Am Dienstag haben die lokalen Behörden den Plänen der BBL für ihr geplantes Meisterschaftsturnier in München grünes Licht gegeben. Im Interview mit SPOX spricht Paul Zipser vom FC Bayern Basketball über die sportliche Relevanz des Turniers und das erhöhte Verletzungsrisiko für die Spieler.
Außerdem erklärt der 26-jährige Flügelspieler, wie er und seine Teamkollegen sich in der Corona-Pause fit gehalten haben, wie die Zukunft der BBL aussehen könnte und welches Hobby bei ihm in den vergangenen Wochen überhandgenommen hat.
Herr Zipser, die BBL wird im Juni bei einem Finalturnier in München den deutschen Meister küren. Andere Sportarten wie Eishockey oder Handball haben sich hingegen für einen Abbruch der Saison entschieden. Was halten Sie von der Idee, die Basketball-Saison fortzusetzen?
Paul Zipser: Ich habe 1000-prozentig Bock zu spielen. Und ich glaube, das Turnier ist ein guter Ansatz. Ich stecke nicht so tief drin in der finanziellen Situation der Liga und der Vereine und wie die Krise sie trifft. Aber ich weiß natürlich, dass viele Unternehmen und viele Klubs Probleme haben werden und ich verstehe, dass es sehr viel Sinn ergibt, die Saison fortzusetzen. Letztlich auch für uns Athleten, denn wir sind Profisportler. Nun geht es aber noch darum, für die Spieler im letzten Detail gute Rahmenbedingungen zu schaffen.
In einer Pressemitteilung hat die BBL in der vergangenen Woche davon gesprochen, dass es das Ziel sei, "die Liga und ihre Klubs dauerhaft zu erhalten".
Zipser: Man muss immer im Hinterkopf behalten, dass diese Entscheidung stark beeinflusst ist von der finanziellen Situation. Man darf aber auch nicht den Fokus verlieren, was der Sport Basketball bedeutet. Klar wird es komisch sein, wenn wir ohne Fans und mit einem anderen Modus spielen, aber ich glaube, das ist ein guter Schritt.
Paul Zipser über fehlendes Mitspracherecht: "Es sind die Spieler, die diese Saison beenden werden"
Aus den Reihen der Spieler gab es zuletzt Kritik, unter anderem von Niels Giffey oder auch Danilo Barthel. Hätten Sie sich gewünscht, dass die Spieler ein Mitspracherecht bei den Plänen der BBL haben?
Zipser: In solchen Situationen werden natürlich mal Fehler gemacht. Da gilt es jetzt auch für uns als Spieler, das zu entschuldigen. Aber es sind sehr viele Partien geplant und da man als Spieler zum Zeitpunkt des Turnierstarts nicht zu 100 Prozent mental und körperlich fit sein kann, ist es nochmal eine größere Belastung. Hätte man mit den Spielern von Anfang an geredet, hätten wir vielleicht andere Vorschläge gehabt. Vielleicht wären wir auch auf dieselbe Lösung gekommen, das weiß ich nicht. Aber es sind ja die Spieler, die diese Saison beenden werden.
Das Konzept der BBL sieht eine dreiwöchige Vorbereitung vor dem Start des Turniers vor. Ist das ausreichend für die Spieler, um das nötige Fitnesslevel zu erreichen?
Zipser: Ich bin selbst ein bisschen unentschlossen. Es ist sehr wenig Zeit für einen Profisportler, sich auf den sehr anstrengenden Modus vorzubereiten, der auf uns zukommen wird. Aber ich weiß auch, dass es anders nicht geht oder nur schwer. Zum Beispiel spielt der 30. Juni als Datum eine große Rolle, weil da viele Verträge auslaufen. Das macht es schwierig für die Liga.
FCBB-Profi Paul Zipser: "Das Risiko ist natürlich höher"
Bis zu diesem 30. Juni soll der deutsche Meister feststehen. Das BBL-Turnier beginnt mit einer Gruppenphase mit je fünf Teams, gefolgt von Viertelfinals, Halbfinals und dem Finale jeweils mit Hin- und Rückspielen. Die Finalmannschaften könnten demnach zehn Spiele innerhalb von drei Wochen absolvieren. Ist das eine zu große körperliche Belastung nach einer so langen Pause?
Zipser: Für mich persönlich sind Verletzungen sowieso seit Beginn meiner Karriere leider immer ein Thema. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, dass es mehr Verletzungen geben wird, im Sport weiß man nie, was passiert. Vielleicht kommen wir auch sehr gut mit der Situation zurecht. Aber es ist eine komplett andere Situation, mental wie physisch, als wir sie sonst kennen. Und wenn ein Profisportler nicht in seinem normalen Rhythmus ist oder nicht die übliche Vorbereitung hat, dann ist das Risiko natürlich höher. Wir müssen uns jetzt so gut vorbereiten, wie es geht.
Die BBL hat ein Online-Portal eingerichtet, über das Spieler ihre Sorgen und Bedenken bezüglich des Turniers teilen können. Welche Themen beschäftigen die Spieler derzeit am meisten?
Zipser: Das Verletzungsrisiko ist mit das größte Thema. Ein weiteres Fragezeichen wird sein, wie diese drei Wochen in Quarantäne in einem Hotel aussehen werden und viele kleinere Fragen zur Regeneration oder zur Behandlung der Spieler. Wenn der Körper noch mehr beansprucht wird, dann muss man ihn auch noch mehr pflegen. Aber im Einzelnen habe ich mich damit noch nicht befasst. Ich denke, im Moment ist für die Spieler Training das beste Mittel.
Wie sieht derzeit Ihre Trainingsroutine und die des Teams aus? Gibt es bereits wieder Mannschaftstraining?
Zipser: Wir haben nun endlich wieder größere Trainingsgruppen. Wir steigern alle paar Tage die Intensität, arbeiten viel im athletischen und konditionellen Bereich. Die letzten paar Wochen durften wir ja nur alleine in die Halle, aber wenn man jetzt anfängt, Systeme zu laufen, macht das Training mehr Spaß.
Wie sah davor Ihr persönliches Training in der Isolation aus?
Zipser: Am Anfang habe ich viele Home-Workouts gemacht, was ehrlich gesagt ein bisschen nervig war. Ansonsten viel Laufen gehen und ein paar Sprints im Olympiapark mit dem Olympiaberg vor der Nase. Nach ein paar Wochen konnten wir wieder Einzel- und Krafttraining in der Halle machen. Es hilft natürlich, dass der Audi Dome 24 Stunden zur Verfügung steht. So konnten wir es gut regeln, dass sich die Spieler beim Training nicht in die Quere kamen.
Zipser: "Es wird sich wie ein separates Turnier anfühlen"
Wie ist die sportliche Relevanz des BBL-Turniers einzuschätzen? Einige Teams haben in der Coronakrise die Verträge ihrer ausländischen Profis aufgelöst beziehungsweise ihnen gestattet, in die Heimat zu reisen. Es ist fraglich, ob sie für das Turnier zurückkommen werden, Killian Hayes wird beispielsweise in den USA bleiben und nicht für Ulm auflaufen. Dafür hat die BBL den Klubs erlaubt, Nachverpflichtungen zu tätigen. Ist das Wettbewerbsverzerrung?
Zipser: Ich habe Verständnis - und die Klubs auch - für Spieler, die nicht zurückkommen wollen, gerade auch für die Amerikaner. Deswegen brauchen die Vereine die Möglichkeit, Spieler nachzuverpflichten. Mit nur sechs oder sieben Spielern wäre es extrem schwer, bei dem Turnier mitzuhalten, da ist das nur die logische Konsequenz. Auf der anderen Seite heißt das aber auch, dass wir nicht gegen genau die gleichen Teams aus der laufenden Saison spielen werden. Von einer Verzerrung würde ich nicht sprechen, aber die Situation ist etwas komisch: Es sind neue Spieler da, es sind alte Spieler weg. Obwohl es die Fortsetzung der Saison ist, wird es sich wohl für uns wie ein separates Turnier anfühlen.
Sollte der Meister ein Sternchen bekommen mit einer Anmerkung aufgrund der ungewöhnlichen Situation? Schließlich nehmen auch nur zehn der 17 Bundesliga-Teams an dem Turnier teil.
Zipser: Gut möglich, dass nicht jeder den Turniersieg gleich bewerten wird wie eine normale deutsche Meisterschaft. Dem Sieger wird es vermutlich egal sein.
Das Turnier findet in München im Audi Dome statt. Ist das ein großer Vorteil für den FCBB?
Zipser: Es ist zwar unsere Heimhalle, aber ich glaube wirklich, dass es ein Vorteil für jeden Spieler ist. Hier haben wir einfach super Voraussetzungen. Ich weiß nicht, ob ein anderer Verein in Deutschland so etwas bieten kann wie der FC Bayern in München mit dem Audi Dome. Ich glaube, alle Spieler werden es gut finden, dass München den Zuschlag bekommen hat.
Geht der FCBB trotz der teilweise neuformierten gegnerischen Teams und der schwierigen Situation mit dem Selbstverständnis als Favorit in das Turnier?
Zipser: Aktuell denke ich nicht wirklich darüber nach, da ich gerade damit beschäftigt bin, an mir und meiner Form zu arbeiten. Wenn wir wieder richtig im Rhythmus sind und ich merke, es geht wieder los, dann werde ich mir mehr Gedanken darüber machen. Aber generell ist es natürlich so, dass wir als Titelverteidiger und Tabellenführer der regulären Saison immer als Favorit angesehen werden.
Im Juni findet das BBL-Finalturnier in München statt, im Juli könnte direkt ein Euroleague-Quarantäne-Turnier folgen. Haben die Spieler überhaupt Lust, sich gleich zweimal für mehrere Wochen in ein Hotel einzuschließen und Basketball zu spielen?
Zipser: Das Euroleague-Turnier sehe ich ein bisschen kritischer als die Fortsetzung der BBL-Saison. Es wird noch schwieriger sein, das zu organisieren. Es gibt viele Dinge, die noch ungeklärt sind oder bei denen es vielleicht unmöglich sein wird, auf einen Nenner zu kommen. Was in der Euroleague passiert, werden wir Ende Mai sehen. Aber ich glaube, selbst für die BBL könnte das zu einem Problem werden, weil sich dann die nächste Saison noch weiter hinauszögert.
Die Statistiken von Paul Zipser in der BBL-Saison 2019/20
Spiele | Minuten | Punkte | Rebounds | Assists | FG% | 3FG% |
21 | 21:27 | 12,2 | 3,9 | 1,2 | 60,3 | 57,9 |
Paul Zipser: Spiele ohne Fans? "Stelle ich mir merkwürdig vor"
Vergangene Woche wurden die Spieler über das Konzept der BBL für das Turnier um die deutsche Meisterschaft 2020 informiert. Kam dabei auch zur Sprache, wie die kommende Saison aussehen könnte?
Zipser: Uns wurde bereits kommuniziert, dass wir Spieler nicht zu einhundert Prozent damit rechnen sollten, dass die Liga genauso fortgeführt werden kann wie in den Jahren zuvor. Aber das ist auch keine Überraschung.
Die Athleten werden sich also an neue Regeln, an neue Abläufe gewöhnen müssen?
Zipser: Man hat es von mehreren Seiten mitbekommen, dass dieses Meisterschaftsturnier so etwas wie ein kleiner Testlauf für die nächste Saison sein könnte. Keine Ahnung, was die BBL nächste Saison auf die Beine stellt, aber die Situation wird zur kommenden Spielzeit nicht komplett anders sein. Dazu können die Experten mehr sagen, aber wir als Sportler wissen alle, dass dieses Turnier wichtig ist und dass wir vielleicht auch ein Beispiel für andere Sportarten setzen können.
Fans werden aller Wahrscheinlichkeit auch zum Start der neuen Saison noch nicht in den Arenen erlaubt sein.
Zipser: Das kann sein, aber ich hoffe es nicht. So ein Meisterturnier wie jetzt im Juni mit Spielen ohne Fans wird irgendwie funktionieren. Aber ein ganzes Jahr, eine ganze Saison ohne Fans zu spielen, das stelle ich mir merkwürdig vor.
Haben Sie sich mit Ihren Teamkollegen schon abgesprochen, ob es während des BBL-Turniers in der Halle Fangesänge oder Musik aus den Lautsprechern geben soll?
Zipser: Ich hatte die Idee schon für unser Training. Ich kenne das aus den USA und fand das immer sehr entspannt. Wenn ich im Sommer alleine trainiere, mache ich mir auch immer Musik an. Aber ich den Spielen wäre das wohl keine gute Idee. Es wird interessant sein, wie sich die Teams auf die Atmosphäre einstellen.
Zipser über die Auswirkungen der Coronakrise auf die BBL
Hoffen Sie durch das Turnier auf einen Push für den Basketball in Deutschland? Der Fokus der hiesigen Sport-Fans wird neben der Fußball-Bundesliga wohl vor allem auf der BBL liegen.
Zipser: Das ist nicht der Hauptgrund, warum die BBL die Saison fortsetzen will, aber das kann natürlich ein cooler Nebeneffekt sein. Es kann passieren, dass viele Leute zuhause sind und sich ein Spiel anschauen, obwohl sie normalerweise keine Basketball-Fans sind. Ich weiß nicht genau, wie die Fernsehsituation sein wird oder welche zusätzlichen Möglichkeiten es im Internet geben wird. Es wäre sicherlich von Vorteil, dass viele Menschen die Spiele auch mal kostenlos schauen könnten. Das wäre eine coole Aktion für die Leute, die zuhause sitzen und die Regeln befolgen.
Auch mit einem potenziellen Auftrieb in der öffentlichen Wahrnehmung wäre die Coronakrise noch lange nicht überstanden. Welche Auswirkungen wird die Pandemie auf den Basketballsport haben? Barthel hatte zuletzt sogar erwähnt, dass er sich sicherheitshalber arbeitslos gemeldet habe, da sein Vertrag bei den Bayern im Sommer ausläuft.
Zipser: Ich glaube, die Coronakrise wird auf uns dieselben Auswirkungen haben wie auf jeden anderen Arbeitnehmer oder Arbeitgeber auf der Welt. Klar gibt es Ausnahmen, aber ich glaube, dass die Vereine weniger Geld zur Verfügung haben werden. Allein wegen der Sponsoren, ihnen fehlt ebenfalls Geld, da hängt eine ganze Kette dran. Für Spieler, die für nächste Saison noch keinen Vertrag haben, ist so ein Turnier vielleicht auch nochmal schwerer.
Letzteres womöglich aufgrund der ungewissen Zukunft für die betroffenen Spieler. Könnte das Turnier andererseits als gute Möglichkeit dienen, sich einem potenziellen neuen Arbeitgeber zu präsentieren?
Zipser: Gerade beim Beispiel Danilo würde ich sagen: Jeder weiß, was er kann, das kann man in so vielen Partien aus den vergangenen Spielzeiten sehen. Ich weiß nicht, ob die Spiele in den drei Wochen des Turniers wirklich definieren können, wie gut ein Spieler ist. Ich werde diese Aussage aber natürlich im Nachhinein streichen lassen, wenn ich ein richtig geiles Turnier spiele (lacht).
Paul Zipser: Pokemon? "Meine wertvollste Karte liegt im vierstelligen Bereich"
Zum Abschluss eine Frage abseits des Sportlichen: Haben Sie sich in der spielfreien Zeit ein neues Hobby zugelegt oder wie haben Sie die Freiheiten genutzt?
Zipser: Ich habe viel mehr an der Playstation gesessen als sonst und ich habe vermehrt Pokemon-Karten gesammelt. Das ist aus meiner Kindheit noch hängen geblieben und als ich so viel zuhause saß und Langeweile hatte, hat das ein bisschen überhandgenommen.
Das heißt, Sie haben das Internet durchforstet auf der Suche nach den besten Pokemon-Deals?
Zipser: Mittlerweile geht das viel über Instagram. Das macht einfach Spaß, die Karten von früher und auch deren Wertentwicklung zu sehen. Das ist ein riesiges Business, vor allem in Amerika, wo viel mit Sportkarten gehandelt wird. Meine wertvollste Karte liegt im vierstelligen Bereich. Das ist nicht so "langweilig" wie die Börse oder andere Anlagen.
Es gibt bestimmt viele Leute, die noch die ein oder andere Pokemon-Karte in Kisten verscharrt im Keller herumliegen haben.
Zipser: Das höre ich oft. Meine Schwester hat vor einigen Jahren mal auf dem Flohmarkt alle meine Karten für fünf Euro verkauft. Ich hatte immer ziemlich schlechte Karten, aber die waren definitiv mehr wert als fünf Euro. Das nehme ich ihr noch heute übel (lacht).
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