"Rödl ist eine echte Persönlichkeit"

Robert Arndt
28. September 201710:37
Pascal Roller gehörte zu den beliebtesten Spielern in der BBLgetty
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Pascal Roller zählte zu den schillerndsten Persönlichkeiten der BBL. Im Interview mit SPOX blickt er auf die EuroBasket zurück und zeigt sich von Luka Doncic beeindruckt. Des Weiteren äußert er sich kritisch zu den neuen Termin-Fenstern der FIBA, spricht über den neuen Bundestrainer Henrik Rödl und erklärt, warum es so schwierig ist, Investoren für den Basketball zu gewinnen.

SPOX: Herr Roller, in unserem letzten Interview haben wir noch die Spanier über den grünen Klee gelobt. Die Iberer haben dann aber krachend gegen die Slowenen verloren, die dann das Turnier gewonnen haben. Hat das Team mit dem modernsten Basketball die EuroBasket für sich entschieden?

Pascal Roller: Ich tue mich mit dem Begriff 'modern' ein wenig schwer, aber sie haben das Run'n'Gun auf eine neue Ebene gehoben und auch die entsprechenden Spieler im Kader. Es gibt sicher auch andere Länder, die ähnlich gespielt haben mit schnellem Spiel, vielen Freiheiten, viel Eins-gegen-Eins. Vor allem die baltischen Nationen haben das wieder gezeigt. Slowenien hat aber den richtigen Mix gefunden. Sie hatten dazu noch das nötige Selbstvertrauen, eine enorme Physis und eine Verteidigung, die stark auf Ballgewinne ausgelegt war. Da hat dann alles gepasst.

SPOX: Neben Goran Dragic, dem MVP, stand vor allem Luka Doncic im Fokus. Können Sie sich an einen 18-Jährigen in Europa erinnern, der auf diesem Niveau agiert hat?

Roller: Das war natürlich wahnsinnig beeindruckend, vor allem sein enormes Selbstvertrauen. Ich habe in meiner Zeit in Italien den jungen Danilo Gallinari erlebt und der war damals auch schon sehr weit. Ich glaube aber, dass Doncic ein kompletterer Spieler werden kann, Gallo wirkte aber auf mich in diesem Alter souveräner. Doncic überdreht manchmal noch ein wenig, weil er zu viel will. Das konnte man im Finale sehen. Dennoch ist er deutlich gefestigter als andere Talente, das ist offensichtlich. Das Potenzial ist riesig und ich bin gespannt, ob die Kurve seiner Entwicklung weiterhin so steil verläuft.

SPOX: Potenzial hat auch das deutsche Team bei der EuroBasket gezeigt. Chris Fleming ist nun Geschichte, Henrik Rödl wurde als neuer Bundestrainer vorgestellt. Kann er die positive Entwicklung fortführen und eine Konstante werden nach vier Bundestrainern in fünf Jahren?

Roller: Der Trainer ist natürlich eine ganz wichtige Komponente, aber eben auch die Spieler. Das spielt alles zusammen. Wenn ich auf den Sommer 2015 zurückblicke, frage ich mich: Warum haben Spieler heutzutage nicht mehr den Reiz oder das Verlangen, für die Nationalmannschaft zu spielen, wie wir es früher hatten? Natürlich waren die meisten Absagen begründet, aber wir hatten damals eher eine Gewichtung pro DBB. Wenn man dann weiß, wer der Trainer ist und mit wem man antritt, erleichtert das vielleicht auch die Entscheidung. Mit Henrik Rödl ist nun eine echte Persönlichkeit des deutschen Basketballs Bundestrainer, der auch als Spieler und Trainer alles erlebt hat und über Jahre als Coach bereits beim DBB gearbeitet hat. Ich denke, dass er alles hat, wenn es darum geht, ein Team zu führen. Ich würde mir deswegen wünschen, dass eine gewisse Konstanz auf diesem Posten eintritt.

SPOX:Fraglich ist aber, mit welchem Team der DBB in das Quali-Turnier für die WM 2019 im November geht. Ist es nicht ärgerlich, dass wir so viele Spieler in der NBA haben, die dann aber alle nicht zur Nationalmannschaft kommen können?

Roller: Ich sehe das auch sehr kritisch. Allerdings muss man auch abwarten, was passiert. Es ist denkbar ungünstig, dass die Parteien, die FIBA, die NBA, die EuroLeague und die nationalen Verbände es nicht schaffen, sich an einen Tisch zu setzen. Es gibt so viele Stakeholder in dieser Sache, aber keine Einigung. Die Fronten scheinen extrem verhärtet zu sein, wenn selbst die EuroLeague ihre Spieler nicht abstellen möchte, weil ihre Liga dann läuft. Es ist einfach traurig, Dinge festzulegen, ohne überhaupt über Konsequenzen und mögliche Lösungen nachgedacht zu haben.

SPOX: Haben Sie denn einen Lösungsvorschlag parat? Eigentlich bleibt fast nur der Sommer, wo Spieler auf ihren Urlaub verzichten müssen.

Roller: Das würde ich so gar nicht sagen. Einfach Andere vor vollendete Tatsachen zu stellen und nicht mit anderen Stakeholdern zu sprechen, ist offensichtlich ein schlechter Weg. Die FIBA hat versucht, ihre Macht auszuspielen und versucht, ein Kräfteverhältnis herzustellen, was es so gar nicht gibt. Es scheint zwar sehr weit weg, aber vielleicht kann die NBA auch mit eingebunden werden. Die EuroLeague und die nationalen Ligen sind aber natürlich die wahrscheinlichsten Gesprächspartner. Aber vielleicht wird auch mal die NBA oder EuroLeague für eine Woche unterbrochen, sei es Mitte Januar oder rund um das All-Star-Spiel. Dann kann die FIBA das Zeitfenster nutzen und selbst im Vordergrund zu stehen. Dennoch muss klar gesagt werden, dass dies aus Sicht eines Außenstehenden katastrophal aussieht.

SPOX: Sie selbst arbeiten für ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Das hat auf den ersten Blick wenig mit Sport zu tun.

Roller: Es ist ein klarer, bewusster Schritt aus dem Sport. Nach fünf spannenden Jahren mit dem Schwerpunkt auf das Thema Sportmarketing - sei es agenturseitig oder als Geschäftsführer bei den Hamburg Towers - wollte ich mich etwas breiter aufstellen. Auch wenn im Tagesgeschäft Tätigkeiten in der klassischen Unternehmenskommunikation überwiegen, gibt es doch noch einen Link zum Sport: Mit der Stiftung Deutsche Sporthilfe betreue ich ein Projekt, bei dem wir als PwC Partner sind.

SPOX: Vermissen Sie denn gar nicht ihr früheres Leben im Sport?

Roller: Ich merke schon, dass ich dem Sport noch verbunden bin, aber ich vermisse den Basketball auf eine andere Art und Weise. Ich bin durchaus zufrieden, aber der Sport bleibt ein Teil von mir, sei es, dass ich ihn konsumiere oder mit Leuten aus dem Bereich in Kontakt bleibe. Ich habe aber im Moment andere Prioritäten in meinem Leben.

SPOX: Glauben Sie dennoch, dass Sie eines Tages wieder in den Basketball zurückkehren? An Angeboten hat es, wie man hört, nicht gemangelt.

Roller: Ein letztes konkretes Angebot von einem BBL-Klub habe ich vergangenen Sommer bekommen, das auch sehr attraktiv war, aber für mich zu einem falschen Zeitpunkt kam. Da spielte natürlich die Familie eine große Rolle, aber auch, dass ich erst eine feste Stelle angenommen hatte. Es war sicherlich reizvoll und attraktiv, aber ich wollte eine andere Richtung einschlagen.

SPOX: Ein wenig sind Sie dann aber doch mit dem Basketball verwurzelt. Sie arbeiten auch für die Basketball-Abteilung des Hamburger SV.

Roller: Ja, ich trainiere dort die U10. Mein Sohn ist nun sieben Jahre und wollte auch spielen. Der HSV ist damals auf mich zugekommen und es war auch mir ein Anliegen. Ich biete jetzt jeden Samstag ein Training für die Kinder an. Es gibt auch Überlegungen, die Mannschaft für den Regelbetrieb anzumelden, aber dann wird es zeitlich bei mir schon wieder knapp, weil ich unter der Woche viel in Düsseldorf arbeite.

SPOX: Gibt es denn überhaupt Ambitionen beim Hamburger SV, dass dort professionelle Strukturen entstehen? Im Moment spielt man noch in der Oberliga.

Roller: Es gibt ein klares Bestreben, dass nicht nur die Basketballer, sondern dass alle anderen Abteilungen breiter aufgestellt werden sollen. Es wurde analysiert, in welche Richtung das gehen kann. Das Angebot soll verbreitert und gleichzeitig auch Kompetenz dazu geholt werden. Wir sprechen hier aber über den e.V. Das hat sich für mich sehr interessant angehört, aber ich kann auch nur soweit helfen, wie es mein zeitlicher Rahmen zulässt. Vielleicht wird auch mal mehr daraus, aber momentan ist mein Engagement sehr überschaubar.

SPOX: Nun ist der HSV ein großer Klub im Fußball. Glauben Sie, dass es für den Basketball hilfreich wäre, wenn neben dem FC Bayern auch andere Flaggschiffe des deutschen Fußballs einsteigen würden? Noch sind viele Standorte provinziell geprägt.

Roller: Es erfordert zunächst einmal großes Engagement von einzelnen Personen, Unternehmen oder manchmal auch Kommunen. Ein klassisches Beispiel war für mich Quakenbrück, wo durch einen Mäzen über Jahre Millionen Euro investiert worden sind. Die Früchte dieses Engagements erntet man noch heute wie das Beispiel Isaiah Hartenstein und die tolle Jugendarbeit am Standort zeigt. Nutznießer ist der DBB und der deutsche Basketball. Dieses Engagement steht für mich an erster Stelle, erst danach kommt der Faktor des großen Vereins oder der Metropole. Das hat mir die Erfahrung von zwei Jahren bei den Hamburg Towers gezeigt.

SPOX: Aber schaden kann ein großer Name auch nicht?

Roller: Sicher, für die Liga wäre es eine Attraktion mehr und es ließe sich sicherlich leichter vermarkten, aber die Herausforderungen sind die gleichen. Da ist es egal, ob Metropole oder nicht. Es gibt einfach keine Garantie. Es gibt aber auch Programme wie in Bamberg, die suchen in Deutschland ihresgleichen, auch wenn sie weiter in einer kleiner Stadt beheimatet sind. Dort zeigt sich wieder, wie wichtig das Engagement ist, welches dort Herr Stoschek und die Firma Brose zeigt. Es lässt sich für mich auch kein Trend ablesen, weil der FC Bayern vor einigen Jahren in den Basketball eingestiegen ist. Es tut der Sportart extrem gut, aber es müssen einfach mehr Unternehmen bereit sein, Geld in die Hand zu nehmen.

SPOX: Woran liegt das Ihrer Meinung nach, dass es nicht genügend potente Geldgeber gibt, gerade in einer Weltstadt wie Hamburg? Außer im Fußball sind alle Projekte gescheitert. Ist die Gewinnspanne einfach zu niedrig?

Roller: Da muss man die Ziele der Unternehmen verstehen, warum es sie in den Fußball zieht. Da geht es im Zweifel weniger um Attraktivität, als um mediale Reichweite, wofür man dann auch bereit ist, Geld in die Hand zu nehmen. Ich komme natürlich aus dem Basketball und sehe die Attraktivität und die vielen Zielgruppen, die angesprochen werden, sei es zum Beispiel über das Thema Musik oder Fashion. Doch die Unternehmen hadern an der Reichweite und haben vielleicht auch andere Zielgruppen. Der Fußball ist eben ein sicheres Investment und somit eine gute Möglichkeit, das Risiko zu minimieren.

SPOX: Also ist ein Investieren in den Basketball eigentlich eine Risiko-Investition?

Roller: Bei den Investoren im Basketball spielt dann auch die emotionale Schiene eine Rolle. Hätte ich genug Geld übrig, würde ich es auch für Basketball in die Hand nehmen. Wäre ich Fechter gewesen, hätte ich es wahrscheinlich ins Fechten gesteckt. Ein nüchterner Geschäftsmann investiert aber in den Fußball. Dieses Problem hat im Prinzip jede Sportart in Deutschland und das zurecht.

SPOX: Ist es dann auch ein Problem, dass die BBL weiter fast ausschließlich im Internet zu sehen ist? Dennis Schröder kritisierte dafür die öffentlich-rechtlichen Sender und bezeichnete es als "Schande", dass die EuroBasket nur im Internet lief?

Roller: Daran liegt es glaube ich nicht. Wer den Zugang finden will, wird ihn finden. Die Möglichkeiten sind groß wie nie. Die EuroBasket gab es komplett umsonst und auch das Angebot für die BBL ist mehr als fair. Als Fan bekomme ich alles für einen Preis eines Abos von Amazon oder Netflix. Das sollte jeder Interessierte in die Hand nehmen können. Und das ist der Punkt: Anscheinend ist das Interesse einfach nicht groß genug. Sport1 hatte in der Spitze 250.000 Zuschauer, in den Playoffs vielleicht eine halbe Million, bei der Nationalmannschaft ging es auch mal in den Millionenbereich. Das bleibt nun seit vielen Jahren gleich und das ist überschaubar, was wir uns eingestehen müssen. Es gibt sicher Interessierte, die noch nicht abgeholt worden sind, aber ich denke nicht, dass sich an den Zahlen in der Zukunft gravierend etwas ändern wird. Das Wachstum ist stetig aber überschaubar.

SPOX: Aber liegt es nicht auch daran, dass die BBL eben nicht mit den absoluten Spitzenspielern glänzen kann? Nowitzki, Schröder oder auch Theis sind alle in der NBA. Dagegen rühmt sich die HBL (Handball) als "Beste Liga der Welt".

Roller: Das ist eine Grundsatzdiskussion. Sicherlich blickt der Handball in Deutschland auf eine lange Tradition zurück. Aber was passiert mit der Sportart, wenn die im Schnitt doch recht alte Zielgruppe irgendwann nicht mehr die Fernbedienung drücken kann? Klar, die Liga trägt diesen Titel "Beste Liga der Welt" und das auch mit Recht, doch auch der Handball kämpft um seinen Nachwuchs. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Liga und der Verband viel machen und sehr umtriebig sind. Ich unterstütze das und finde es gut, aber dennoch sehe ich Basketball als Sport mit mehr Zukunft, auch weil er weltweit praktiziert wird. Sicher kann man sich die Argumente um die Ohren klatschen, aber ich denke, dass sich beide Sportarten auf einem ziemlich gleichen Niveau bewegen, wenn man den deutschen Markt betrachtet. Da muss man den Verantwortlichen im deutschen Basketball ein großes Lob aussprechen. Die Budgets liegen knapp hinter dem Eishockey, wo es deutlich größere Kader gibt, aber noch vor Handball. Das sind Wahnsinnszahlen, das heißt, es werden gute Sponsoren an Land gezogen, die sich der Sportart verschreiben und wissen, was sie wollen.