Die ersten Wochen der Vorbereitung deuten zumindest an, dass die USA in Südostasien um den Titel spielen werden. Ein lockerer Aufgalopp gegen Puerto Rico, ein souveräner Sieg gegen Slowenien sowie ein knapper Erfolg beim amtierenden Welt- und Europameister Spanien - die USA sind gut aus den Startlöchern gekommen.
Nun warten in Abu Dhabi noch die Duelle mit Griechenland und Deutschland, bevor die USA am 26. August gegen Neuseeland eröffnen wird. Blicken wir doch einmal auf den Kader des amtierenden Olympiasiegers und schauen, wie sinnvoll diese Mannschaft zusammengestellt ist.
GUARDS
- Jalen Brunson (New York Knicks)
- Tyrese Haliburton (Indiana Pacers)
- Anthony Edwards (Minnesota Timberwolves)
- Austin Reaves (Los Angeles Lakers)
Team USA hat aus den vergangenen Jahren gelernt. Kleine Guards haben auf FIBA-Level oft ihre Schwierigkeiten, man denke hier nur an Kemba Walker, Donovan Mitchell oder zuletzt Damian Lillard. Haliburton ist lang, während Brunson unfassbar bullig ist und mit seinem Spiel auf engstem Raum wie gemacht für das FIBA-Turnier ist.
Das Spiel in Spanien war dabei eine erste Duftmarke. Brunson blieb perfekt aus dem Feld (21 Punkte, 9/9 FG). Aller Voraussicht nach wird Coach Steve Kerr mit dem Knicks-Guard starten, der in den vergangenen Tagen und Wochen mehrfach für seine Leaderqualitäten gelobt wurde. In Haliburton kommt dann ein Spielmacher von der Bank, der es liebt, schnell zu spielen. Hier hatten die Amerikaner immer Vorteile, darauf werden sie auch diesmal setzen. Auch weil es im Halbfeld diverse Fragezeichen gibt.
Die Hoffnungen ruhen hier auf Anthony Edwards, der als kommender Superstar gehandelt wird und vermutlich die Rolle als Go-to-Guy übernehmen wird. Seine Athletik und Power sucht seinesgleichen auf der Zwei, allerdings ist der Ant-Man nicht der beste Schütze und neigt dazu, zu oft das Eins-gegen-Eins zu suchen. Sollte es spät in Spielen eng werden, dürften er und Brunson die Optionen von Kerr sein.
Die Wildcard ist dagegen Austin Reaves, der bisher eine gute Vorbereitung absolvierte und für die Rotation ebenso gesetzt sein sollte. Der Lakers-Guard überzeugte auf beiden Seiten des Feldes, insbesondere als zweiter Playmaker. Aus deutscher Sicht bitter: Er hätte dem DBB-Team als weitere Option hervorragend zu Gesicht gestanden.
Team USA: Die Stats der Guards in der NBA 2022/23
Spieler | Minuten | Punkte | FG% | 3P% | Assists | Steals |
Jalen Brunson | 35,0 | 24,0 | 49,1 | 41,6 | 6,2 | 0,9 |
Tyrese Haliburton | 33,6 | 20,7 | 49,0 | 40,0 | 10,4 | 1,6 |
Anthony Edwards | 36,0 | 24,6 | 45,9 | 36,9 | 4,4 | 1,6 |
Austin Reaves | 28,8 | 13,0 | 52,9 | 39,8 | 3,4 | 0,5 |
WINGS
- Josh Hart (New York Knicks)
- Mikal Bridges (Brooklyn Nets)
- Cam Johnson (Brooklyn Nets)
- Brandon Ingram (New Orleans Pelicans)
Was für den Backcourt gilt, hat auch für den Flügel Bestand. GM Grant Hill nominierte vor allem lange Spieler, die auch mit dem Ball etwas anfangen können. Bridges stellte dies nach seinem Trade nach Brooklyn unter Beweis, auch Ingram ist in der Lage jederzeit für sich selbst zu kreieren.
Der Pelicans-Forward wird bei der Weltmeisterschaft die Vier bekleiden und sollte hierbei Matchup-Vorteile besitzen. Seine defensiven Defizite fallen dabei womöglich weniger ins Gewicht, auch weil man mit Bridges einen der besten Flügelverteidiger der NBA im Kader hat, der Spezialaufgaben übernehmen wird. Beide haben enorm lange Arme und werden in den Passwegen lauern.
Dazu sollten beide auf FIBA-Niveau gute bis sehr gute Schützen sein, die durch ihre Länge auch meist über ihre Gegenspieler hinwegwerfen können. Dazu gesellt sich mit Cam Johnson einer der besseren Shooter der Liga, mit 2,03 Meter hat auch er Gardemaß für den Flügel und kann beide Forward-Positionen bekleiden.
Hart ist dagegen der schwächste Schütze, der nicht auf einer der großen Positionen anzusiedeln ist. Seine Qualitäten liegen in der Defense, beim Rebounding und in Transition. Hier und da sollte er Minuten bekommen, sein unbeständiger Wurf ist aber ein Problem. Dennoch: Hart spielte auf dem College zusammen mit Brunson und Bridges, das Trio versteht sich blind.
Team USA: Die Stats der Wings in der NBA 2022/23
Spieler | Minuten | Punkte | FG% | 3P% | Rebounds | Assists |
Mikal Bridges | 35,7 | 20,1 | 46,8 | 38,2 | 3,4 | 4,4 |
Brandon Ingram | 34,2 | 24,7 | 48,4 | 39,0 | 5,5 | 5,8 |
Cam Johnson | 28,5 | 15,5 | 47,0 | 40,4 | 4,4 | 1,9 |
Josh Hart | 32,3 | 9,8 | 52,9 | 37,2 | 7,8 | 3,8 |
BIGS
- Bobby Portis (Milwaukee Bucks)
- Paolo Banchero (Orlando Magic)
- Jaren Jackson Jr. (Memphis Grizzlies)
- Walker Kessler (Utah Jazz)
Auf den großen Positionen waren bei den vergangenen Turnieren die größten Probleme zu verorten. Bei aller Klasse fehlt den USA ein Center von internationaler Klasse, was diesmal aber nicht allzu sehr ins Gewicht fallen sollte, da Big Men wie Nikola Jokic (Serbien) oder Domantas Sabonis (Litauen) abgesagt haben. Gleichzeitig sollte Jackson Jr. eine bessere Option sein, als es Myles Turner vor vier Jahren war.
In China setzte man auf Turner und Mason Plumlee, diesmal ist der Defensive Player of the Year am Start, der auf FIBA-Level ohne die 3-Sekunden-Regel unter dem Korb noch einmal profitieren sollte. JJJ und Kessler sind zwei der besten Shotblocker der NBA, wobei letzterer vermutlich eher als Versicherung im Kader steht. Jackson Jr. ist ein Foulmagnet, bei nur fünf möglichen Fouls kann das durchaus ein Faktor werden, auch wenn der Grizzlies-Big sich hier verbessert hat.
Überhaupt war aus dem Team zu hören, dass Jackson Jr. in der Vorbereitung der beste Spieler der Mannschaft war. In den drei Vorbereitungsspielen deutete er dies zumindest an. Interessant war auch, dass Coach Kerr ohne seinen Center eher kleinere Aufstellungen mit Banchero bevorzugte. Der amtierende Rookie of the Year ist so ein wandelndes Mismatch, allerdings eben auch hinten sehr anfällig.
Gleiches gilt für Bobby Portis, der ein weiterer Big ist, der sich im Angriff überall wohl fühlt. Nur Kessler ist ein klassischer Brett-Center, alle anderen Bigs können das Feld für die Guards breit machen und auch selbst von draußen abdrücken.
Team USA: Die Stats der Bigs in der NBA 2022/23
Spieler | Minuten | Punkte | FG% | 3P% | Rebounds | Blocks |
Jaren Jackson Jr | 28,4 | 18,6 | 50,6 | 35,5 | 6,8 | 3,0 |
Paolo Banchero | 33,8 | 20,0 | 42,7 | 29,8 | 6,9 | 0,5 |
Bobby Portis | 26,0 | 14,1 | 49,6 | 37,0 | 9,6 | 0,2 |
Walker Kessler | 23,0 | 9,2 | 72,0 | 33,3 | 8,4 | 2,3 |
Team USA bei der WM 2023: Das Fazit
Als "bemitleidenswert" bezeichnete der frühere All-Star Gilbert Arenas das Team in einem seiner Podcasts, um gleichzeitig auch die Werbetrommel für Trae Young zu rühren, der auch diesen Sommer nicht berücksichtigt wurde. Auf den ersten Blick mag man Agent Zero zustimmen, weil eben keiner der ganz großen Stars mit dabei ist. Das muss jedoch nicht viel heißen.
Die USA stellen das tiefste Team im Turnier und dieser Kader ist im Vergleich zu anderen Ausgaben sehr sinnvoll zusammengestellt. Es gibt gutes Guard-Play, jede Menge Two-Way-Spieler und variable Big Men. Fragezeichen bleiben in Sachen Shooting und in der Halbfeld-Offense in engen Spielen, auch weil dieses Team im Vergleich zu anderen Nationen mal wieder völlig neu aufgestellt wurde.
20 Turnover gegen Spanien sind ein Indiz dafür, gleichzeitig wurde aber auch dieses Spiel gewonnen. Als Team traf man 67 Prozent aus dem Feld gegen den amtierenden Welt- und Europameister, in dessen Heimat. Das ist ein Statement.
Auch der Spielplan sollte den USA entgegenkommen. Durch die Absage von Giannis Antetokounmpo sollte die Kerr-Truppe in der Gruppenphase mit den Griechen, Jordanien und Neuseeland leichtes Spiel haben, auch die Kreuzgruppe mit Litauen, Montenegro, Mexiko und Ägypten ist dankbar, sodass die USA fünf Spiele Zeit haben, um sich für die K.o.-Phase einzugrooven.
Bemitleidenswert ist also etwas anderes, stattdessen sind die US-Amerikaner mit dieser Mannschaft auch der Topfavorit für den Turniersieg - auch ohne die absoluten Top-Stars.
Team USA: Das Depth Chart für die WM 2023
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Jalen Brunson | Anthony Edwards | Mikal Bridges | Brandon Ingram | Jaren Jackson Jr. |
Tyrese Haliburton | Austin Reaves | Cam Johnson | Paolo Banchero | Bobby Portis |
- | Josh Hart | - | - | Walker Kessler |