich nach der Summer League auf jeden Fall intensiviert. Vorher war es eher lose, aber dann kamen sie mit konkreten Angeboten und wir haben uns letztlich geeinigt, dass wir von nun an zusammen arbeiten. Und ich bin sehr froh über diese Entscheidung.

SPOX: Was gab denn für Sie den Ausschlag, nach München zu wechseln? FCB-Sportdirektor Marko Pesic sagte kürzlich, man habe etwas Glück gehabt, da Sie nach Ihrer überragenden Saison in Frankreich sehr viele Angebote hatten.

Booker: Ein ganz wichtiger Grund war meine Familie. Ich sehe mich als Familienmann an und mir ist ihre Sicherheit das Wichtigste. Deswegen kamen einige Angebote aus beispielsweise der Türkei für mich aktuell nicht in Frage. Bei den ganzen Anschlägen und der politischen Lage war das für mich einfach zu riskant, ich wollte mir nicht ständig Sorgen machen. Und in München muss ich das nicht. Hier sehe ich mich und meine Familie in Sicherheit und auch sportlich passt es gut für mich. Die Bayern hatten einfach ein sehr gutes Gesamtpaket für mich und meine Familie.

SPOX: Pesic dankte außerdem Malcolm Delaney, der in die Gespräche gewissermaßen involviert war. Wie muss man sich das vorstellen?

Booker: Er war insofern involviert, dass ich ihm im Sommer einige Fragen gestellt habe, zu München und Deutschland im Allgemeinen. Er hatte hier schließlich eine sehr erfolgreiche Zeit und ich kenne ihn schon ewig, da wir schon am College gegeneinander gespielt haben. Daher habe ich mich ein paar Mal bei ihm gemeldet, ihn über München ausgefragt und mir alle Informationen geholt, die ich brauchte.

SPOX: Für Delaney war München perfekt: Er feierte hier seinen Durchbruch, spielte dann zwei sehr gute Saisons für Lokomotiv Kuban und hat nun in der NBA unterschrieben. Ist das ein Pfad, dem Sie gerne folgen würden?

Booker: So würde ich das nicht sagen. Ich folge niemandem, ich gehe immer meinen eigenen Weg. Und ich habe ehrlich gesagt noch keine Ahnung, wohin dieser Weg mich letzten Endes führen wird. (lacht) Ich freue mich für Malcolm, dass er sich jetzt seinen Traum erfüllen konnte, und natürlich träume auch ich von der Spitze. Aber ich konzentriere mich jetzt erstmal auf die Saison mit Bayern und was dann passiert, schauen wir, wenn es soweit ist.

SPOX: Sprechen wir noch einmal über Ihren bisherigen Werdegang. Sie haben sich in Frankreich zunächst ziemlich schwer getan, verlassen die Liga jetzt aber als amtierender MVP. Sind Sie eine Art Spätzünder?

Booker: Spätzünder würde ich eher nicht sagen, es war eher eine Frage der Möglichkeiten, die ich bekam. Ich kam direkt vom College zu meinem ersten Team in der Pro A, Nancy Basket, wo sich der Coach allerdings schon komplett entschieden hatte, wer wie viel spielen sollte. Ich hing dort komplett in der Luft, deswegen habe ich dort nach fünf Spielen meinen Vertrag aufgelöst und bin zu Bourg-en-Bresse in die Pro B gewechselt. Dort lief es dann sofort viel besser. Wir sind mit dem Team am Ende der Saison schließlich Champion geworden und ich war der Finals-MVP. Letztendlich musste ich einen Schritt zurück machen, um drei Schritte nach vorne zu machen, verstehen Sie? Aber das machte mich nicht zu einem Spätzünder, ich habe eigentlich bei jeder Gelegenheit gezeigt, zu was ich im Stande bin. Das hat sich in der vergangenen Saison bei Chalon-sur-Saone dann auch wieder gezeigt.

SPOX: Und das soll sich beim FCB nun auch wieder zeigen, nehme ich an. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die neue Saison?

Booker: Ich will einfach wie immer alles daran setzen, jeden Tag ein bisschen besser zu werden. Außerdem will ich der Typ sein, der die Fans mit seinem Spiel aus den Sitzen reißt. Ich will begeistern und mitreißen, sowohl die Zuschauer als auch meine Mitspieler. Und natürlich so viele Spiele gewinnen wie möglich.

SPOX: Wie bewerten Sie das Niveau der BBL? Ist die Liga nach Frankreich ein Sprung nach oben für Sie?

Booker: Ja, auf jeden Fall. Hier ist das Niveau besser, es gibt auch mehr Athletik als in Frankreich. Ich hoffe einfach, dass ich meinen Stil in Deutschland trotzdem auch gut einbringen kann und dass wir mit dem Team viel Erfolg haben. Die Bayern sind auf jeden Fall die beste Mannschaft, für die ich bisher gespielt habe, das kann ich nach unserer kurzen Vorbereitung schon jetzt sagen.

SPOX: Dennoch verliefen die letzten beiden Jahre ziemlich enttäuschend und im Sommer wurden etliche Gesichter ausgetauscht. Spürt man als einer dieser neuen Spieler eine gewisse Umbruchsstimmung in der Mannschaft?

Booker: Das kann man schon so sagen. Wobei das an meiner Motivation jetzt nichts Größeres ändert. Ich weiß, dass ich aus einem bestimmten Grund geholt wurde und dass ich hier eine spezifische Aufgabe habe. Ich werde alles raushauen, um mit dem Team wieder eine deutlich erfolgreichere Saison hinzulegen. Und ich habe das Gefühl, dass die anderen hier diese Motivation ebenfalls mitbringen.

SPOX: Auch Coach Sasa Djordjevic hat bereits von seinem Titelhunger gesprochen. Haben Sie seine Serben eigentlich beim Olympischen Turnier beobachtet?

Booker: Klar, ich habe so viel gesehen, wie ich geschafft habe. Teilweise war es wegen meiner Workouts etwas schwierig, aber ich habe das meiste gesehen und war sehr beeindruckt davon, wie die Serben den Ball bewegt haben. Das ist etwas, was mir bei uns auch sehr gut gefallen würde.

SPOX: Im Finale waren Sie aber für die anderen, oder?

Booker: Ja, da musste ich leider mein Heim-Team anfeuern. (lacht) Aber hey: Silber ist besser als Bronze! Ich denke, Coach kann zu Recht stolz sein auf das, was er mit seiner Nationalmannschaft erreicht hat.

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